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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Er hatte es mir schon geschrieben, aber es nun zu sehen, ist nicht schön. Georg leidet darunter – die Tiere sind noch immer sein Ein und Alles, und auch der große Garten, den sie haben, mit Bäumen und Sträuchern und Blumen und einer großen Wiese, an deren Ende ein Bach fließt. Hinten steht eine Hütte – oder ein kleines Haus, ganz aus Holzbalken und mit einem Feuerplatz darinnen, sehr schön. Dort wohnen Rosina und Kali (die aufgeregt ist deswegen , sie fühlt sich wie ein „Cowboy“ in einem Western ). Minna und ich teilen uns ein Zimmer im Haus, unter dem Dach.

 
    4. September 1966, Blacksburg
     
    Jetzt , wo ich sie alle etwas kenne, muss ich sagen, dass Georg nicht ganz unrecht hat mit seinen Söhnen . Sie sind… – ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Unpraktisch, müsste ich sagen. Auch ängstlich. Alle drei haben so viel Furcht , nicht nur vor Pferden, sogar vor Hunden , obwohl sie Jungen sind . Georg sagt, er hat es längst aufgegeben mit ihnen. Er wollte ihnen natürlich früh zeigen, wie es geht, das Reiten beibringen, von Kindesbeinen an. Aber es sollte nicht sein . Sie weinten immer, und er gab es auf . Was soll man tun, wenn Kinder so werden? Und wo kommt es nur her? Ich weiß es nicht. Vielleicht von Trudis Seite.
    Der älteste, Ernst, hat schon die Schule verlassen und arbeitet in einer Honigfabri k und auf dem Feld. Er holt Kartoffeln mit einem Trecker aus der Erde. Er ist dumm wie trocken Brot, sagt Minna, und hat Sägespäne im Kopf & nichts Vernünftiges kommt da he raus. Sie kann so böse sein.
    Georg übersetzt alles, es geht hin und her. Kali spricht auch schon einiges auf Englisch, und Rosina und ich einige Worte. Hello und thank you very much und you are welcome, was man sagt, wenn sich einer bedankt hat. Die drei Jungen sprechen überhaupt ke in Wort deutsch & Trudi nur wenig (ihre Mutter ist aus einer deutschen Familie, aber ihr Vater nicht. Er ist Norweger ).
    Man muss froh sein, dass wenigstens Georgs Söhne den Namen des Vaters tragen und weitergeben, unseren Namen. Sie heißen alle Freier, und wenn sie einmal heiraten und Kinder kriegen, lebt der Name weiter. Beim Ältesten, Ernst, ist es bald so weit. Er hat eine Freundin, ein Mädchen, das in einem Pfann kuchen-Restaurant ausschenkt. Es wird in Virginia hoffentlich eines Tages viele Freiers geben. So hat alles sein Gutes. Nicht jeder kann zu Großem berufen sein, hat Lobgott immer gesagt.
    Geldsorgen haben sie nicht , sagt Georg. Er muss gut verdient haben. Tüchtig ist er ja, auch wenn sein Bein ihm bis heute Schwierigkeiten macht. Er reitet – er könnte ohne die Pferde nicht sein . Aber er hat einen besonderen Steigb ügel für sich machen lass en, weil er das Knie nicht gerade bekommt. Sie haben zwei Autos , lange Schlitten .
    Seine Trudi kocht für uns. Sie ist lieb & schüchte rn & gibt sich viel Mühe . Sie mögen lieber Rind hier als Schweinefleisch. Bif nennen sie es. Trudi kocht natürlich amerikanisch, nicht wie in der Heimat.

 
    Dienstag, 6. September 1966
     
    Lieber Heinrich,
     
    wir sind weitergereist, nach Ohio an den schönen Erie-See, es ist unsere letzte Station in Amerika. Übermorgen geht es wieder zurück nach New York. Rosina hat alles vorbereitet & die Fahrscheine liegen hier, neben meinem Heft auf dem Tisch. Übermorgen nehmen wir den Zug, von Cleveland an die Ostküste. Wir haben ein großes Abteil nur für uns reserviert. Ich muss sagen, es hat gereicht mit den Bussen, die sie hier fahren. Zuletzt war es schrecklich eng, und ich fühlte mich nicht mehr wohl. Stunde um Stunde ging es, und links und rechts von der Straße ( immer geradeaus , Kilometer um Kilometer) lagen Felder mit Weizen und Mais. Die größten Felder, die ich je gesehen habe, bis an den Horizont.
    Es ist nicht mehr so heiß wie im August, Gott sei Dank. Die Temperaturen sind mild & angenehm, Frühherbst. Einige Blätter an den Bäumen werden schon hell, aber noch nicht viele.
    Hier bei Deiner Schwester ist es – nun, es ist eine kleine Enttäuschung. Ich glaube nicht, dass sie mich erkannt hätte, wenn ich an der Busstation nicht auf sie zugegangen wäre. Sie ist noch immer schlank & zierlich & anmutig , wie früher. Aber es kommt mir vor, als ob wir hier nicht hingehören, anders als bei Georg und Trudi. Vielleicht nehmen wir ihre Gastfreundschaft zu sehr in Anspruch, wir sind ja zu viert und haben viel Gepäck. Ich werde mich, sobald wir wieder gefahren sind, natürlich

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