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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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Hände abtrocknete, die Kaninche n nahm und sich mit einem Kopfnicken bedankte. „Sie mocht e nicht mitkommen, Daniel, weißt ja, wie scheu Elwira ist, darfst ihr nicht bös e sein. Aber zur Leich wird sie kommen . Sie sitzt schon den ganzen Tag an ihrer Singer und schnippelt und näht. Einen Kragen oder was.“
    „Bestell ihr Dank“, sagte Freier. „A uch für die Hühner, die ihr gebracht habt. Am Schmaus wird e s nicht scheitern.“
    „Und?“, fragte Dressner.
    „Was?“
    „Geht es denn?“
    „E s muss. Es muss. Siehst ja, sind alle munter auf den Beinen… – Gib Ru he, Georg – und Hedwig, du geh mit d ies em Krachbalg raus! Nun hör einmal , Georg – holst dir Lilli und Jakob und bringst sie ins Zimmer, hörst? Und dan n lasst ihr die Erwachsenen in Ruhe reden.“
    Dressner strich Rosie, die sich zwischen s eine Stiefel gesetzt hatte, die Ohren nach hinten . An Hals und Nacken ragten ihm d ichte, schwar ze Haare aus dem Hemdkragen und an den Händen aus den Ärmeln. Sein Haar wuchs so schnell, dass er sich zweimal am Tag rasieren musste, nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen – so wollte es Elwira, die einen Hang zum Vornehmen hatte (sagten die Leute) und empfindliche Haut (sagte ihr Mann) . Nur auf dem Kopf gingen Boias die Haare aus: Ob enrum war er bis auf einen schmalen K ranz, der rings um den Schädel lief und an eine Mönchstonsur erinnerte , kah l geworden. Es war ihm peinlich; er war erst vierunddreißig; daher der Hut. Selbst in der Badewanne am Sonnabend hatte er das Filzding auf , hatte seine Tochter Lea ihrer Freundin Minna unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, und Minna, das Plappermaul, hatte es am nächsten Morgen glucksend beim Frühstück erzählt.
    „Komm, trinkst du ein Glas Wein ?“, fragte Freier und stand auf, um Flasche und Gläser zu holen. „Keine Widerrede, Dressner , die Zeit muss sein .“
    „Hörst du das, Daniel? Die Schelle?“
    „ Nach Gieses Britschk klingt es . .. Hmm. “
    Sie gingen in die Mitte des Hofs und sahen auf dem Breiten Weg hinter der Einfahrt Besucher ankommen: Emil Giese, der die Pferde an einen Akazienstamm band, seinen alten Vater und Alfred Ziegelmacher, den Amtsboten mit seinen langen Storchenbeinen und schlaksigen Armen, die beim Gehen zu rudern schienen .
    „Nun schau dir das an“, sagte Freier, ohne Lippen oder Zähne zu bewegen . „Die bringen den Schütz gleich mit. Die kommen nicht zum Spaß, Boias. “
    Emil Giese hatte nasses Haar von seinem wöchentlichen Bad und war bester Laune, die er vergeblich zu unterdrücken versuchte . „ Jajaja, e in dreckiger Leib kann eben kein frommes Herz haben“, sagte er und zeigte wie zur Entschuldigung auf seinen Kopf. Dressner und Freier be grüßten ihn. Giese zog noch im Stehen ein silbernes Etui aus seiner Jackentasche und bot ihnen Zigaretten an.
    „Gute russische“, sagte er. „Aus Odessa.“ Er zündete ein Streichholz an und reichte ihnen Feuer.
    „Freier, tut mir leid“, sagte er beim Aufschauen. „Wegen der Frau.“ Giese schüttelte das Hölzchen aus und ließ es auf den Boden fallen. „Man hat nur eine.“
    „Danke, Giese. Das ist ehrenwert, dass du kommst.“
    „Du, ich hatte gleich nach Kischinjew telegrafiert, als Prudöhl gelaufen kam mit der Nachricht – aber das Amt dort wusste nichts von dir und wollte auch niemand en rausschic ken auf den Markt, um zu suchen. Du weißt ja, wie sie sind. Ohne Handgeld setzt sich keiner von denen in Bewegung. Habt ihr im Wagen geschlafen , oder wart ihr in der Herberge?“
    „Im Wagen .“
    „Gut , da hätten sie lange suchen könn en, ist eine große Stadt geworden, nicht wie bei uns hier in Leipzig, und wer weiß, ob sie dich gefunden hätten… – aber versuchen hätten sie es wohl können. Habt ihr ein Glas Wein für uns, Freier…? – schau, ich habe den Ziegelmacher aus der Kanzlei mitgebracht und…“ – er drehte sich um; „Vadda, geht e s nun?“, rief er zum Weg hin – „... meinen alten Herrn.“ Der alte Giese kam an seinem Gehstock in kleinen, vorsichtigen Schritten in den Hof.
    Emil Giese war Primar, für drei Jahre gewählt und einflussreichster Mann im Ort. Auf der Straße nahmen selbst die vorlauten Burschen ihre Zigaretten aus dem Mund und kratzbuckelten, wenn sie ihn anmarschier en sahen. Giese war gerissen , sagte Freier ; man musste vorsichtig sein mit ihm. Immerhin: Er hatte beste Verbindungen zu den Rumänen und Bauernschläue im Kopf, die für ihn selbst nützlich war und – so

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