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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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kräftiges Lachen hören. »Noi, zom Bade bin i zu alt, junger Mann. Die isch für de Garte. Mir hent a Stückle in Heslach, wisset se.« Sie forderte ihn auf, die Hose in die Hände zu nehmen und sorgfältig abzutasten, um sich von der Qualität des Stoffes zu überzeugen, zog den nächsten frisch erworbenen Artikel aus der Tüte. »So a feiner Stoff, und des für nur acht Euro zusamme, was saget Se jetzt?«
    Ein königsblaues T-Shirt samt ihren erwartungsvollen Blick vor Augen sah er sich zu einer ausführlichen Lobeshymne auf ihr Einkaufsgeschick veranlasst. »Alle Achtung, Sie haben eine glückliche Hand. Beide Teile zusammen nur acht Euro? Das ist ja kaum zu glauben! Ihre Familie kann stolz auf Sie sein.«
    »Ha, des isch no lang net älles«, erklärte die Frau. Von seinen Worten angespornt, zog sie eine weitere Tasche auf den Schoß, begann darin zu kramen. »Net dass Sie moinet, i hätt nur an mi denkt!« Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, schüttelte den Kopf. »Mei Enkele han i nadierlich net vergesse! Die sollet au was kriege, wenn d` Oma in d` Stadt goht.«
    Sie breitete ein weiteres T-Shirt vor Braig aus, tief schwarz, mit kräftig gelben Neonstreifen und mehreren abartig verformten Comicfiguren, die er irgendwann schon einmal gesehen hatte, zwang ihn zu einer verlogen bewundernden Bemerkung. »Oh, sehr schön.« Das Motiv war so potthässlich, dass er das Kleidungsstück nicht einmal seinen schlimmsten Feinden, geschweige denn irgendwelchen nahestehenden Personen hätte zukommen lassen wollen.
    Er hörte die Ankündigung der nächsten Haltestelle Österreichischer Platz, ertappte sich bei der Überlegung, wie Söderhofer sich wohl zu dem Einkauf der Frau geäußert hätte. Optimales Styling etwa oder futuristisches Outfit?
    Die Bahn bremste, erinnerte ihn daran, dass er aussteigen musste. Braig reichte seiner Nachbarin die Kleidungsstücke, erhob sich, hörte ihr Lamentieren.
    »Hano, Sie ganget scho«, maulte sie, »und i han scho denkt, i hätt jemand gfunde zom Schwätze.« Sie ließ ein lautes Lachen hören, rückte ihre Taschen zur Seite, damit er passieren konnte, verabschiedete ihn mit einem herzlichen »An scheene Tag no!«
    Braig bedankte sich für den Gruß, wünschte ihr einen guten Nachhauseweg, lief zur Tür. Sie winkte ihm noch, als er den Zug schon verlassen hatte. Er eilte mit großen Schritten die Treppe nach oben, um seinen Kreislauf in Schwung zu bringen, orientierte sich bergan zur Olga­straße.
    Die Luft war immer noch überraschend frisch, hatte kaum die Fünf Grad-Marke überschritten, ließ ihn unwillkürlich frösteln. Er wandte den Blick in die Höhe, die Hausnummer überprüfend, merkte, dass er sich um mehrere Gebäude vertan hatte. Autos in unübersehbarer Anzahl lärmten die Olgastraße hinauf und hinab. Stuttgart – das Herz Europas, verkündeten dicke Lettern auf einem großen Plakat.
    Er hörte das laute Hupen eines Autos unmittelbar neben sich, schrak zusammen. Ein Fahrzeug war ausgeschert, einem anderen in die Quere gekommen. Braig beeilte sich, die gesuchte Hausnummer zu finden.
    Die Wohnung der Frau lag im zweiten Obergeschoss, über ein frisch geputztes, nach Zitrusfrüchten duftendes Treppenhaus zu erreichen. Er hatte an einem im Dachgeschoss gelegenen Appartement geläutet, sich als Postbote ausgegeben, dann oben die Glocke direkt an der Wohnungstür betätigt. Bianca W. verkündete ein kleines Namensschild. Die Frau hatte wohl noch geschlafen, war erst nach seinem zweiten, jetzt länger anhaltenden Klingelton aufgestanden und zur Tür gekommen. Braig nahm seinen Ausweis aus der Tasche, hielt ihn vor das winzige Guckloch in der Tür.
    »Ach du Scheiße, die Bullerei«, hörte er ihre Stimme, »was gibt' s denn jetzt schon wieder?«
    »Nichts Schlimmes«, antwortete er, »nur ein kurzes Gespräch.«
    »Muss das sein?«
    »Glauben Sie, ich wäre sonst hier?«
    Er hörte ihr verärgertes Schimpfen, klopfte an die Tür.
    »Ja, ja«, maulte sie. »Aber etwas überziehen darf ich mir schon noch, oder?«
    Sie schlurfte in eines ihrer Zimmer, kam kurz darauf wieder zurück, machte sich an der Verriegelung ihrer Wohnungstür zur schaffen, schob sie dann einen Spalt breit zurück. »Und? Was gibt’s?«
    Eine verschlafen wirkende, etwas füllige Blondine um die Dreißig stand vor ihm, in einen bunt geblümten Hausmantel gehüllt. Die Haare waren drei Spuren zu stark blondiert, der Lippenstift zu hastig und viel zu grell aufgetragen. Eine süßlich duftende Parfümwolke

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