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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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Hände, die vergangene Nacht heroische Kämpfe ausgefochten hatten.
    «Kein Hohlkreuz, Kommissar. Schließen Sie die Augen. Einatmen durch die Nase, ausatmen durch den Mund. Wissen Sie, wie man richtig atmet?»
    Sie nickte.
    «Dann tun Sie’s.»
    Sie schüttelte den Kopf. Mit viereinhalb Kilo über dem Normalgewicht würde sie in der Öffentlichkeit nicht in den Bauch atmen. Asiatische Touristen würden staunend stehen bleiben, Radfahrer gegen den Ballon aus Daunen und Fett rasen.
    Enni kicherte. «Folgen Sie dem Weg des Atems durch Ihren Körper, Kommissar. Denken Sie an nichts anderes als an Ihren Atem.»
    Sie nickte und dachte an ihren Atem. Für einen winzigen Augenblick hatte sie den Eindruck, dass sie eines Tages ansatzweise zur Ruhe kommen könnte, wenn sie viele Jahre lang hier sitzen bleiben und so weitermachen würde. Dass sie in einen dunklen, rau-schenden, erlösenden Abgrund zu sinken begann.
    Dann dachte sie an Sushi mit Gemüse, an Bermann, an ihre Mutter, dann an Niksch. Sie hörte Richard Landens Stimme und spürte das Kribbeln freudiger Erwartung im Nacken.
    Dann schlief sie ein.
    Als sie erwachte, lag ihr Kopf an Ennis Schulter.
    Die Welt war türkisfarben. Sie richtete sich auf. Enni sah sie an.
    Sie hatte von Pham geträumt, dem Jungen aus Vietnam. Calambert hatte ihn gefesselt und in den Kofferraum seines Wagens gelegt. Dann hatte er sich zu ihr umgedreht und gesagt, er sei der neue Vater von Pham. Sie hatten im Schnee gestanden, doch es war sehr warm gewesen. Calambert hatte die Hände gehoben, und sie hatte ihn erschossen.
    Dann war sie aufgewacht, weil es immer wärmer geworden war. Jetzt wurde ihr bewusst, dass die Wärme von Enni ausging. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Zehn vor zwölf. «Ich muss los. Kann ich bei euch aufs Klo?»
    Enni nickte. Sie strich ihm über die kurzen, harten Haare und erhob sich.
    Viel zu früh stand sie wieder vor dem kleinen Haus mit dem Holzzaun. Nichts hatte sich verändert. Die Finger der Weide über dem Dach, die Trittsteine, der Schuppen, der vielleicht ein Teehaus war. Nur der Schnee war fort.
    Und Niksch.
    Sie blickte auf den Briefkasten. TOMMO / LANDEN. Komische Namen, sagte Niksch in ihrem Kopf.
    Er war nervös und misstrauisch gewesen. Als hätte er bereits zu diesem Zeitpunkt gespürt, dass sein Leben gefährdet war.
    Nur nicht an diesem Ort, durch diese Menschen.
    Sie wusste nicht, wie lange sie reglos vor dem Gartentor gestanden hatte, als sie endlich klingelte.
    Tommo öffnete.
    Von Richard Landens Kind war noch nichts zu sehen. Ein straffer Bauch, schmale Hüften, ein kleines weißes Gesicht. Tommo lächelte auf eine bezaubernd müde Weise. «Ich bin Shizu Tommo. Es ist sehr schön, dass Sie besuchen uns.» Sie sprach langsam und mit starkem Akzent.
    Uns.
    Louise überlegte einen Moment, ob sie wieder fahren sollte. Dann stieß sie das Gartentor auf.
    Tommos Händedruck war sanft und schüchtern.
    Endlich, sagte sie, lerne sie «die Kommissarin» kennen. Sie trug das gepflegte schwarze Haar kurz. Unter einer Puderschicht schimmerten dunkle Augenringe.
    Ihr flauschiger gelber Pullover roch nach Frühlings-weichspüler. Sie war einen Kopf kleiner als Louise und halb so umfangreich, ein wunderschöner bunter Farbtupfer im Wintergrau.
    Dann stand Louise wieder vor den Schriftzeichen.
    Glück und Freundschaft – Niksch hatte dabei an den Tod gedacht. Stumm musterte sie Tommo, die ihren Blick erwiderte und vielleicht ahnte, was ihr durch den Kopf ging, vielleicht auch nicht.
    «Soll ich die Schuhe ausziehen?»
    Tommo nickte dankbar.
    Louise atmete auf, als Tommo sie ins Wohnzimmer führte, nicht in die Küche. In der Küche saßen die Porzellankatze und Niksch.
    «Möchten Sie gerne Tee?»
    Sie verneinte schaudernd.
    Das Wohnzimmer wirkte deutsch-japanisch eingerichtet. Ein Esstisch aus hellem Holz, die Sitzecke oh-ne Möbel, dafür mit weichen beigen Kissen. Wo war Richard Landen? Auf dem Boden eines fensterlosen Erkers stand eine Blumenvase mit drei einzelnen Blumen, darüber hing eine Kalligrafie. Tommo hatte ihren Blick bemerkt und sagte: «Es ist nur für Dekoration. Ich bin keine …‼ Sie überlegte. «Prak-ti-zie-rende Buddhistin.»
    «Ihr seid schon bei der Religion?», fragte Richard Landen, der endlich eintrat. «Hallo.»
    «Hallo.» Sie reichten sich die Hände. Seine Augenbrauen waren leicht angehoben, er lächelte. Sein Blick wirkte unschuldig, er schien nicht zu ahnen, was er mit seinem Anruf angerichtet hatte. Er trug eine Jeans und

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