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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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sich nur so anziehen? Ging Ihnen der Gedanke nicht früher schon mal durch den Kopf?«
    Der Mann stöhnte leise. »Sie haben Ideen! Früher schon mal begegnet? Das kann ich so auf die Schnelle nicht sagen. Dazu benötige ich Zeit, mir das erst mal zu überlegen.«
    »Darum möchte ich Sie dringend bitten. Vielleicht erinnern Sie sich tatsächlich an eine solche Person.« Neundorf schob ihren Stuhl ein Stück weit zur Seite, um ihre Beine besser ausstrecken zu können, warf einen Blick aus dem Fenster. Das Häusermeer der Innenstadt Esslingens erstreckte sich vor ihr, eingebettet zwischen den Anhöhen der Fildern auf der einen und denen des Schurwalds auf der anderen Seite des Neckartals. Etwas weiter entfernt ragten die Kirchtürme der Altstadt daraus hervor, auf dem Hügel darüber die Silhouette der Burg. Sie versuchte, sich auf den Überfall zu konzentrieren, wandte sich wieder Allmenger zu. »Warum haben die das getan? Haben Sie sich das schon einmal gefragt?«
    »Warum?« Der Mann lachte bitter. »Warum?« Er klatschte mit seiner rechten Handfläche auf die Bettdecke, streckte den Arm in die Höhe. »Woher soll ich das wissen?«
    »Rache«, spekulierte Neundorf. »Wenn es nicht um Erpressung oder Diebstahl ging, war es dann Rache?«
    »Rache? Wofür?«
    »Irgendeine private oder berufliche Auseinandersetzung. Woran erinnern Sie sich?«
    »Oh nein. Was wollen Sie denn von mir? Soll ich Ihnen jetzt alle Streitereien auflisten, die ich in meinem beruflichen Alltag zu bewältigen hatte? Ich bin der Geschäftsführer von vier großen Seniorenheimen, trage die Verantwortung für über achthundert Menschen, die ihren Lebensabend bei uns verbringen. Gesunde, Kranke, Demente. Wir haben fast dreihundert Mitarbeiter. Das sind Menschen aus allen Schichten unserer Gesellschaft, die auf relativ engem Raum zusammenleben und arbeiten. Was glauben Sie, was es da Tag für Tag an kleinen und großen Auseinandersetzungen gibt?«
    »Viele«, antwortete Neundorf, »ohne Zweifel sehr viele. Anders ist das gar nicht möglich. Wo so viele verschiedenartige Menschen auf engem Raum zusammenleben, bleiben Konflikte nicht aus. Aber vielleicht liegt gerade in einem dieser Konflikte die Ursache für den brutalen Überfall auf Sie. Vielleicht fühlt sich jemand zu Unrecht behandelt und sieht in Ihnen die verantwortliche Person dafür. Auch wenn Sie sich objektiv gesehen gar nicht anders entscheiden konnten. Subjektiv schiebt Ihnen dieser Mensch die Schuld zu und sinnt auf Rache. Und jetzt hat er sie ausgeführt.«
    »Rache, Schuld, subjektiv, objektiv, zu Unrecht behandelt. Was wollen Sie mir denn da in die Schuhe schieben?«, ereiferte sich der Mann.
    Neundorf wandte ihren Blick nicht von ihm ab. »Marc Bumiller«, erklärte sie. »Was sagt Ihnen der Name?«
    Allmengers Miene verkrampfte innerhalb von Sekunden. Er legte seine Stirn in Falten, die Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Was soll das jetzt?« Seine Stimme klang heiser, wie die einer an einer schweren Erkältung erkrankte Person. »Haben Sie vergessen, was die mir angetan haben? Ich bin das Opfer, muss ich das extra erwähnen?«
    »Sie sind das Opfer, ja«, versuchte sie, seine Aufregung zu mildern, »aber wenn Sie mir nicht helfen, nach möglichen Ursachen für dieses Verbrechen zu suchen, wie sollen wir dann die Täter finden?« Sie erhielt keine Antwort, sah an seinem Mienenspiel, wie es in ihm arbeitete. Er kämpfte offenbar mit sich selbst, war sich nicht einig, ob er ihr antworten, ihr helfen oder ihre Anwesenheit einfach ignorieren sollte. »Was war das mit den Maultaschen?«, fügte sie hinzu. »Wieso verwendeten die ausgerechnet Maultaschen, um Sie zu quälen?«
    Die Frage riss ihn aus seiner unentschlossenen Selbstbeschäftigung. Er schob den Kopf nach vorne, schaute sie mit vor Ekel verzerrter Miene an. »Warum fragen Sie das? Müssen Sie mir das antun?«
    Neundorf wunderte sich über seine Antwort, wusste nicht, wie sie reagieren sollte. »Na ja, ich verstehe, dass Sie jetzt traumatisiert sind«, formulierte sie vorsichtig. »Aber was das Zeug in der Badewanne anbelangt – ich möchte wissen, wo das herkam. Woher hatten die das? Stammen alle Maultaschen aus Ihrem Haushalt? Oder haben die Täter die mitgebracht?«
    Allmengers vor Ekel verzerrtes Gesicht hatte sich nicht verändert, schien eher noch mehr von Abscheu geprägt als zuvor. Er richtete sich vollends auf, schob die Bettdecke von seinem Oberkörper, musterte sie mit starrem Blick. »Verdammte

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