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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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zugetragen hatte. Aber s chließlich war auch Bessarabien erst türkisch gewesen, dann russisch, dann rumänisch – jetzt wieder russisch. Warum sollte es hier anders sein? Das Hin und Her schien in der Ordnung der Welt dazuzugehören. E s war nicht von Bedeutung, solange sie ihr Auskommen haben würden.
    Sie freute sich darauf, mit Heinrich ein e Bauernstelle zu bewirtschaften. Es war das erste Mal, dass sie ihr eigenes Land haben würden, als Verheiratete, der Vater hatte es versprochen. Zwei Nächte noch, höchstens, und ihr neues Leben begann. Wie es mit Heinrichs El tern und Justine gehen würde, mu ssten sie sehen. Sie hatten im Wartheland keinen eigenen Hof haben wollen, sondern nur ein Haus mit Gemüsegarten. Vater Kraft wollte sich Arbeit in einem Betrieb suchen, sagte er, die Landwirtschaft war nichts mehr für ihn.
    Dass ihr Vater bei ihnen war, w ar ein Segen; e s konnte viel es misslingen. Jeder Boden hatte seine eigene Natur… – ach, was sollte sie sich sorgen? Es war immer gegangen, irgendwie. Es würde auch diesmal gehen. Die Got t liebte, denen gab er im Schlaf, solange man nur Zuversicht bewahrte, nach vorne sah und nie aufgab. Wie gut, dass Gutewerk endlich hinter ihnen lag, dass ihnen wieder fri sche Luft um die Nase wehte .
     
    Am Abend w aren sie im Kreis Kosten – früher , als Alma erwartet hatte. Sie mussten nur ein mal übernachten, in einer Nissenhütte, die die Mittelstelle auf eine Wiese gestellt hatte. Keiner von ihnen wusste, wo genau sie waren. „Zwölf Kilometer von Liebfelde , südliche Richtung“, sagte Gericke knapp, als er mit seiner ledernen Tasche in die Hütte ging und eine Gaslampe anzündete, deren rotes Licht aus dem Türrahmen auf die Lastwagen fiel. „Nehmen Sie Ihre Sachen mit“, rief er Alma und den anderen zu, die zwischen Truhen und Koffern auf den Wagen saßen. „Hier im Scheiß-Osten ist es nachts immer kalt . Der Ofen zieht nicht so, wie er müsste. Ist auch viel zu klein, das Ding. Mäntel, Decken – bringen Sie alles, was Sie an Warmem haben. Sonst ist morgen was abgefroren. Was guck en Sie so!? Nu n mal los, alle Mann, aufwachen, wir s ind da. Ran, ran… Und noch eins: Vierundzwanzig Pritschen haben wir. Müssen Sie sehen, wie Sie ihre Kinder verteilen. Am b esten zwei oder drei nebeneinander in ein Bett, sonst reicht es nicht. Ist auch viel wärmer.“
    Am nächsten Morgen fuhren sie in aller Frühe weiter, nachdem sie aus Thermoskannen lauwarmen Hagebuttentee mit Zucker getrunken und nichts gegessen hatten. Das könnten Sie zur Mittagszeit nachholen, sagte Gericke , in ihren neuen Küchen.
    Sie teilten sich auf. Gericke gab den Fahrern Papiere und Karten mit, auf denen er die Rout e mit einem Bleistift eingezeichnet hatte. Die Krafts, Justine und ein zweites, altes Ehepaar brachte einer der Wagen nach Liebfelde . Drei weitere Lkws fuhren wenige Minuten später ab, die ihre Leute zu den Bauernstellen weiter im Osten bringen würden. Daniel Freier und seine Kinder, Alma und Heinrich, Lobgott und Prudöhl fuhren als letzte. Sie verteilten sic h nun mit ihrem Gepäck auf zwei Laster. Gericke , der trotz der einfachen Unterkunft gut gelaunt war und vor der Abfahrt, den Hintern a uf der Stoßstange eines Lkws , eine Zigarette rauchte, setzte sich nicht nach vorne zum Fahrer, sondern hinten zu Daniel Freier und Lobgott.
    „Herrl icher Tag heute. Warten Sie ab, eine Stunde noch, dann brennt Ihnen die Sonne auf den Pelz.“
    Lobgott lachte höflich. „Eine Wonne“, sagte er.
    „Wo kommen Sie eigentlich her mit ihrer Großsippschaft?“, fragte Gericke Freier .
    „Leipzig in Bessarabien.“
    „Ah, auch vom Balkan! Grässlich. Das tut mir leid. “
    Freier sah ihn an. „Warum sagen Sie das? Grässlich ist es nicht.“
    „Nicht? Ich dachte, da unten muss sich noch immer das Slawenpack herumtreiben. Hat Sie nicht gestört?“
    „Eige ntlich nicht.“ Alma spürte, wie ihr Vater, der neben ihr auf der Bank saß, unsicher wurde. „Gut, es waren einfache Leute dabei…“
    „Jedem das Seine, sag e ich immer.“
    „So ist es wohl.“
    Gericke lachte. „Mann , sind Sie gut Freund mit denen, oder was? Seien Sie froh, dass Sie raus sind. Ist doch kein Leben, wenn man in der Wildnis hausen muss . Sie dürfen sich glücklich sc hätzen, dass das Reich sich um S ie kümmert. Sollt e mir mal einer Land schenken und ein Haus mit allem Drum und Dran. Meinen Sie nicht, Fräulein?“ Er sah Alma an. Sie schien ihm zu gefallen.
    Sie wusste nicht, was sie antworten

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