Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer
Braig. »Aus Esslingen. Das Opfer heißt Allmenger, Roland mit Vornamen. Der Name ist Ihnen bekannt?«
Fitterling betrachtete grübelnd die Kunststoffbox mit den Maultaschen, verneinte dann. »Tut mir leid, mit dem Namen kann ich nichts anfangen.«
»Er ist nicht als Kunde bei Ihnen verzeichnet?«
»Einen Moment, bitte. Ich werde das überprüfen.« Der Mann erhob sich, lief zu dem Computer auf dem Schreibtisch, fuhr das Programm hoch, machte sich an der Tastatur zu schaffen. Innerhalb einer einzigen Minute wusste er Bescheid. »Nein, wir haben keine Person mit diesem Namen in unserer Kundenliste. Weder in unserer Verkaufsstelle in Esslingen noch sonst wo.«
Braig nickte, hatte diese Antwort insgeheim befürchtet. Allmenger war schließlich das Opfer, nicht der Täter. Derjenige, der den Mann in die Wanne gezwungen hatte, war wohl kaum in der Hoffnung in seine Wohnung gekommen, dort so viele Maultaschen vorzufinden, dass er mit ihnen die Wanne bis oben füllen konnte, er hatte sie sicher selbst mitgebracht. War sein Name in der Kundenkartei der Firma zu finden? »Das Verzeichnis Ihrer besten Kunden. Wie umfangreich ist es?«, fragte er.
Fitterling erbleichte. »Sie wollen doch wohl nicht …« Er schüttelte den Kopf. »Das dürfen Sie nicht, dazu haben Sie kein Recht.«
»Es sind viele?«
»Das geht nicht, unmöglich. Wir sind auf das Vertrauen unserer Kunden angewiesen. Unsere Geschäftsbeziehungen basieren auf äußerster Diskretion. Sie können nicht einfach …«
»Ja, ja«, versuchte Braig ihn zu beschwichtigen, »jetzt beruhigen Sie sich wieder.«
»Wir beliefern die teuersten Restaurants, überall im ganzen Land. Gourmettempel, Sternelokale, um Gottes willen, das darf nicht an die Öffentlichkeit!« Er sprang vom Schreibtisch weg, baute sich vor Braig auf. »Ich lasse nicht zu, dass Sie unsere Firma ruinieren!«
Braig sah die aufgeregte Miene des Mannes, streckte seine Hand aus, versuchte, sein Gegenüber mit einer abwiegelnden Geste zu beruhigen. »Jetzt regen Sie sich nicht unnötig auf«, erklärte er, »das war doch nur eine Frage. Für den äußersten Notfall. Wenn wir überhaupt nicht weiterkommen. Vielleicht hat meine Kollegin inzwischen neue Informationen. Dann haben sich meine Überlegungen bereits erledigt.«
Fitterling fand nur langsam wieder zur Ruhe. »Warum fangen Sie dann überhaupt damit an? Unser Kundenverzeichnis ist unser Kapital. Ich kann es nicht zulassen, dass es in falsche Hände gerät. Was glauben Sie, wie sehr sich dieser Konzern dafür interessiert.«
Braig ging nicht mehr auf das Thema ein, um den Mann nicht weiter zu provozieren. Die Kundenkartei schien ein heikles Kapitel, soviel war ihm klar, eines der wichtigsten Betriebsgeheimnisse der kleinen Firma. Es in irgendeiner Weise infrage zu stellen, konnte den endgültigen Ruin des Unternehmens nach sich ziehen. Das konnte er nicht riskieren. Er musste mit Neundorf sprechen, ihr weiteres Vorgehen im Fall Allmenger abklären. Im Moment war es sinnvoller, sich auf das Geschehen auf der Geigelfinger Steige zu konzentrieren. »Eine ganz andere Frage«, sagte er deshalb, »wissen Sie, wohin Ihr Bruder gestern Abend unterwegs war?«
Fitterling nahm den Themenwechsel erstaunt zur Kenntnis, benötigte mehrere Sekunden, sich auf Braigs neues Anliegen einzustellen. »Gestern Abend?«
»Ja. Er war allein im Auto, wie meine Kollegen festgestellt haben. Wohin wollte er?«
Sein Gegenüber schob die Unterlippe hoch, überlegte. »Ich habe keine Ahnung. Sie haben mit Eva gesprochen?«
»Sie meinen die Partnerin Ihres Bruders?«
Fitterling nickte. »Christian lebt mit ihr zusammen. Hier in Geigelfingen, keine zweihundert Meter von uns entfernt. Sie müsste es wissen.«
»Wo finde ich die Frau?«
»Wahrscheinlich hier in der Firma. Eva Seibold. Sie arbeitet in der Produktion. Am besten, Sie sprechen mit Frau Sälzle. Die weiß bestimmt Bescheid.«
»Das werde ich tun, danke. Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit Ihrem Bruder?«
Sein Gesprächspartner warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Ich? Wieso ich?«
»Sie sind sein Bruder und gemeinsam mit ihm für diese Firma verantwortlich. Das ist doch richtig, oder?«
»Ja«, bestätigte Fitterling, »schon.« Er hob seine Hände, zuckte mit der Schulter. »Also, ich verstehe zwar nicht, wieso Sie das interessiert, aber … Kontakt zu Christian … Ach so, ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Gestern Morgen haben wir telefoniert.«
»Telefoniert? Sie hatten keinen persönlichen
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