Braeutigame
Heinrich suchte im Osten den Himmel ab, hielt den Kopf gerade und versuchte zu lächeln. Er hatte sich vorgenommen, den Absc hied nicht unnötig in die Länge zu ziehen . Dass seine Frau mit ihm nach Kosten gehen würde, hatte er ihr nicht ausreden können. Aber es brachte nichts, fand er, in solchen Momenten den Gefühlen zu viel Raum zu geben. Stoisch, hatte der Doktor es genannt – wenn man seinen Weg mit Gleichmut ging, egal was kam. Er hatte nur die Hälfte verstanden, aber es leuchtet e ihm ein. Die Furcht war halb besiegt, wenn man sie ignorierte.
„Ach Heinrich…“, seufzte Alma. „Was soll…“
„Wir sind gleich da “ , sagte er schnell.
„Ich hab e nicht einmal mein T aschent uch eingesteckt, ich Dumme…“
„Du brauchst kein Tuch. A lles ist gut.“
Sie zog die Nase hoch. „Nein. Ist es nicht.“
„Wir haben es doch besprochen.“
„Ich weiß. Und den Tod werd e ich mir holen, wenn die Kälte nicht bald nachlässt.“
„Mut, Alma. Was sich nicht ändern lässt, kann man nun einmal nicht ändern. Das muss man im Kopf aushalten. Du w irst sehen, es dauert nicht lange, dann kommt das Frühjahr, und ich bin zurück . Es ist ja et was dran, dass der Russe nicht v or Kraft strotzt. Deren Armee. Auch wenn Lobgott e s gesagt hat.“
„Ich mache mir Sorgen. Wenn dir etwas… zustößt. Was soll mit uns werden?“
„Mir stößt nichts zu. Glaub mir doch einfach.“
„Ich lieb dich so, Heinrich.“
„Ich dich auch, Frau.“
Er nahm ihre Hand.
„Und wenn doch ... “ – er blieb stehen und sah sie an. „D ann machst du dir ein schönes Leben. Ohne deinen dumpfen Heinrich.“
„Was du redest. Du bist nicht dumpf. Du bist mein Bräutigam. Mein Mann.“
„Der nicht mal richtig reiten kann. .. “
„Das ist mir gleich. Solange Georg es kann. Mit dem kommt sowieso keiner mit.“
„Woll e n wir hoffen, dass ich nicht zu den Pferden muss im Osten.“
„Wenn sie überhaupt Pferde an der Front haben. E s geht doch alles mit Maschinen heute. Panzer, Wagen, Flugzeuge und so…“
„Ein paar haben sie noch, glaube ich. In den Pripjetsümpfen, für die Verpflegung. Den Nachschub. Lobgott hat so et was gesagt. Im Morast kommst du mit Panzern nicht weit. Die gehen unter wie Steine. Blubb, und weg sind sie. “
„Da hältst du dich besser fern von den Sümpfen.“
„Werd e ich tun. Das mut e ich den Pferden nicht zu.“
Al ma lächelte. „Schau... jetzt wird e s langsam Tag . Der Schnee ist hell , man sieht besser.“ Sie blieb auf der Straße stehen. „Man erkennt schon et was. Sieh mal hinten – bei der Eiche . Hasen.“
„Die würd e ich gern e essen. Wie groß die sind.“
„Ja.“
„ Du m usst Georg hierhin schicken mit seinem Gewehr. Dann habt ihr Hasenpfeffer.“
Alma zog die Nase hoch. „Georg geht ja auch “, sagte sie. „ Ein paar Tage nur noch…“
„Und was, Kindchen? Bleib ruhig. Ich bestelle uns gleich Tee, wenn schon ein e Gaststätte auf hat. Wird Zeit, dass wir etwas Heißes in den Magen kriegen.“ Er sah auf seine Uhr. „Es müsste alles gutgehen. Wenn der Zug überhau pt pünktlich fährt. Weiß man vorher nicht. Komm, reich mir deine Hände.“
„Warum?“
„Lass uns einmal tanzen. Den flotten Krakowiak. Hier im Schnee, bevor die Leute uns sehen können.“
Alma zog die Nase hoch und kicherte.
Als sie die ersten Häuser von Kosten erreicht en, fühlte sie sich besser, zuversic htlicher. Alma holte ein halbes Brot für Heinrich aus einer Bäckerei, aus deren offener Ladentür warmer Dampf auf die Straße zog.
„Sie hatten noch nicht auf“, sagte sie und riss Heinrich mit den Fingern ein Stück ab. „Die Frau hat ein Auge zugekniffen u nd e s mir verkauft.“
„Gut.“
„Sie sprach schlechtes D eutsch. Aber neugierig aus dem Fenster gesehen hat sie und gefragt, ob du mein Geliebter bist.“
„Geliebter?“
Alma kaute und nickte. „So hat sie gesagt.“
„Und was hast du geantwortet?“
„Mein…“ – sie schluckte – „ Bräutigam, habe ich gesagt. Gatte, Mann – das klingt steif. Und dann redete die Bäckersfrau was von junger Liebe . Richtig lustig war sie .“
„So jung auch wieder nicht. Wir sind keine Brautleute mehr.“ Heinrich kaute. „Komm, lass uns langsam weitergehen, dass wir den Bahnhof rechtzeitig finden.“
„Sind wir nicht mehr – Brautleute, meine ich . Aber es macht keinen Unterschied. Nimmst du deinen Koffer, oder soll ich tragen? Hier ist noch Brot.“
„Es geht schon. Iss du , dass du et
Weitere Kostenlose Bücher