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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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sagte er. Es dauerte mehrere Sekunden, bis sie reagierte. Er hörte, wie sie hustete – ein kurzer, kräftiger Raucherhusten – dann erneut an der Zigarette sog und kurz darauf den Rauch von sich blies. »Was wollen Sie?«, fragte sie.
    »Mit Ihnen über Herrn Schmiedle sprechen.«
    »Er ist tot, nicht?«
    »Sie sind informiert?«
    »Es steht in der Zeitung. Ich habe es gelesen.«
    »Wann können wir uns treffen?«
    »Wer sind Sie? Ein Verwandter?«
    »Polizei. Wir benötigen Informationen über den Mann.«
    »Und da rufen Sie mich an?« Sie schien sein Interesse an ihrer Person nicht zu begreifen. »Was wollen Sie von mir wissen?«
    »Wer er war, mit wem er außer Ihnen Umgang hatte und ähnliches. Alles, was Sie uns über ihn erzählen können.«
    »So viel ist das nicht. Sie werden enttäuscht sein.«
    »Trotzdem. Es bringt uns garantiert weiter.«
    »Also gut. Wenn es unbedingt sein muss.« Sie ließ einen kräftigen Seufzer hören, erklärte ihm, dass sie gerade mit ihrer Doktorarbeit beschäftigt und in ihrer Wohnung in Pliezhausen anzutreffen sei.
    »Pliezhausen in der Nähe von Reutlingen und Metzingen?«, erkundigte er sich.
    »Genau dort. In der Wilhelmstraße.« Sie nannte ihm die Hausnummer, erklärte sich bereit, ihn zu einem kurzen Gespräch zu empfangen.
     
    Fünfundvierzig Minuten später hatte er die Wohnung Melanie Schunters gefunden. Es handelte sich um ein kleines Mehrfamilienhaus in der Nähe des Ortszentrums mit drei verschiedenen Namensschildern. Er sah, dass die Frau offenbar im obersten Stockwerk lebte, musste nicht lange warten, bis sie auf sein Läuten reagierte. Aupperle nahm die schmale Treppe mit großen Schritten, erkannte Melanie Schunter auf den ersten Blick. Sie hatte zwar, zumindest was ihre Wangen und die Partien um das Kinn anbetraf, gegenüber dem Foto sichtbar abgenommen, versteckte ihre Nase zudem hinter einer qualmenden Zigarette, trug ihre glatten blonden Haare aber unverändert wie zum Zeitpunkt der Aufnahme bis zur Schulter, sogar ein kleines Stück darüber hinaus. Eine hübsche, etwa fünfundzwanzig bis dreißig Jahre alte Frau mit unübersehbaren Rundungen an den richtigen Stellen, wie er schnell bemerkte. Nachvollziehbar, dass Schmiedle da angebissen hatte.
    »Aupperle, Mario«, stellte er sich vor, streckte ihr seine Rechte entgegen, spürte ihren zögerlich zupackenden Händedruck. Ein Schwall konzentrierten Nikotins stach ihm in die Nase, schien sämtlichen Poren ihres insgesamt recht zierlichen Körpers zu entspringen. Die Aufwendungen für Zigaretten liegen wahrscheinlich höher als die für die komplette Ernährung, überlegte er, es handelte sich offenbar um eine dieser seltsamen jungen Frauen, die Hunger, Durst, zudem wohl auch noch ihre Bedürfnisse nach Sex und Streicheleinheiten zumindest zeitweise mit dem Konsum von Glimmstengeln kompensierten – weshalb auch immer. Er wollte gar nicht daran denken, mit wie vielen dieser weiblichen Wesen er es schon zu tun gehabt hatte, erinnerte sich nur an den durchdringenden Gestank seiner Kleidung, ja sogar seiner Haare und seiner Haut – jedes Mal, wenn er mit einer dieser Zigaretten-verschlingenden Tussis zusammengekommen war. Nur mit ausgiebigem Duschen und Unmengen von Reinigungsgel war es ihm gelungen, sich von dem widerlichen Geruch zu befreien.
    »Am besten, wir gehen in mein Arbeitszimmer«, riss Melanie Schunter ihn aus seinen Gedanken.
    Er sah sie von der Tür zurücktreten, atmete auf dem letzten Meter des Treppenhauses noch einmal kräftig durch, folgte ihr dann in die auf Schritt und Tritt mit Zigarettenmief gesättigte Wohnung. Die schmale Diele war zu dunkel, um die Folgen des Dauerqualmens auf den Tapeten und an der Decke zu offenbaren, das in der Dachschräge gelegene Arbeitszimmer dagegen trotz des einen Spalt weit geöffneten großen Fensters von blau-grauen Schwaden gezeichnet. Aupperle wedelte impulsiv mit seiner freien Hand durch die Luft, sah die kritische Miene der Frau.
    »Soll ich kurz lüften?«
    Er nickte zustimmend. »Gern.«
    »Aber nicht lange, sonst wird es zu kalt.«
    »Hauptsache, frische Luft.« Er wartete, bis sie das Fenster geöffnet und auf dem Drehstuhl vor dem mit einem aufgeklappten Notebook, unzähligen Büchern und Massen von Papierstapeln übersäten Schreibtisch Platz genommen hatte, setzte sich dann auf einen alten, schon etwas aus dem Leim geratenen Holzstuhl, der das einzige weitere Mobiliar des kleinen Raumes bildete. So rauchgeschwängert die Luft im Moment auch

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