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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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damit umzugehen. Sie legte eine Hand auf seine. Die Finger waren kalt und verkrampft.
    Als sich die Verkrampfung in Justins Fingern löste, brachte sie ein Lächeln zustande. Dann stand sie auf und ging-Auf ihrer Landkarte waren in dem grünen Dreieck zwischen Zillisheim, Illfurth und Steinbrunn-le-Bas keine Straßen eingezeichnet. Hinweisschilder bemerkte sie nicht. Es war zehn vor drei. Sie fuhr Richtung Illfurth und nahm sich vor, dort zu fragen.
    Da stieß sie auf ein schmales, gerades Band aus Teer, das linker Hand in den Wald hineinlief. Sie folgte ihm.
    Die Bäume waren kahl, standen aber dicht zusammen. Abrupt wurde es dunkler. Der Waldboden war von zahlreichen unberührten Schneeflecken ge-sprengselt. Plötzlich war die Erinnerung wieder da: der Schnee, die Kälte, Hollerers starrer Blick. Niksch, der rücklings auf ihr lag und erschreckend schnell auskühlte. Seine Haare, die noch nach Kälte und Frische rochen. Niksch, das Kind. Sie glaubte sich zu erinnern, dass sie ihn nach dem Döner-Essen gern geküsst hätte. Nun wurde er beerdigt.
    Sie hielt an. In fünf-, sechshundert Metern Entfernung führte das Teerband in ein schmales Tor aus weißem Licht. Im Handschuhfach lagen kleine Flaschen und eine große. Alle waren sorgfältig in Zeitungspapier eingewickelt. Eine halbe, aus Ronescus Briefkasten geklaute Wochenendausgabe der Badischen Zeitung . Das erste Fläschchen war leer. Das zweite auch. Das dritte nicht.
    Im Wetterbericht wurden für die nächsten zwei Tage milde fünf bis acht Grad angekündigt.
    Alle würden da sein. Almenbroich, Bermann, Anne Wallmer, Lederle. Das komplette Dezernat, vermutlich die halbe Landespolizeidirektion.
    Der Polizeipräsident.
    Ein, zwei Reden würden gehalten werden. Ein Polizist war ermordet worden.
    Nur Lederle war Niksch begegnet. Die anderen hatten ihn nicht gekannt. Sie brachten einen Unbekannten unter die Erde.
    Heul endlich, dachte sie. Aber sie konnte nicht.
    Sie rief im Krankenhaus an, dort war besetzt. Sie versuchte es erneut und erwischte einen Zivildiens-tleistenden. Hollerer war über den Berg. Er war selten bei Bewusstsein, aber über den Berg. Der Zivildienstleistende schien froh zu sein, ihr Auskunft geben zu können. Er sagte, er heiße Roman und sie solle nach ihm fragen, wenn sie wieder anrufe.
    Bei Lederle war nicht besetzt, er war sofort dran.
    «Ah, du bist es», murmelte er frostig. Sie entschuldigte sich wegen gestern. Freundlicher sagte er: «Na ja, Hauptsache, du hältst dich raus.»
    «Natürlich.»
    «Wie ist die Provence so?»
    «Schön. Wir gehen viel spazieren.»
    Im Hintergrund wurden Stimmen laut. Eilige Schritte erklangen. Jemand klopfte an eine nahe Tür und rief etwas. Dann raschelte, quietschte, knarzte es.

    «Ich muss los», sagte Lederle.
    «Warte, Reiner. Wann ist die Beerdigung?»
    «Welche Beerdigung?»
    «Die von Niksch.»
    Schweigen. Dann sagte Lederle: «Tu dir das nicht an, Louise.»
    Sie hörte ihn im Raum herumgehen. Es raschelte wieder. Er schien seinen Mantel anzuziehen. «Ist die Leiche schon freigegeben?»
    «Nein, das wird noch ein paar Tage dauern.»
    «Ruf mich an, wenn du Genaueres weißt.»
    «Tu dir das nicht an», wiederholte Lederle und unterbrach die Verbindung.
    Sie legte das Telefon auf den Beifahrersitz und schloss das Handschuhfach. Dann fuhr sie durch das Tor aus Licht.
    Jenseits des Waldes führte die Straße einen Hügel hinunter, kurz danach ging es wieder hinauf. Drei-, viermal zweigten Schotterwege ab. Da es keinerlei Schilder gab, blieb sie auf der Teerstraße. Nirgendwo waren Häuser oder Höfe zu sehen, nicht einmal Zäu-ne. Keine Spaziergänger, keine Bauern, kein Verkehr.
    Keine Kühe. Nur schwarze Vögel und auf einem Stein nahe am Straßenrand eine hellgraue Katze, die ihr lange nachsah.
    In einer Senke beschrieb die Straße einen Bogen nach rechts. Ein verwittertes Holzschild wies nach links. Darauf stand, unter japanischen oder chinesi-schen Schriftzeichen: KANZAN-AN.

    Sie folgte einer schnurgeraden Schotterstraße mit tiefen Schlaglöchern und Schneeresten. Steine knallten gegen den Unterboden. Sie zwang sich, langsamer zu fahren. Es war Viertel nach drei. Sie überlegte, ob Richard Landen auf sie warten würde.
    Fünf Minuten später kamen drei nebeneinander geparkte Autos in Sicht. Obwohl das Kanzan-an nicht zu sehen war, endete die Schotterstraße hier. Sie stellte den Mégane neben einem schwarzen Volvo ab und stieg aus. Die Luft war kalt und feucht. Wie in der Provence roch sie nach

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