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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Verlangen, ah …« Erneut ein etwas bemüht klingendes, angeblich lustvolles Stöhnen.
    Mein Gott, was denn noch alles, rumorte es in ihm, wann kommt endlich die Adresse? Er ließ eine weitere Runde geheuchelten Verlangens über sich ergehen, merkte dass das Band zum Ende kam.
    »Wenn du mich also in meinem Liebesnest in der Olgastraße in Stuttgart besuchen willst, dann gib mir jetzt die Zeit an, in der es dir am besten passt. Vielleicht finden wir heute noch zueinander. Deine Bianca.«
    Das werden wir in der Tat, überlegte Braig, allerdings auf eine andere Tour, als du es dir vorstellst, liebe Bianca. Er notierte sich die Hausnummer, brach die Verbindung ab. Die Olgastraße war eine der bekanntesten Nordost/Südwest-Achsen am östlichen Rand des Stuttgarter Zentrums, keine zwei Kilometer von der Liederhalle entfernt. Mit der Stadtbahn vom unmittelbar vor dem Kongresszentrum gelegenen Berliner Platz aus waren es nur wenige Minuten auf die andere Seite des Talkessels.
    Er überquerte die Fahrbahn, betrat den Hochbahnsteig, sah an der elektronischen Abfahrtstafel, dass die nächste Bahn in wenigen Augenblicken zu erwarten war. Hatte der Typ also eine Nutte besucht, überlegte er, gestern Abend vielleicht, um sich zünftig auf den Kongress einzustimmen. Oder er plante den Lusttrip im Verlauf des heutigen Tages, um die langweiligen Vorträge etwas aufzulockern.
    Braig grinste vor sich hin, warf der jungen Frau, die neben ihn getreten war und sich rhythmisch im Takt der Musik ihrer Kopfhörer hin und her bewegte, einen freundlichen Blick zu, registrierte ihr Kopfnicken. Handelte es sich bei dem Mann um einen Kongressbesucher aus einer anderen Stadt, der die Annehmlichkeiten Stuttgarts auf verschiedene Weise hatte nutzen wollen? Das Herz Europas, das Zentrum der Metropolregion des deutschen Südwestens, spottete er insgeheim, die großspurigen Parolen Söderhofers und der abgehobenen Politkaste nachahmend, nicht nur in der Vertikalen, sondern auch in der Horizontalen kennenzulernen?
    Er hörte das Geräusch der sich schnell nähernden Bahn, stieg in den Zug. Braig suchte sich einen Platz in Fahrtrichtung, sah, dass sich die junge Frau mit den Kopfhörern eine Sitzgruppe weiter vorne niedergelassen hatte. Sie schien ganz in ihre Rhythmen versunken, bewegte ihren Kopf mit abwesendem Gesichtsausdruck nach rechts und links.
    Die Bahn fuhr mit gemäßigtem Tempo in die Kurve, beschleunigte dann so stark, dass es ihn in seinen Sitz drückte, passierte das postmoderne Gebäude einer Bank. Unmittelbar vor den weit ausufernden Bauten der Max-Eyth-Gewerbeschule kam sie wieder zum Stehen. Die Türen öffneten sich, Menschen stiegen aus und ein. Braig betrachtete einen jungen, mit einem Anzug und Krawatte bekleideten Mann, der einen schmalen, silbern glänzenden Aluminiumroller in der Rechten zielstrebig auf das ihm gegenüberliegende Polster zusteuerte und sich dort niederließ. Hellgrauer Anzug, Krawatte und Tretroller. Wie schnell sich doch die Zeit und damit auch die in der Öffentlichkeit akzeptierten Verhaltensweisen der Menschen änderten, überlegte er. Einen Tretroller zu benutzen, Sideboardkicking oder wie auch immer Söderhofer dies wohl bezeichnet hätte – vor wenigen Jahren noch hätte sich kein Erwachsener, geschweige denn ein mit Anzug und Krawatte bekleideter auf die Straße gewagt, ein Spalier von skeptischen, ja ablehnenden und feindlichen Blicken hätte ihn auf seinem Weg begleitet. Heute dagegen galt dieses Auftreten als in, wirkte in bestimmten Kreisen wohl sogar imagefördernd.
    Die Bahn tauchte in den Untergrund, kam am Rote­bühlplatz zum Stehen. Eine Traube schwer mit Einkaufstaschen bepackter Fahrgäste strömte in den Zug. Braig rückte zur Seite, machte einer heftig atmenden Frau um die Sechzig Platz. »Danke, s langt«, keuchte die Frau, stapelte mehrere Tüten auf den Boden und auf ihrem Schoß, »so dick bin i no net.« Er schüttelte den Kopf, warf einen Blick auf die Taschen neben sich.
    »Lauter Sonderangebote«, erklärte seine Nachbarin, »i han oifach net widerstehe könne.« Sie zog ein orangefarbenes Kleidungsstück aus einer der Taschen, streckte es ihm entgegen. »Do, gucket Se, des isch doch was für die wärmere Täg. Jetzt, wos uf de Frühling zugoht.«
    Braig sah, dass es sich um eine kurze Freizeithose handelte, deren kräftige Farbe in der Tat von einer wärmeren Jahreszeit kündete, nickte anerkennend. »Für den Badestrand«, meinte er.
    »Bade?« Seine Nachbarin ließ ein

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