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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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einem seiner abgehobenen Ausdrücke belästigen wollte, schob sich an ihm vorbei, drückte sich ins Treppenhaus.
    »Aber die Investigation …«
    Er nahm zwei Stufen auf einmal, ersparte sich den Rest des Gelabers. Den Schutzanzug, in dem er steckte, streifte er erst unten unmittelbar vor der Haustür ab.

4. Kapitel
    Nürtingen, die Stadt der Witwen, erinnerte sich Braig in einem historischen Essay gelesen zu haben. Vom frühen 15. bis ins späte 17. Jahrhundert hinein pflegte das württembergische Herrscherhaus die Witwen der verstorbenen Grafen und Herzöge im beschaulichen, aus einer Burg hervorgegangenen Nürtinger Schloss unterzubringen. Das mächtige Flügelgebäude über dem Neckar bot eine prächtige Aussicht über das gesamte, damals wohl noch sehr ruhige Tal direkt auf den steil ansteigenden Albtrauf. Aufregende Ereignisse blieben den Damen – zumindest außerhalb der häufigen Kriegszeiten – weitgehend erspart, die kleine Stadt war wohl eher geeignet, ihnen einen geruhsamen Lebensabend zu vermitteln. Nicht alle hatten diese Situation als das große Glück wahrgenommen, vielen war der Aufenthalt hier eher von Langeweile geprägt erschienen, wie historische Zeugnisse verrieten.
    Davon konnte heute nicht mehr die Rede sein, war Braig sich bewusst, als er den Zug in Nürtingen verließ und in das quirlige Treiben der Stadt am Neckar eintauchte. Und Fiona Bering, die geschiedene Frau Robert Allmengers als trauernde Witwe zu betrachten – nichts schien weiter von der Realität entfernt. Bei der Frau handelte es sich vielmehr um eine große stattliche, pure Lebenslust ausstrahlende Person mit bis auf die Schulter reichenden, hellblonden Haaren. Sie trug einen dunkelgrauen, akkurat sitzenden Hosenanzug, eine hellrosa Bluse sowie einen türkisfarbenen Seidenschal, der einer Fliege ähnlich um ihren Hals drapiert war. Braig hatte zwar Schwierigkeiten, sie mit der Frau auf dem Foto in Allmengers Wohnung in Verbindung zu bringen, weil sie mit dem unscheinbaren Wesen dort nur wenig gemein zu haben schien, wusste aufgrund der kräftigen Stimme und des von überschwenglichem Selbstbewusstsein kündenden Tonfalls dennoch sofort, dass er ins richtige Büro getreten war.
    »Hereinspaziert«, schallte es ihm entgegen. »Immer schön hereinspaziert. Nur keine Scheu. Unsere Empfangsdame hat Sie mir avisiert.« Sie musterte ihn abschätzend. »Für einen Polizeibeamten kommen Sie mir ganz schön schüchtern daher.«
    »Sie haben kein Schild an der Tür«, versuchte er sich zu rechtfertigen, ihre Blicke wie Röntgenstrahlen wahrnehmend. »Ich wusste nur, erstes Obergeschoss, zweites Zimmer links.«
    »Malerarbeiten«, erklärte sie den Makel. »Die sind immer noch nicht ganz fertig.«
    Braig zog seinen Ausweis aus der Tasche, zeigte ihn seinem Gegenüber.
    »Ich möchte zu Frau Bering«, hatte er sich an der Pforte vorgestellt, einem wachhundähnlichen, weiblichen Wesen auf dessen ausdrückliche Anordnung hin seine Kennkarte entgegenstreckend. Erst nach eingehender Prüfung hatte sie ihm den Zutritt zu dem im modernsten Design hergerichteten Gebäude erlaubt.
    »Ja gut, ich glaube Ihnen«, erteilte ihm Fiona Bering Absolution. Sie thronte hinter einem mächtigen Schreibtisch auf einem weit schwingenden, mit dicken Polstern ausgestatteten, bis zum höchstmöglichen Punkt geschraubten Drehstuhl, bat ihn, Platz zu nehmen. Schreibtisch wie Drehstuhl standen auf einem etwa zwanzig Zentimeter hohen Podest. »Zu unserer Personalchefin«, hatte das streng blickende Wesen am Empfang geäußert, »ob Frau Bering wirklich Zeit für Sie aufbringen kann?«
    »Sie kann«, hatte er gewagt, zu erwidern, sich das »garantiert« aber verkniffen.
    »Es geht also um meinen Ex«, erklärte Fiona Bering, nachdem er sich auf einem der beiden auffallend niedrigen Besucherstühle niedergelassen hatte und, den Kopf nach hinten gereckt, zu dem aus großer Höhe auf ihn herunterblickenden Gesicht aufsah. »Darf ich wissen, weshalb Sie da meine Zeit in Anspruch nehmen?«
    »Na ja, ganz fremd ist er Ihnen wohl nicht. Immerhin haben Sie einige Jahre Ihres Lebens gemeinsam mit ihm verbracht.«
    »Leider, ja. Könnte ich es rückwirkend ändern …“ Sie wischte mit einer abschätzigen Bewegung durch die Luft.
    »Sie haben sich nicht als Freunde voneinander getrennt?«
    »Ich weiß nicht, was Sie das angeht. Wenn Sie sonst keine Fragen haben, möchte ich Sie doch eindringlich bitten, meine wertvolle Zeit nicht länger unnötig mit Ihrer Anwesenheit zu

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