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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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und Tiere in einem von mir persönlich
gestalteten »Blonz der Schikaneur«-Malbuch zu erkennen, aber mit einem
schwungvollen, von einem lustvollen »RAAAGAAAAGA!« begleiteten Patschehändehieb
eine Internetseite aufzurufen und einen Wegelagerer-Dialer installieren, der
bei jedem Zugriff auf T-Online ein Monatsgehalt von meinem Konto saugt?
    Ist mein geliebter Sohn vielleicht aus einem
Terminator-Comedy-Zeitalter angereist und sieht gar nicht wie ein Mensch,
sondern Skalen, Bewertungen und Word-Dokumente, die digital jede neue Lage
einschätzen und analysieren, Tipps geben und Direktiven auswerfen? Zum
Beispiel:
    Großer männlicher Bioorganismus hat Kunststoffummantelung
von Torso gelöst.
    Zweck: Trockenlegung des vermeintlichen Sohn-Cyborg.
    Jetzt anpissen?
     
    Offenbar erhält er sehr oft eine grün blinkende Direktive,
die »Anpissen bestätigt« zum Inhalt hat.
    Nun – das ist natürlich lächerlich; Sience Fiction.
    Zumal er so kreativ wie Papa ist, obschon er seinen
Schaffensdrang in andere Bahnen lenkt.
    Wer hätte beispielsweise gedacht, dass man mit einem
halbvollen Glas achtlos zurückgelassener Vierfruchtmarmelade eine komplette
Dreiraumwohnung streichen kann, wenn auch nur bis 70 Zentimeter Höhe?
    Allein diese Erkenntnis der Deckfähigkeit profanen
Brotaufstrichs wäre mir ohne den kleinen Racker nie gekommen.
    Und wie robust er ist, von seinem jetzt schon vorhandenen
Körpergefühl ganz zu schweigen.
    Wenn er müde ist, kann er einfach einschlafen, vorzugsweise
während ich ihn in irgendeinem Einkaufszentrum trage. Er wird dann automatisch
sechsmal so schwer wie üblich, was mich stets daran erinnert, wie mein Vater
mich früher zwang, zur Vorbeugung gegen Diebe mein Mofa in den Keller zu
tragen.
    Trotzdem hat er auch seine sensiblen Seiten: Nachts, wenn
ich versuche, im Tiefschlaf meine Tennisarme vom Tragen meines Stammhalters
auszukurieren, wird er wach, wenn nur die Gardine im Nachbarzimmer vom Wind
bewegt wird; geräuschlos zuckender Stoff ist vermutlich der Albtraum jedes
Kleinkindes – andernfalls würde er sicher nicht seinen Bedenken Ausdruck
verleihen, indem er brüllt wie der Ansager eines Motörhead-Konzerts.
    Mein kleiner Schatz.
    Vermutlich bin ich zu empfindsam, weil ich ein Mann bin:
Meine Gene sind darauf programmiert, ein Mammut zu jagen – vom Tragen war nie
die Rede.
    Aber ich weiß tief in meinem Herzen, dass mein Sohn normal
und die Terminatorsache völlig abwegiger Unfug ist.
    Mein Sohn ist mein Abbild, nur dass ich weiß, dass er zu
Höherem berufen ist.
    Das spüre ich irgendwie.
    Deswegen schaue ich nachher direkt mal nach, ob er zufällig
drei Sechsen auf die Kopfhaut tätowiert hat.

Laterne, Laterne
     
    Anspruch:              
*
    Metapherndichte:    **
    Lerneffekte:           
****
    Romantik:              
*
    Action:                   
***
    Sex:                        
*
     
    Mein Nachbar ist trotz seines keineswegs biblischen Alters
von Dreiundvierzig nicht nur auf eine sadistische Art anhänglich – so, wie
man’s eigentlich nur von Egeln und Sparkassenangestellten beim Kölner Karneval
kennt – er ist vor allem halb blind.
    Grund ist keine anrührende Geschichte über Hornhautablösung
und Erlöschen des Augenlichtes, sondern seine Weigerung, eine Brille zu tragen;
er ahnt, dass es seine Chancen, eine reife Dame beim Discofox abzugreifen – und
diese Chancen dümpeln im Null-Komma-Bereich – nochmals durch ein Kassengestell
sinken. Aber für affige Button-Down-Hemden ist allemal Geld im Haus. Obschon
schwach auf der Pupille, registrierte er doch eines:
    »Ey. Dein Sohn läuft ja!«
    Jawoll.
    Mein Sohn läuft jetzt.
    Und er kann »Staubsauger« sagen. Gut, es klingt wie
»Ougouhgar« aber er weist aufs Gerät und alle sind sich einig: Er meint den
Vampyr, was nebenbei bemerkt ein sehr geiler Name für so etwas Mystisches wie
einen Staubsauger ist. Vor allem, da ich das Ding einmal in der Woche schreiend
pfähle, weil dauernd die Beutel verstopfen, und ohne spitzen Stock geht da gar
nichts. Sei’s drum.
    Er hat auch ein neues Lieblingsspiel mit dem bezeichnenden
Namen HEPP!
    Der unglaubliche Spaß dieses Zeitvertreibs zieht den
Großteil seiner Komik daraus, dass ich einen Gegenstand hochwerfe, HEPP! rufe
und ihn wieder auffange. Mein Sohn findet das zum Brüllen lustig, und ich lasse
öfter die Videokamera dabei laufen; wenn er Sechzehn ist und einen Motorroller
will, werde

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