Braeutigame
Automobile. Flugzeuge! Panzer! Mit euren Mühlkleppern kommt man nicht weit, wenn man in den Krieg ziehen will. Paff, paff, paff, und hinüber sind sie. “
An den Tischen am Brunnen, die im Schatten des Flieders standen, entstand ein Tumult. Die jungen Gäste sprangen auf und schrien laut durcheinander, bis sich ein Sprechchor gebildet hatte. „Sauer, sauer, sauer, sauer…“, riefen alle, immer lauter, bis Alma und Heinrich schließlich aufstanden und sich vor allen anderen auf den Mund küssten.
„Siehst du , Walburga“, sagte Giese. „Einige Dinge ändern sich nie. Es ist wie damals, weißt du noch?“
„Oh ja. Das tue ich. Das vergesse ich nicht mehr.“
Um Mitternacht ging Alma ins Haus. Sie ließ sich von Minna und Irma Schilling abhäuben, die welk gewordenen Blüten aus den Haaren zupf en und die schwarzen, klobig en Lederschuhe ausziehen.
Als sie unter das Laken schlüpfte, merkte sie, dass ihre Unterlippe wund war. Sie leckte das Blut mit der Zunge ab, legte sich auf den Rücken und wartete.
„Erst muss der Bräutigam sein Geschenk chen abgeb en“, sagte Irma Schilling am nächsten Morgen kauend. Sie war zum Frühstück gekommen, um Oma Mathilde und den Mädchen beim Aufräumen nach der Feier zu helfen . „Danach können die anderen zeigen, was sie sich die Sache haben kosten lassen. Aber Zweisamkeit geht vor. Zweisamkeit liebt Einsamkeit, sage ich immer. “ Sie hatte sich ein e Scheibe Graubrot mit Butterscheiben beleg t und aß im Stehen. In der anderen Hand hielt sie ihre Teetasse , die sie beim Reden schwenkte . „So ist es.“
Emil Giese rauchte eine teure russische Zigarette mit einem Filter und klatschte geziert langsam, als er Heinrich und Alma kommen sah. Alma war rot im Gesicht, sah auf den Boden und ging zu Minna an den großen Waschtrog, um sich zu beschäftig en.
„Frau Kraft!“, rief Heinrich. Er sah sie nicht an, sonder n starrte weiter in den Hof. „S ieh dir das an. Da!“
Alma hielt den Kopf gesenkt , lugte aber aus den Augenwinkeln in den Hof. Sie sah Emil Giese in seinen albernen Kniehosen und dahinter, am Brunnen, ein junges, etwa einjähriges Pferd . Es hatte einen Haufen gemacht und riss mit ausgestrecktem Hals am Flieder. Um den Hals hing ein rotes, aus Stoff geflochtenes Band.
„Von Boias “, sagte Daniel Freier und grinste übers ganze Gesicht. „Ein schönes Tier. Aus Anschakrak hat er e s geholt. Er selbst. Ist das nicht anständig? Hoch anständig von ihm. Sehr großzügig.“
Er hatte Recht, dachte Alma, es war ein gutes Tier, das sah sie, obwohl man von Schönheit nicht sprechen konnte; grau und kräftig gebaut, für die Felda rbeit gemacht, nicht fürs Ausreiten. Aber von Boias Dressner – vom Mann von Elwira, dieser feinsinnigen, guten Frau – da hatte sie eigentlich… Es war egal, was sie hatte. Heinrich war außer sich vor Freude. Er lief zu dem Tier , band es los und führte es vor die Sommerküche. „Ich glaub e es nicht!“, rief er immer wieder.
Alma ging an den Waschtrog zurück.
„K omm, Alma!“, rief Heinrich. „Versteck dich nicht. Lass uns weiter sehen, was wir an Mitbringseln haben .“ Alle lachten erwartungsvoll, als sie zu den Tischen im Hof gingen, auf denen Geschenke lagen, einige in Papier gewickelt, andere in Holzkisten.
Daniel Freier hatte es nicht bei den fünfzehn Dessjatinen belassen, sondern schenkte ihnen auch den Baschtan oben auf dem Bulgarenberg. „Um den hast dich ja all die Jahre gekümmert“, sagte e r zu Alma. „Da soll er nun dein sein. Der Boden ist gut oben für Schabbeln und Harbusen und Kraut. Dass was Gutes in eure Suppentöpfe kommt.“ Außerdem schenkte er ihr ein neues Spinnrad und Hein rich einen Fellmantel, gefüttert mit Iltis .
Irma Schilling gab ihnen eine selbst gemachte Hängeschaukel. „Aber nun macht noch nicht gleich ein Kind“, flüsterte sie Alma zu, die prompt wieder errötete und nicht wusste, wo sie hinsehen sollte . „Die Zeiten sind nicht danach.“
Die Witwe Stelter hatte zwei Dutzend Gläser mit ein gemachten Pilzen gegeben . Hallimasch, Steinpilze, Trompetchen, alle aus dem vorigen Herbst. „Der Geizknochen“, rief Georg etwas zu laut, als Alma den Deckel von den beiden Holzkisten nahm, in denen Frau Stelter die Gläser von Wladi hatte bringen lassen. „Alte Pilze. Als ob wir nicht selbst genug fürs ganze Dorf hätten, wo die bei uns keiner isst außer Hedwig, und die essen in Kulm nur so komische Sache. Die Stelter, die… Das weiß die ganz genau. Zu
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