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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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aufstand.
    „Was ist damit?“
    „Es schlägt langsam und regelmäßig. Und er hat überall diese roten Pusteln. Auf der Brust.“
    „Gut. Das ist gut. Dann kann es nicht so schlimm sein“, sagte Alma und tupfte ihm ein weiteres Mal die Stirn und die nackte Brust ab.
    Frau Schilling sah sie an. „Wollen wir hoffen.“
    „Nicht? Ich dachte, bei schlimmem Fieber schlägt das Herz schneller… dass es rast wie verrückt und durcheinander wäre und flattert.“
    „Weißt du , Alma, ich bin kein Arzt und nicht gelehrt, nicht so wie der überstudierte Herr Prudöhl . Aber ich weiß, dass wir hoffen sollen und beten, dass es n icht das ist, was es sein könnte . Und noch et was ... – abwischen kannst du ihn, aber geh nicht so nah an ihn ran, hörst du ?“
    „Bitte nicht.“ Alma sah Irma Schilling nicht an, sondern starrte auf das Fenster über dem Sessel.
    „Es ist , wie es ist.“
    „Nein, ich meine nicht... Hörst du – die Sirene?“
    „Auch das noch. Was ist nun wieder los?“
    „Das ist Fliegeralarm.“
    „Herr im Himmel. Kommen sie nun schon am helllichten Tag!? Die k ennen keine Scham, diese Leute. Was ist nur mit unserer Abwehr!? Wehrt sich denn keiner in diesem großen Reich? Ach, es ist zum… zum… Mäusemelken.“
    Frau Schilling ging vor das Haus und suchte mit Hilde Glück den Himmel ab.
    „Noch nicht drei Uhr“, sagte Frau Glück, die als einzige von ihnen noch eine Uhr hatte. „Nichts zu sehen.“
    „Da ist nie et was zu sehen, wenn d ie Tiefflieger kommen“, sagte Irma Schilling gereizt. „Wenn du die sehen kannst, ist es zu spät. Dann gute Nacht.“
    „Meinst du ?“
    „Meine ich. Hol die Mädc hen, Lilli und Minna, wo immer s ie sich rumtreiben. Wir müssen weg.“
    „Hier weg? Warum?“
    „Was glaubst du, was die machen, wenn sie hier die Autos stehen sehen? Und die schönen , glänzenden Bahngleise…? Auf eine Tasse Tee mit Sahnetorte kommen die nicht vorbei. Hilft nichts. Geh und lauf und hol die Mädchen, und ich kümmer e mich um Alma und um den Jungen. Dass wir den nun… ach, Scheißdreck, sag e ich. Scheißdreck auch! Wo ist der Karren?“
     
    Sie liefen, so schnell es mit Arthur auf dem Wagen möglich war, zum Kirchplatz.
    „W arum bleiben wir nicht in dem Hä us chen ?“, fragte Minna, die barfuß ging, wei l ihre Schuhe nass geworden waren. Sie hatte auf dem steinigen Feldweg Mühe, mit den anderen mitzuhalten.
    „E s geht nicht“, sagte Frau Glück knapp. „Viel zu dicht an der Bahn. F liege n die Bomben als erstes hin, wegen der Züge und Gleise. Kann man vom Himmel aus alles sehen.“
    „Geh auf dem Gras, Minna“, rief Alma, die mit Frau Schilling den Wagen zog, während Lilli sich hinten aufstützte und schob. „Nicht auf dem Steinigen. Da tut es nicht so weh. Sonst hältst du uns nur auf.“
    In den Häusern am Kirchplatz fanden sie einen Luftschutzraum, indem sie einfach den anderen Frauen und Kindern folgten. Es war der Keller eines dreistöckigen Mietshauses in einer Seitenstraße. Im Vorderhaus lag eine verlassene Bäckerei mit zersplitterten Scheiben, einem leeren Tresen und einigen Holztischen. In der Ecke des Ladens lag ein Hundehaufen, noch feucht und glänzend.
    „S echse?“, fragte ein Junge in Uniform, fünfzehn oder sechzehn, der sie im Hinterhof des Hauses mit dem Zeigefinger zählte. „Den Wagen stellen Sie mal irgendwo gut ab, dass si e den nachher auch noch haben. B eliebtes Gerät heutzutage.“
    „Ja doch“, sagte Frau Schillin g ungeduldig. „Sechs. Das siehst du doch.“
    „Nu n nicht so kess, gute Frau.“
    „R ed nicht , Bursche .“
    „ Hallohallo, was für ein Tonfall. Mit Nettigkeit geht’s viel besser. Wer sind Sie überhaupt? Sind Sie überhaupt von hier?“
    „Was tut das zur Sache?“
    „Eine Menge, Großmutter. Welcher Keller ist Ihnen zugewiesen…? Ich mach e hier nämlich den Luftschutzwart.“ Er zeigte wichtig auf seine Armbinde. „W as ist mit dem Jungen da? Hat der die Beulenpest, oder was soll das sein? Wenn er ansteckend ist, muss er oben bleiben . Wir haben unsere Regeln. Wolle n doch nicht, dass der ganze Ort krepi ert wegen so einem. Ist Befehl. Von ganz oben. Wo haben Sie... “
    In diesem Mom ent war vom Kirchp latz das Knattern mehrerer Motorräder zu hören.
    „Bleiben Sie mal schön hier und warten Sie“, sagte er und lief in den Durchgang zum Vorderhaus.
    „Kommt, runter “, flüsterte Frau Glück den Mäd chen zu, „die Treppe! Nicht lange Debatten halten .“ Sie schubste Minna

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