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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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Eisblumen.
    Der Höhlenmensch in meinem Innern spähte durch meine
verkleisterten Sehschlitze, sah das Eis an der Scheibe und betrachtete den Kauf
einer Bommelmütze als beschlossene Sache; Tina hingegen war fest entschlossen,
zwei Dinge nicht zu tun:
Eine Mütze zu tragen, denn sie
     schwenkte eine Haarlackdose wie ein beherzter Kammerjäger;
Mich und den Höhlenmenschen
     weiter pennen zu lassen, denn sie benutzte das Haarspray, um versehentlich
     den unfassbar laut jaulenden Feueralarm auszulösen.
    Sechs Personen in verschiedenen Stadien der Aggression
enterten das Zimmer und stutzten, als sie nur einen vom Schlaf verkleisterten
Herrn in Unterhose, aber keine alles verzehrende Feuersbrunst vorfanden.
    »Morgen«, schaffte ich es noch zu hauchen, bevor eine
knackige Tirade aus sechs rauen, uramerikanischen Beschützerkehlen über mich
herein brach.
    Großes Kino lief ab:
    Tina hatte sich ins Badezimmer verkrümelt, wo sie vermutlich
Jodie Fosters resignierende Sitzhaltung aus »Panic Room« einnahm, während ich
mich vor Scham wälzte wie Michael Douglas in »Eine verhängnisvolle Affäre« –
fehlte nur noch, dass Darth Vader eintrat, mich asthmatisch über die
Sicherheitsbestimmungen aufklärte und mein ohnehin durch verzagtes
Kopfschütteln überbeanspruchtes Genick brach.
     
    »Das war wirklich ultradämlich«, raunzte ich noch Stunden
später.
    »Ja, ja. Sieh lieber zu, dass du so einen Scheißladen
findest, der dir Spielkarten verscheuert.«
    Es war wirklich arschkalt in Greenwich Village, Home of the
Village People und, wie es mir vorkam, das Viertel mit den meisten
Souvenirläden. Ich hatte mir eine dieser bescheuert aussehenden Lappen, wie sie
Lappen tragen, gekauft; eine braune Wollhaube mit Zackenmuster, deren
gestrickte Ohrschoner mich wie Mickys Köter Pluto wirken ließen – aber egal wie
hässlich das Ding war, ich brauchte es: Meine Lauscher hatten bereits die
Konsistenz tiefgefrorener Bierdeckel gehabt.
    Das gleiche Problem hatte ich mit Tina, die jeden Mützenkauf
verweigert hatte und nun mit erstarrender Frisur und tiefroten Ohren neben mir
her trottete.
    Während wir Geschäft um Geschäft abklapperten, fiel mir auf,
dass jeder Laden, egal ob er Uhren oder Grußkarten verkaufte, sein Sortiment
erweitert hatte: Im hinteren Bereich gab es stets ein schmuckes Sortiment an
Dildos, essbaren Slips und Brustwarzenklemmen, Handschellen und Intimschmuck,
niedliche Peitschen und »Fuck me«-T-Shirts aus PVC.
    »Hier kaufen Schwule ein«, raunte Tina, und zwar mit einer
Betonung als wolle sie sagen »in dieser Gegend gibt’s Raptoren!«
    Okay, das Village war ein Ort der Lebensfreude, und ich fand
es lustig.Vor allem wenn ich mir vorstellte, wie jemand »eine Geburtstagskarte,
zwei Briefmarken und den Black-Rubber-Godzilla-Dildo« kaufte.
    »Das ist so, als würdest du beim Bäcker auch Slipeinlagen
und Ansteckschwäne mit Swarowski-Steinen kaufen können«, lächelte ich und
erntete einen finsteren Blick aus Tinas vereistem Gesicht.
    Ich schaffte es, mit heterosexueller Gleichgültigkeit und
ohne die Zusatzanschaffung eines Eimers Vaseline mit Wan-Tan-Suppen-Duft zehn
Pakete á zwanzig Spielkartensets zu einem guten Kurs zu erstehen und war selig.
    Den Rest des Tages sparten wir Geld, indem wir ganz
romantisch weder mit der Kutsche durch den Central Park kutschierten, noch in
Soho eine französische Designermahlzeit zu uns nahmen.
    Vielmehr besuchten wir einen CD-Laden von der
Flächenausdehnung Hessens und erstanden verschiedene Tonträger. Ich den
Soundtrack zu »Edward Scissorhands« und eine ruinös billige »Elvis live in
Hawaii«-CD, auf deren Cover sich Presley totschwitzt, Tina eine CD, auf deren
Hülle »Das russische Staatsballett tanzt Prokofjew« stand, und die außer Musik
vermutlich das huschende Geräusch von zweihundert Stoffschlappen enthielt.
    Es wurde kälter und kälter; alle paar Minuten kehrten wir
zum Aufwärmen in irgendeine Coffee-Bar ein, und in allen herrschte
Verzehrzwang. Neun Espresso und eine Stunde später stapften wir über den
Asphalt wie Dolph Lundgren in »Universal Soldiers«, bereit im Koffeinrausch
alles zu zermalmen, was uns in die prickelnden Finger kam.
    »Mir ist kalt, mir ist kalt, mir ist kaaalt«, steigerte sich
Tina in ein unseliges Mantra.
    »Ich hätte an deiner Stelle auch keine Pumps angezogen,
Herzchen.«
    »Die andern passen aber nicht zur Jacke«, sagte sie und
musterte meinen merkwürdigen Kriegsheimkehrer - Look.
    »Wenn dir kalt ist, hilft nur

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