Braeutigame
komischen Namen. Attila, wie ein Hunne .“
„Warum denn Attila? Das ist doch kein richtiger Name.“
„Ein Name ist es schon, nur ein komischer. Ich weiß nicht… Der Mann von der Pahl soll so ein forscher gewesen sein, hat die Mutter mal gesagt, mit vielen Haaren überall, und ständig soll der sein Gewehr dabei gehabt haben, auf dem Feld und beim Krämer und sogar auf der Gromad. Kommt vielleicht von dem, war ja sein Vater, bevor er starb. Attila war ein Hunnenkönig, der die halbe Erde erobert hat, ein ganz Schneidig er muss das gewesen sein. Sehr g rausam, hat Herr Lobgott mal gesagt.“
„Dann kommt Attila wohl nach seinem Vater“, sagte Alma, „der hat ja auch Haare am ganzen Leib. Und ganz schiefe Augen, siehst du das? So hab e ich mir immer die Hunnen vorgestellt, da passt das doch, mit dem Namen. Wie alt ist der?“
„Schon älter. Neunzehn oder zwanzig . Der ist auch nicht wie der Trautmann-Reinhold, der nur so tut als ob. Attila hat so v iel Haar, dass er immer zu Sru T urkenitsch zum Rasieren geht. E r muss sich morgens und abends die H aare abschneiden, so viele hat er überall.“
„Wie’s den Männern geht“, sagte Alma. „Der eine so, der andere so.“
Minna kicherte.
„Was lachst du?“
„Ach, nichts. Ich hab e nur gedacht, der hat so viel Haar am ganz en Leib, wahrscheinlich riecht er nach.. .“ Sie kicherte.
„Minna, was redest du... Du k ennst den Jungen doch gar nicht und red e st schlecht über ihn .. .“
„Ein bisschen kenn e ich ihn schon.“
„Und woher?“
Minna zuckte mit den Achseln. „Von hier. Wir haben schon einmal geredet.“
„In der Stunde hab e ich den aber… – Arthur!“, rief Alma, „lass den Dreck sein, und komm her zu mir!“
Arthur, der i m flachen Wasser des Kogälnik spielt e, ließ den Matsch fallen, wusch sich in der Hocke die Hände und ging zu seiner Schwester.
„So… Wir zwei machen jetzt für eine Viertelstunde die Augen zu. Hier, zieh dir das Höschen über, Arthur, dass du nicht nackig bist und dir was an der Blase holst.“ Alma knotete ihr Kopftuch auf, schüttelte das Haar aus und band das eine Ende des Tuchs um Arthurs Handgelenk, das andere um ihr eigenes. Sie legte sich auf den Rücken und sah in den Himmel, an dem nur wenige Wolken standen, die sich kaum bewegten. „Hier, leg dich neben mich, Arthur. Kannst deinen Kopf auf meinen Arm tun.“
Als Alma vom Kreischen der badenden Kinder geweckt wurde, saß Minna nicht mehr neben ihr. Sie musste fünf zehn oder zwanzig Minuten geschlafen haben, die Sonne war am Himmel kaum weitergezogen. Arthurs Arm lag auf ihrem Bauch. Ihr Bruder hatte sich ein Handtuch um die Schultern gewickel t und schlief darin . Alma drehte ihren Kopf zur Seite, ohne ihn zu wecken. Ihre Schwester stand bis zu den Knien im W asser, eine Angelrute in der Hand. Attila Pahl hockte ohne Schuhe und Strümpfe, mit hochgekrempelter Hose, neben ihr und zeigte ihr, wie sie den Haken au swerfen musste. Sein Hut fiel ihm herunter, und er nahm ihn aus dem Wasser, schüttelte ihn aus und setzte ihn sich wieder auf den Kopf. Er flüsterte Minna etwas ins Ohr. Ihre Schwester beugte sich vor, und Alma konnte ihr lautes, prustendes Lachen hören.
Reinhold Trautmanns Ruder boot lag in der Mitte des Teich s, wo er zwei Angeln ausgeworfen hatte und gelangweilt einen Kescher durch das Wasser zog. Der dritte Junge stand ein paar Schritte hinter Minna und Attila und be wegte sich nicht. Alma hatte ihn ein paar Mal gesehen, nicht nur hier am Fluss, auch im Gottesdienst und beim Krämer. Der sagte nie et was, ein Stiller. Heinrich Egon Kraft hieß er, aus dem Oberdorf, der sechste oder siebte Hof links hinter der Kirche, wenn man auf dem Breiten Weg fuhr. Sein Vater war Gottfried Kraft, seine Mutter hieß Pauline. Die war eine geborene Sackmann und vier Jahre älter als ihr Mann.
Gut schaute er aus, wie er im Wasser stand und sich nicht bewegte, dachte Alma . S chlank und braungebrannt, etwas größer als die meisten, und er hielt sich aufrecht und schaute konzentriert geradeaus, aufs Wass er, wo Reinhold Trautmann Spektakel machte, weil er glaubte, dass ein Fis ch gebissen hä tte , oder jedenfalls so tat . Heinrich strich sich mit der Hand das Haar aus der Stirn. Er kaute langsam einen Grashalm .
Was war jetzt ? Was starrte er nach oben…?
Alma nahm vorsichtig Arthurs Arm von ihrem Bauch, setzte sich auf und hielt ihre flache Hand über die Augen. Heinrich hatte den Kopf in den Nacken gelegt und sah in den Himmel.
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