Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
Louise.
Thomas Ilic und Allehuit sahen sie an.
»Auch das könnte eine Möglichkeit sein«, erwiderte Allehuit schließlich. Der pakistanische Militärgeheimdienst ISI habe keinen allzu guten Ruf. Man sage ihm nach, er stehe in Teilen den Taliban und Al-Qaida nahe, schüre bewusst den Kaschmir-Konflikt, habe in den Achtziger- und Neunzigerjahren mit Duldung der CIA den Heroin- und Opiumanbau in Afghanistan und Pakistan gefördert, um den Kampf der afghanischen Mudschaheddin gegen die Sowjets zu finanzieren. »Was davon nun stimmt und was nicht …« Allehuit breitete die Arme aus.
Louise runzelte die Stirn. »Welches Interesse könnte ein pakistanischer oder ein französischer Geheimdienst an einem pakistanischen …«
»Oder ein deutscher Geheimdienst«, warf Allehuit ein.
»… oder ein deutscher Geheimdienst an einem pakistanischen Staatsbürger haben, der in Freiburg lebt?«
»Was wissen Sie über den pakistanischen Staatsbürger?«
»Nicht viel. Wir sammeln noch.«
»Mir fällt gerade ein, dass Musharraf Anfang Juli auch in Paris war«, sagte Thomas Ilic plötzlich. »Er ist von Berlin nach Paris geflogen. Er war in Washington, in London, in Berlin und in Paris.«
»Sie denken an einen Terroranschlag?«, fragte Allehuit. »An einen Plan, der nicht durchgeführt wurde?«
»Was wollte Musharraf in Paris?«, fragte Louise.
»Mirages«, erwiderte Thomas Ilic.
»Unter anderem«, sagte Allehuit.
»Was noch?«
Allehuit lehnte sich zurück. In seinen hellen Augen hatte sich etwas verändert. Man war, dachte sie, mal Franzose, mal nicht.
Und was war man jetzt? Er sagte: »Internationale Anerkennung, engere wirtschaftliche Beziehungen, Investitionen …«
»… aber vor allem die Mirages«, unterbrach Thomas Ilic. »Es ist eben immer dasselbe.«
Allehuit fixierte ihn. »Was genau ist immer dasselbe?«
»Rüstungsdeals mit zweifelhaften Staatschefs.«
»Pakistans atomares Knowhow kommt zum großen Teil aus Deutschland«, sagte Allehuit.
Thomas Ilic hob die Augenbrauen. »Und Indien? Was macht ihr mit Indien?«
»Was ist denn jetzt mit Indien?«, fragte Louise.
»So kommen wir nicht weiter«, sagte Allehuit.
Thomas Ilic nickte. »Sie haben Recht. Entschuldigen Sie.«
»Sagt mir einer, was mit Indien ist?«
Allehuit sah sie an.
Indien, der Erzfeind Pakistans. Wie die USA unterhielt Frankreich zu beiden Ländern militärische Beziehungen. Ein Verteidigungsabkommen mit Neu-Delhi beinhaltete französische Militärtechnologie, Investitionen französischer Rüstungsfirmen, gemeinsame Militärübungen. Pakistan besaß Kampfflugzeuge, Unterseeboote, Anti-Schiffs-Raketen, Minenjagdboote, Hubschrauber französischer Herkunft.
»Dann sind da noch die Russen, die Chinesen, die Briten«, sagte Thomas Ilic versöhnlich.
Allehuit nickte. »Und ein paar andere.«
»Erinnert mich an Kroatien und Bosnien und so«, sagte Louise.
»Und ein paar andere«, sagte Thomas Ilic.
Allehuit nickte erneut. »Aber das ist nicht unser Thema.«
»Hängt es nicht alles irgendwie zusammen?«, fragte Louise.
Allehuit brachte sie zum Haupteingang. Er verabschiedete sich von Thomas Ilic, dann reichte er Louise die Hand und sagte leise auf Französisch: »Ich war vor vier Jahren an dem Punkt, an dem Sie vor einigen Monaten waren, Madame Bonì. Ich weiß, wie schwer es ist, doch ich weiß inzwischen auch, wie sehr es sich lohnt. Das wollte ich Ihnen sagen. Dass es sich lohnt.«
Sie nickte wortlos. Es hatte sich bis Kehl herumgesprochen.
Allehuit lächelte aufmunternd. Dann küsste er sie auf die Wangen und wandte sich ab.
Sie aßen in einem Stehimbiss in der Fußgängerzone Curry-Wurst und Pommes frites. Thomas Ilic notierte auf den Rückseiten seiner Fotokopien, was das Gespräch mit Allehuit an Fragen und Antworten gebracht hatte. Louise folgte den blauen Linien mit dem Blick, doch in Gedanken war sie in die Großherzog-Friedrich-Kaserne zurückgekehrt, hatte sich in Allehuits kleinem Büro häuslich eingerichtet, lauschte seiner wundervollen Stimme, spürte seine intensiven Augen auf sich ruhen, sah ihm dabei zu, wie er die Belange des deutsch-französischen Grenzgebietes regelte und ihre gleich mit.
14
ALS SIE WIEDER IM AUTO SASSEN, sagte Thomas Ilic, er werde mit dem Zug nach Freiburg zurückkehren, dann habe sie mehr Zeit für ihren Vater. »Quatsch«, sagte Louise. »Ich brauch zehn Minuten, mehr nicht.«
»Vielleicht dauert es ja länger.«
»Es dauert nicht länger, verdammt.«
»Übrigens, ist er überhaupt
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