Bran
dunklen »Ho«-Rufen die Tiere bändigten.
Als sie ins Lager einritten, verlangsamten die Pferde ihren Schritt. Straner stürzte vom Rücken seines Rappen. Starke Männer fingen ihn auf, der sonst zum zweiten Mal an diesem Tag in den glühenden Sand geschlagen wäre. Sie trugen ihn in das Lager und betteten ihn auf eine erhöhte Bahre. Ein weiter Baldachin aus zimtgrünem Stoff, der darüber ausgespannt war, hielt die letzten Strahlen der Sonne ab, die sich im Westen verblutete.
Er war furchtbar zerschlagen. Gesäß und Schenkel waren blutig, sein Geschlecht war malträtiert von dem langen Ritt ohne Sattel. Rücken, Schultern und Oberarme waren von der unbarmherzigen Sonne Zhids verbrannt. Die Haut hing in schwarzen versengten Streifen herab. Augen und Mund waren zugeschwollen von Hitze und unerträglichem Durst. Seine Zunge war ein Klumpen Aas, mit dem er nichts zu schaffen haben wollte. Seine Hände waren verkrampft, er konnte sie nicht mehr öffnen, nachdem er sich stundenlang in die Mähne des dahinrasenden Tieres gekrallt hatte. Stöhnend sank er auf die tischartig erhöhte Liege und ließ es geschehen, dass man ihm einen süßen Sud einflößte, den Saft des Lederkaktus, dem man nachsagte, dass er verausgabte Kräfte wiederherstellte.
Auch Kundali war zu Tode erschöpft. Sie hatte sich besser gehalten als Straner, aber auch sie musste von ihrem Pferd heruntergehoben und in den Schatten getragen werden. Ihr dunkler Teint und ihre Ausdauer hatten sie davor bewahrt, so sehr zu leiden wie der unerfahrene Fremdweltler. Doch auch sie konnte sich nicht mehr aus eigener Kraft auf den Beinen halten.
Mädchen kamen, Jungfrauen, die sie mit frischem Wasser wuschen und ihre Wunden versorgten. Ältere Frauen folgten ihnen, die den Fremden, die sich langsam erholten, kostbare Gewänder umlegten, weite offene Mäntel aus feinster serafidischer Seide, die am Tag kühlen und in der Nacht angenehm wärmen würde.
All das ging schweigend, mit der stillen Feierlichkeit einer heiligen Zeremonie vonstatten.
Eine Tafel wurde unter dem mächtigen Zelthimmel aufgeschlagen, an der die Gäste mit erlesenen Früchten, dem Fleisch junger Wüstenhasen, edlen Gewürzen und schmelzenden Süßigkeiten bewirtet wurden. Der Höhepunkt war auch jetzt das Filet des Gazellenadlers. Aber wie anders schmeckte es hier! Der große Jäger, Wahrzeichen und Wappentier von Zhid, war an diesem Morgen noch über der Ebene gekreist, und seine unbestechlichen Augen hatten gesehen, wie die Wüste im aufsteigenden Tag zu dröhnen begann wie das Fell einer Pauke unter lautlosen Schlägen. Dann war er selbst gejagt und getötet worden. Man hatte ihn seiner Federn beraubt, aus denen Schmuck für die Führer und Spielzeug für die Kinder gemacht wurde. Man hatte ihn ausgenommen und zerlegt. Die unedlen Teile hatte man den Hunden vorgeworfen. Die edlen waren nach uralten Rezepten zubereitet worden, in köstliche Kräuter eingelegt, über deren Komposition sich die Frauen der Stämme seit Generationen stritten. Auf offenen Feuern gebraten, zu dem nur bestimmte Hölzer verwendet wurden und das unter bestimmten Ritualen entzündet werden musste. Und dann lag es da, ein knuspriges und unsagbar zartes Filet. Auf anderen Welten wurden Sklavinnen, Waffen und Raumschiffe dafür hergegeben. Hier wurde es bereitet, damit die Stärke des Adlers in die Liebe eines jungen fürstlichen Paares eingehen sollte.
Dazu tranken sie Wasser. Immer wieder Wasser. Straner war es, als würde er dieses Genusses niemals satt. Es war artesisches Wasser, aus unermesslich tiefen Brunnen, deren Lage von den Nomaden geheim gehalten wurde. Und in jeden Becher wurde ein Tropfen der Kaktusessenz gegeben, die süß und lindernd war wie ein magisches und aufmunterndes Wort.
Tänzerinnen bewegten sich wie Schilfrohr, das im sachten Abendwind schwankte, während Musiker auf Flöten und Zimbeln eine eintönige, aber heitere Musik anstimmten.
Die Mahlzeit endete. Es war Nacht. Sterne brannten am Himmel. Unfassbar viele Sterne!
Straner fragte sich, ob er im Raum jemals so viele Sonnen gesehen hatte, wie nun über der schweigenden Wüste standen.
Der Häuptling dieses Beduinenvolkes – er hatte kein Wort gesprochen, aber an seinem Rang konnte kein Zweifel sein – führte sie in das große Zelt, das an der Stirnseite des Lagers aufgeschlagen war und dessen nachtblaue Planen sich einladend im Luftzug bauschten. Im Inneren war es warm, und es roch nach kostbaren Gewürzen, die in Rauchpfannen
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