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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Lippen so etwas wie das Echo eines Kusses, den er sich vielleicht nur ausgemalt hatte.
    »Ich muss dann gehen.«
    Jetzt sah er, dass sie aufstand und den Sari glattstrich. Die Bewegung war überflüssig. Das Gewebe straffte sich von selbst. Deshalb fiel es ihm auf.
    Als er allein zurückblieb, nahm das Gespräch in ihm Gestalt an, wie wenn ein Rasen nach einem warmen Sommerregen sprießt. Sie hatten sich nicht unterhalten. Nicht ausdrücklich. Als ihr Geist sich dem seinen aufschaltete wie eine computergenerierte Entität einer unterlegenen, war es in Sekundenbruchteilen zum Abgleich der entscheidenden Informationen gekommen. Datenpakete waren übermittelt worden, die in symbolischer Dichte ungeheure Massen an Empfindungen, Bildern, Gerüchen, Erinnerungen und Gefühlen enthielten. Er hatte ihr ganzes bisheriges Leben geschaut, in der komprimierten, fraglosen Form, in der einem das eigene Dasein und seine Geschichte immer gegenwärtig ist. Auf einer anderen Ebene hatten sie geplaudert, auch wenn diese Unterhaltung jetzt erst ausgepackt und aufgefaltet werden musste.
    »Ich kann mich dir nicht hingeben. Dazu müsstest du mich heiraten.«
    »Ich will dich nicht heiraten.« Er hatte das nicht gesagt. Seine Gedanken, die Gedanken unter seinen Gedanken, hatten es bereitwillig zugegeben. »Ich will nur eine Nacht mit dir verbringen.«
    »Das ist nicht möglich.«
    »Du bist frei.«
    »Es geht nicht. Selbst wenn ich es wollte.«
    »Du kannst dich von deinem Volk und von deiner Familie lossagen.«
    »Die Töchter der Serafidin sind keine Huren.«
    »Das ist schade.«
    »Ich muss dann gehen.«
    Den letzten Satz hatte sie laut gesprochen, während ihre Hand die virtuelle Verriegelung der Tür beiseitewischte.
    Ihm schwindelte. Das Gefühl der Schwerelosigkeit wurde unangenehm. Er regelte die Nullgravitation der Matratze herunter, bis er einen Teil seines Körpergewichtes wiedererlangte. Was für eine Wohltat die Schwere des eigenen Leibes war! Es schien ihm, dass er immer noch schwerer wurde. Schwerer, als er physisch je gewesen sein konnte. Bleischwer, zentnerschwer, tonnenschwer. Sein Körper grub sich immer tiefer in die Kissen ein, sank in die Matratze, die unter der Masse stöhnte und zerbarst. Er sackte durch das Gebäude nach unten, Stockwerk für Stockwerk, und presste die Formen seines Leibes schließlich dem Felsgrund ein wie ein Siegel einem Tropfen flüssigen Wachses. Cejla zog die Nadel aus dem Scheitel und schüttelte ihr Haar auf. Den Helm warf sie einem ihrer Adjutanten zu, der sich auch um ihr Schiff kümmerte. Dann ging sie hinein und verschwand mit hallenden Schritten im Inneren des Palastes.
      
    Die Infantin gab sich gut gelaunt.
    »Ich habe wenig Zeit. Gleich bin ich mit einer Freundin zum Speedball verabredet!«
    Sie trug einen weißen Dress aus intelligentem Leder. Vermutlich ein azralisches Produkt, wie Straner mit lustloser Routine bemerkte. Eng anliegende Hose und ein auf Figur geschnittenes Trikot. Elegante flache Schuhe. In die Sohlen mussten Magnetträger eingearbeitet sein, die das Körpergewicht kompensierten. Selbst eine sportliche junge Frau konnte nicht so federnde Schritte haben! Ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz gebündelt, der unablässig in Bewegung war, wie bei einem hochgezüchteten Rennpferd, das den Dunst der Rennbahn witterte und nicht mehr stillstehen konnte.
    »Es wird nicht lange dauern.« Straner hatte an dem Konferenztisch Platz genommen, den man ihnen für die Arbeit der Kommission zur Verfügung gestellt hatte. Kundali ließ sich nur widerwillig nieder. Jede Faser ihres Leibes bebte vor Ungeduld.
    »Heute ist nur die konstituierende Sitzung«, verkündete Straner. »Es geht darum, dass wir das Prozedere festlegen.«
    Die Prinzessin hatte nicht zugehört. Sie betrachtete ihre Fingernägel, die pausenlos holografische Spielereien produzierten.
    »Wir werden uns regelmäßig treffen, alle paar Tage. Und uns gegenseitig Bericht erstatten. Cejla hat sich als Protokollführerin angeboten.«
    Kundali starrte ihn an, als sei er nicht ganz bei Trost.
    »Wie sollen wir vorgehen? Was schlägst du vor?«
    Sie schüttelte den Kopf, als habe sie sich verhört. Vielleicht ein kurzzeitiger Verlust des Gleichgewichtsempfindens?
    »Gut.« Straner überging ihr Schweigen, als habe er nichts anderes erwartet. »Ich schlage vor, wir grenzen den Bereich systematisch ein. Ich werde eine Aufstellung machen. Dann arbeiten wir uns vor.«
    »Wovon redest du?« Kundali ließ von ihren Spielerei ab

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