Bran
und glotzte ihn an.
»Die Kommission«, sagte er ungerührt. »Wir müssen herausfinden, was hier geschehen ist.«
Sie zuckte die Achseln.
»Es hängt viel davon ab. Das Schicksal unserer beiden Völker. Krieg und Frieden.«
»Das ist doch alles Humbug!«
»Wenn Senator Richards nicht wieder auftaucht …«
»Ich kenne keinen Senator Richards, und er interessiert mich auch nicht!« Sie stieß affektiert die Luft aus und widmete sich wieder ihren Holos.
»Rangkor versteht in dieser Sache keinen Spaß.«
»Was wollt ihr tun? Hier einmarschieren?« Sie lachte spitz, als habe man sie an einer unsittlichen Stelle berührt.
Straner dachte an die Worte des Ministers. »Senator Richards existiert.«
»Dann such ihn doch.« Sie war schon wieder aufgesprungen. Die Generatoren in ihren Schuhen erlaubten es ihr, senkrecht in die Höhe zu hüpfen. Für einen Augenblick überlegte er, ob er sich zu der Partie einladen und ihr beim Speedball zusehen sollte. Aber er wollte nicht aufdringlich erscheinen.
»Übermorgen zur selben Zeit«, rief er ihr noch nach.
In dem kleinen Besprechungszimmer, das als Tagungsort der Kommission bestimmt war, blieb ein Hauch ihres frischen Sommerparfüms und ein Schwall guter Laune zurück. Straner war zufrieden. Er hatte beides erreicht. Offiziell arbeitete er mit der Infantin zusammen; gleichzeitig hatte er freie Hand. Jetzt endlich konnte er auf eigene Faust ermitteln.
Cejla wartete vor der Tür.
»Das ging ja schnell.«
Er lächelte. »Es ist das Vorrecht der Jugend, es eilig zu haben.«
»Später hat man mehr Zeit.« Aus irgendeinem Grund klang es düster.
»Du wirst dich zu meiner Verfügung halten«, sagte er.
»Nicht, dass ich nichts anderes zu tun hätte.« Sie blickte ihn offen an, ernst und konzentriert wie immer.
»Du wirst freigestellt, das habe ich erwirkt.« Er wusste nicht, ob er überzeugend gelogen hatte. Ob es möglich war, sie zu täuschen. Es war ihm egal. Der Khan würde nichts dagegen haben, den beiden eine Protokollchefin als Anstandsdame mitzugeben. »Und im Übrigen interessiert es dich doch viel zu sehr, wie die Sache weitergeht.«
»Nimm dich bloß nicht so wichtig, Fremder.« Dann folgte sie ihm, der sich zurück auf seine Suite begab, um den ersten Außeneinsatz vorzubereiten.
Er legte Register an. Geografisch nach Stadtteilen. Ethnisch nach Volkszugehörigkeiten. Hierarchisch nach Kasten und gesellschaftlichen Klassen. Ökonomisch nach Kaufkraft und vorherrschenden Industrien. Religiös nach Glaubensgemeinschaften. Linguistisch nach den zahllosen Sprachen und Dialekten, von denen Zhids Gassen widerhallten. Polizeilich nach der Rate der Verbrechen und ihrer Aufklärung. All diese Karten deckten sich teilweise, unterschieden sich aber auch in zahlreichen Details voneinander.
Cejla half ihm, die Informationen zusammenzutragen. Mit akademischer Beflissenheit durchsuchte sie ihre Datenbanken. Das Prickeln in seinem Handgelenk, das neue Funde anzeigte, ließ überhaupt nicht mehr nach. Nach einer Stunde hatten sie mehr Wissen zusammengetragen, als das ethnografische Institut der Universität von Rangkor-Stadt in Monaten der Recherche hätte bereitstellen können.
»Und was machen wir nun damit?« Zum ersten Mal, seit er sie kennengelernt hatte, wirkte Cejla nicht nur erschöpft, sondern beinahe ein wenig ratlos.
»Das ist nur ein Schema«, sagte Straner. »In den offiziellen Quellen werden wir so oder so nichts finden. Wir müssen auf die Straße, in die Hinterhöfe, in die Kellerkneipen.«
»Wir?«
»Ich werde das natürlich machen. Du hilfst mir dann, die Informationen zu sichten und einzuordnen.«
Sie nickte nur. Jetzt war sie ganz die Streberin, die abends, nachdem sie ihre Geschwister ins Bett gebracht hatte, an ihrem Pult gesessen und Nachschlagewerke durchgearbeitet hatte.
Straner dachte nach. »Vielleicht sollten wir doch beim Stadtarchiv anfangen?«
»Ist gleich gegenüber.« Sie sah von den Symbolen auf, die sie virtuos hin und her geschoben hatte.
»Besorgst du mir eine Genehmigung?«
»Ist schon da.«
Ein Prickeln, hart wie ein elektrischer Schlag, erwischte ihn am Handgelenk. Er las die Öffnungszeiten ab.
»In den offiziellen Quellen werden wir nichts finden«, äffte Cejla.
Straner erhob sich. »Manchmal ist es aufschlussreich, warum und auf welche Weise man nichts findet.«
Es war hoher Vormittag. Die Plaza zu überqueren, kam einer Tortur gleich. Die eiserne Sonne hämmerte auf die Gebäude ein und meißelte ihre
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