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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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bedan ken und etwas schicken. Die Kosten sollen nicht an Jus tine hängen bleiben, wenn sie nicht viel haben . Aber das geht nur hinterher.
    Es gibt viele Landsleute aus Bessarabien in der Gegend hier, sagt Justine, sogar den einen oder anderen, dessen Eltern oder Großeltern aus unserem Leipzig stammen. Aber sie hält keine Verbindung zu ihnen. Sie hat wohl genug zu tun, so wie es ist.
    Ich weiß gar nicht, wie ich davon schreiben soll, Heinrich, aber Justine hat Dich fast vergessen. Du bist tot für sie, das spüre ich. Sie erinnert sich kaum noch an Dich. Sie stellt auch keine Fragen & ist ohne jede Neugier.
    Gestern Abend hat sie gekocht, einen Truthahn für uns alle, sicher zwölf oder vierzehn Pfund schwer , mit Süßkorn (was hier Popscha ist) und Erbsen und Muskartoffeln mit Röstzwiebeln und brauner Soße. Ihr Mann heißt Herold und sprach das Tischgebet. Sie sind fromm & beten nicht nur vor der Mahlzeit, sondern danach auch noch einmal , so dass man sich fragt, ob es unserem Herrn nicht vielleicht sogar lästig fallen könnte mit der ganzen Dankbarkeit, so gut sie gemeint ist. Herold schafft in einer Druckerei, so dass er die Farbe nie richtig unter seinen Fingernägeln weggeputzt kriegt. Kali hat eine gute Figur gemacht und alles fast allein übersetzt, den ganzen Abend. Sie ist ein kluges Kind und ist mir ans Herz gewachsen. Herold, Dein Schwager, mag das Technische & er redete nur davon, wie sie in Amerika auf den Mond fahren wollen. Es war so absurd. Ich mochte nichts sagen: Wir sind doch Gäste, da kann man nicht antworten, wie töricht das alles ist, was er redet, obwohl er eigentlich ein gebildeter Mann ist.
    Mittendrin, als Justine uns den Nachschlag vom Puter schnitt, blieb der Strom weg , und wir saßen für mehr als eine Stunde im Dunkeln, bei Kerzenlicht. Dann sprangen überall gleichzeitig die Glühbirnen mit einem lauten Klacken an, und um kurz nach zehn war wieder alles aus. Minna und ich gingen mit einer Taschenlampe hoch auf unser Zimmer. Niemand weiß, woran es liegt. Vielleicht ein Blitzschlag weit weg? Justines Mann war es richtig unangenehm, weil er vorher so viel vom Mond erzählt hatte & was sie alles fertig bringen in diesem Land. Aber ohne elektrischen Strom…? – da kommt man wahrscheinlich auch nicht auf den Mond. Es lag mir auf der Zunge, aber ich habe nichts gesagt.

 
    Sonnabend, 10. September 1966, New York
     
    Nun ist es fast geschafft, Heinrich: Wir sind wieder in New York, am Flughafen schon. Wir sind alle aufgeregt, dass wir fliegen müssen. Kali am meisten, aber wir Erwachsenen sind es auch & wir fürchten uns alle drei. Aber es geht nicht anders. Wir haben die Fahrscheine, alles ist bezahlt, und das Gepäck ist bereits aufgegeben. Es wird, so kein Unglück passiert, viel schneller gehen als mit dem Schiff. Wir fliegen nach London und von dort am selben Tag weiter nach Hamburg. Ich bete, dass alles gut geht. Konrad würde mich sicher auslachen, wenn er wüsste, wie ich Angst habe.
    Lea ist zum Flughafen gekommen, um mich noch einmal zu sehen & um sich zu verabschieden. (Ohne ihren Mann.) Sie war reizend & warm. Von den Stevens brachte sie ein Päckchen mit & und ich musste ihr versprechen, es erst zu öffnen, wenn sie sich auf den Rückweg in die Stadt gemacht hatte. Es war sicher, weil ich den Scheck zurückgeschickt hatte: Sie wollten mir eine Freude machen. Es ist eine schöne Armbanduhr, aus Silber, dachte ich zuerst, aber Rosina, die für Schmuck ein gutes Auge hat, meint, es ist Platin, so teuer wie Gold. Ich bin sehr beschämt und werde schreiben, sobald ich wieder zuhause bin.
    Lea war den Tränen nah e , als wir uns verabschiedeten. Wer weiß nun, was wird, wie lange wir zwei noch am Leben sind?
    Von dieser Reise werde ich lange zehren.
    Nun klingeln sie, Heinrich, wir müssen gehen.

Kapitel 23 : Meiner geliebten Frau
     
    Konrad Lampe saß an seinem Schreibtisch im Haus an der Palmaille und ging Frachtlisten durch. Er hatte die Ärmel seines weißen Hemdes aufgekrempelt und e ine Corona im Mund, dick wie sein Daumen . Sie schmeckte ihm nicht. Ihm war nach dem Fr ühstück übel geworden , ein Würg e reiz, als wäre hinten im Hals etwas Samtiges kleben geblieben . Er trug Hosenträger und keine Krawatte. Es war halb elf am Vormittag .
    Nebenan i n seinem Schlafzimmer hörte er Rosina. Sie schlug mit den Händen die Federkissen aus, ein puffendes Geräusch. Dann strich sie Laken und Bettbezug glatt: schhht, schhht. Sie wusste nicht, dass er über den

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