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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Muskulatur entbehrende Arme.
    »Sie wollten mich unbedingt sprechen«, sagte der Mann, seinen Besucher neugierig musternd.
    Braig nickte zustimmend, wies auf die Umgebung. »Ich würde es aber vorziehen …“
    Bumiller schien sofort zu verstehen. »Sie haben ein ernstes Anliegen? Unter vier Augen sozusagen?«
    Der Kommissar nickte wortlos.
    »Kein Problem«, erklärte der Mann. »Meine Kaffeetasse ist leer, wie Sie sehen. Und bezahlt habe ich auch.« Er fuhr sein Computerprogramm herunter, packte das Notebook in seine Tasche, wies von den Stühlen und Tischen weg zur Mitte des Platzes. »Hätten Sie Lust auf einen Spaziergang? Ich war heute noch nicht viel draußen, trotz des schönen Wetters.«
    Braig zeigte sich einverstanden, folgte Bumiller zur Mitte des lang gezogenen Areals.
    »Schön hier«, sagte der Mann, »nicht wahr? Ich könnte die Atmosphäre jeden Tag genießen.« Er wich zwei miteinander spielenden Hunden aus, die ihren laut rufenden, jungen Besitzerinnen davongelaufen waren und kreuz und quer über den belebten Platz sprangen. »Kaum zu glauben, dass unser schönes Tübingen gerade mal zehn Kilometer entfernt ist. Wenn ich die Gestaltung der Fassaden hier mit der filigranen Fachwerkarchitektur dort oder in den anderen Nachbarstädten wie Herrenberg, Reutlingen, Horb, Nagold oder Calw betrachte, glaube ich mich doch irgendwo in Österreich, oder? Mir geht es jedenfalls immer so. Der Einfluss der Habsburger, die Rottenburg über die Jahrhunderte hinweg beherrschten, ist nicht zu übersehen, finden Sie nicht?«
    Braig stimmte dem Mann ohne jeden Einwand zu, konnte seine Begeisterung nachvollziehen. Die Atmosphäre auf dem Platz mit seinen vielen pastellfarbenen Fassaden kündete in der Tat von besonderem Flair.
    »Wir können aber auch gerne in die Welt der Römer abtauchen, wenn Ihnen das lieber ist. Dort vorne, unter dem Parkhaus – Sie kennen die Ausgrabung?« Bumiller wies zur Seite, setzte seine Erklärung fort. »Sumelocenna, die alte Römersiedlung. Sie haben die Überreste schon besucht?«
    Braig sah das verschmitzte Grinsen seines Gesprächspartners, begriff plötzlich, worauf der Mann hinauswollte. »Ja, ich weiß, was Sie meinen.«
    Völlig unbedarft, ohne jedes Vorwissen, war er mit Ann-Katrin vor wenigen Jahren in die unter dem Parkhaus freigelegten Ausgrabungen hinabgestiegen. Von einer kleinen Brücke aus hatten sie eine über dreißig Meter lange Bank bestaunt, unter der ein schmaler, mit frischem Wasser gefüllter Kanal verlaufen war. Erst nach einer Weile hatten sie verstanden, weshalb die Bank mit so vielen Löchern ausgestattet gewesen war.
    »Das römische Massenklo, Sie kennen es?«, fragte Bumiller.
    Annähernd dreißig Leute, war Braig damals mitgeteilt worden, hatten sich bei Hochbetrieb nebeneinander versammelt, eifrig dabei, sich in den Kanal zu erleichtern. Der Graben vor der Bank, auch er mit frischem Wasser gefüllt, hatte zur Reinigung der gerade etwas in Mitleidenschaft gezogenen Körperstellen gedient. Man hatte dazu Schwämme benutzt, die an langen Hölzern befestigt waren.
    Dreißig Leute nebeneinander, überlegte Braig.
    »Die waren noch nicht so verklemmt wie wir«, erklärte Bumiller mit süffisantem Grinsen.
    Der Mann schien Gedanken lesen zu können.
    »Und hier haben sie Michael Sattler und die anderen sechsundzwanzig Frauen und Männer ermordet.« Bumiller deutete in die Richtung des Doms, der sich am nordöstlichen Ende des Platzes erhob.
    »Michael Sattler?«, fragte Braig.
    »Einer der Täufer im frühen 16. Jahrhundert. Er weigerte sich, den Papst und die Bischöfe als Oberhaupt anzuerkennen, wollte als einfacher Christ leben und Jesu Beispiel Folge leisten. Deshalb trat er aus seinem Kloster im Schwarzwald aus und zog durchs Land. Als Sattler immer mehr Anhängerinnen und Anhänger gewann, wurde er im Auftrag des Grafen Joachim von Zollern gefangen genommen, hier in Rottenburg am Sitz des Bischofs tagelang gefoltert und dann gemeinsam mit zehn Frauen und sechzehn Männern hingerichtet. 1527, dem Heiligen Vater in Rom zu Ehren.«
    Braig wunderte sich über die Hintergrundinformationen seines Begleiters, wich zwei Eis schleckenden, jungen Mädchen aus, die ohne auf den Weg zu achten miteinander schäkerten. »Woher wissen Sie das?«, fragte er.
    »Die Geschichte unserer Umgebung interessierte mich schon immer«, antwortete sein Gesprächspartner. »Und Rottenburg ist nun einmal ein Exot im Herzen Württembergs.«
    »Weil es lange von den Habsburgern

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