Braeutigame
Gemecker will ich nicht hören. Es gibt für alles Grenzen – auch für meine Geduld. Fassen Sie lieber mit an, statt hier Reden zu schwingen . Das ist kein serbischer Männerpuff hier.“
Aus den Augenwinkeln inspiziert e Alma beim Abladen das Haus. D as Strohdach hing tief herunter bis an ihre Köpfe . An mehreren Stellen hatte sich der Draht gelöst, der es in Form gehalten hatte , und einzelne Halmbüschel hingen zerrupft nach unten , als hätten Pferde oder Kühe daran gefressen . Die Wände waren aus Fachwerk, das mit Stroh und Lehm aufgefüllt worden war. Unter dem Dachüberstand, wo Regen und Schnee nicht hinkamen, schien es heller zu sein, fast weiß. Weiter unten war die Farbe von einer braunen Schmutzschicht bedeckt.
„Gehen Sie ruhig rein“, rief Gericke ihr vom Wagen zu. „Ist niemand zuhause.“ Er lachte. „Sehen Sie mal nach, ob die Schweine noch leben. Bei denen erlebt man immer wieder Überraschungen. Krepieren schnell und fangen an zu gammeln . Irgendwo muss ein Pferch sein. Vier Stück sind hier aufgeführt , alles Säue . Die Pferde sind ja wohl im Stall. Hoffentlich jedenfalls.“
„Min n a, Lilli, kommt ihr mit?“, rief Alma. „Lasst uns mal nachschauen, was für Stuben wir haben und wie wir uns verteilen. Arthur, du auch. Komm her.“ Sie nahm seine Hand und ging zur Tür. S ie suchte die Klinke, fand keine und drückte stattdessen vorsichtig gegen das Holz. Es war nicht abgeschlossen.
„Mir ist kalt“, sagte Arthur.
Sie nahm ihren Schal ab und wickelte ihn Arthur um den Hals. „Das liegt in einer Senke hier – wie im Winter fühlt es sich an.“
„Die Mauern müssen noch von der Sonne durchgewärmt werden“, sagte Georg, der hinter ihr stand. „Das dauert nicht mehr lange. Irgendwas zum Heizen wird es sicher geben. Zwei Tage, und das Haus ist warm.“
Die Tür öffnete sich nicht auf eine Diele, sondern in eine große Küche, die zugleich als Stube zu dienen schien und von der Vorder- bis an die Rückwand des Hauses reichte. Links und rechts gingen kleine Türen ab, die Alma bis zur Brust reichten.
„Deswegen ist e s so kalt hier. Siehst du das, Georg? Die Fenster hinten sind kaputt. Da haben sie… sieht aus wie Papier. Mit Zeitung hat das einer dicht gemacht. Das kann nicht gutgehen. Hier i st der Ofen. Wenigstens Holz gibt es .“
„ Lehmboden“, sagte Minna. „Gestampfter Lehm wie i n eine m St all. Sieh mal da... Da steht Essen auf dem Tisch.“ Sie ging einige Schritte vor. „Brot, Zwiebeln… nanu... “ Sie nahm den Deckel vom Tontopf, der in der Mitte stand. „Suppe. Sieht aus wie Graupensuppe. Ganz grau und quadellig. Mensch…“
„Was?“
„Hier, fass mal die Terrine an.“
Alma legte ihre Finger an den Topf. „Oh“, sagte sie.
Minna ging zum Kessel, der auf dem Ofen stand. „Der ist auch noch warm.“ Sie kniete sich hin und öffnete die Brennkammer. Mit einem Holzscheit stocherte sie in der Asche. Sie stand auf und sah Alma an. „Da ist noch ein Rest Glut“, sagte sie.
„Das kann doch nicht sein“, sagte Alma.
„Hier lebt jemand.“
„Wer denn?“, fragte Arthur neugierig. „Wo sind die Leute?“
Es klopfte an der Tür. Gericke trat, ohne eine Antwort abzuwarten, in die Stube und s ah sie erwartungsvoll an. „Und? G efällt Ihnen Ihr neues Schloss ? Schon eine Ecke besser als was sie bei den Slawen hatten, hmm?“
„Hier wohn t noch jemand“, sagte Minna.
„Hier? Was redest du, Mädchen? Hier lebt niemand. E s mag ein bisschen aussehen wie in der Judenschule, aber…“
„Hier – der Kessel ist noch warm, und die Suppe steht auf dem Tisch und das angebrochene Brot da…“
„I wo, Fräulein. Die Polen sind alle weg.“
„Wann?“
„ Da fragen Sie mich jetzt was .. .“
„Und wo sind die hingegangen?“
„Hierhin, dahin. .. Die meisten sind ins Generalgouvernement gezogen – die wollten unter ihresgleichen sein. Oder weiter nach Osten, in die Ukraine, zu den Bolschewiken einig e auch. Die haben e s mit der deutschen Kultur nicht mehr ausgehalten.“
„Aber es steht noch Essen auf dem Tisch“, sagte Alma. „Hier, der Ofen warm – der ist das letzte Mal he ute m orgen befeuert worden.“
„ Ich weiß es nicht “ , sagte Gericke . „Wegelagerer v ielleicht . Asoziale. Wer soll sich da auskennen ? Ich habe Befehl, sie hierher zu bringen. Das ist der Hof, der Ihnen von der VoMi zugewiesen worden ist. Persönliches Geschenk des Führers. Also. Mit anderen Angaben kann ich nicht dienen.“
„Ich möchte
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