Bran
belauscht. Obwohl es gerade sehr eng war und er in Kauf nehmen musste, dass einige Schmuckhändler von Selinaor ihn unsanft aus dem Weg schoben, blieb er stehen und ließ sie herankommen.
»Lass das.« Straner deutete auf sein Schläfenimplantat. Die scheinbare Berührung hörte auf. »Was diese Leute angeht: Wenn unsere Welten offizielle Handelsbeziehungen hätten, statt das Nötigste über den Schwarzmarkt auszutauschen, könnten sich die meisten eurer Bürger rangkorianische Technik leisten. Die Preise würden sich rasch den Gegebenheiten anpassen.«
Sie wartete, ob er fertig war, und ging dann an ihm vorbei.
»Für die wirklich Bedürftigen könnte der Staat einen Hilfsfond einrichten.«
»Ihr wollt nur euren Ramsch verkaufen.«
»So ist es in der ganzen zivilisierten Welt.«
»Es gibt auch hierzulande Unterstützung.«
»Und was ist mit diesem Mann?« Straner wies auf einen alten Kirgoler, der am Boden hockte und seine verwachsenen Glieder gegen den urinbesudelten Fuß einer Säule stemmte. Er trug eine zerfetzte Uniform und mehrere zerbrochene Orden, die ihn als Veteran der Salzkriege auswiesen.
»Was soll mit ihm sein?« Cejla war der Aufenthalt an diesem Ort sichtlich unangenehm. »Vielleicht hat er seine Abfindung versoffen. Frag ihn halt!«
Straner stand hilflos da und starrte den Mann an. Als der Alte bemerkte, dass er Gegenstand ihres Interesses war, spuckte er durch seine schadhaften Zähne und schickte dem Speichel, der gelb von gekautem Hanf war, einen Schwall saftiger Flüche hinterher.
»Komm jetzt!« Die Serafidin zog ihn weiter.
»Darum geht es ja nicht.«
»Doch, genau darum geht es!« Ihre Schritte stampften das Pflaster, als gelte es, Funken herauszuschlagen.
»Worum?«
»Um eure Arroganz. Ihr meint, ihr müsst uns alles erklären. Wenn ihr den Mund aufmacht, bevormundet ihr einen schon.«
»Wir wollen euch nur helfen.« Der Vorwurf traf Straner nicht besonders hart.
»Wir wollen aber nicht, dass man uns hilft. Nicht unaufgefordert. Nicht so!«
»Ist ja gut.« Er hob die Achseln und beeilte sich, ihrem zornigen Schritt zu folgen, der immer noch energischer wurde.
Einen Block weiter, und sie hatte sich wieder in der Gewalt.
»Es tut mir leid. Aber wir können das einfach nicht mehr hören!«
»Ich habe das jetzt schon verstanden.« Er zwinkerte ihr zu.
»Gut.« Sie atmete tief durch. »Im Übrigen sind wir da.«
Sie standen vor dem monumentalen Kuppelbau des Städtischen Archivs von Zhid City. Ein brackig grünes Portal trug eine wulstige Halbkugel, die auf Säulen wie auf grauen Krallen ruhte. Das Gebäude wirkte wie eine riesige Schildkröte, die sich mürrisch auf das vorgelagerte Rasenstück herabbeugte. Mehrere Plastiken, die kriegerische Szenen darstellten, waren über die Fläche verteilt, die gelb und verbrannt aussah wie nach einem Steppenfeuer. Auch das halb zerschossene Wrack eines schnellen Jägers prangte auf einem Postament aus gleißendem Obsidian.
»Würdet ihr den auch reparieren wollen?« Cejlas Lippen waren noch ein wenig schmaler geworden.
Straner kratzte in seinem hitzetauben Schädel zusammen, was er über die Salzkriege wusste. Es war erschreckend wenig. Koloniale Auseinandersetzungen, in denen Zhid sich zahlreiche Welten des Kirgol-Clusters und darüber hinaus unterworfen hatte. Zwei, drei langweilige Stunden im Geschichtskursus der Akademie, die er schneller vergessen hatte, als sie abgelaufen waren. Doch jetzt stand er vor den Relikten, stieg in einer Mischung aus Mitleid und Ekel über die versehrten Gliedmaßen der Veteranen und konnte nur ahnen, was für Schlachten damals geschlagen worden waren, in einer Raumregion, über die man in Rangkors ewigem Frieden kaum etwas ahnte.
»Ich glaube nicht, dass es dafür noch Ersatzteile gibt.«
Sie schien das gelten zu lassen. Mit schlingernden Schritten nahm sie den Kiesweg in Angriff, der zum Hauptportal führte. Straner registrierte, dass sie die Magnetelemente in ihren Absätzen hochfuhr. Daraufhin wurde ihr Gang wieder deutlich eleganter.
Noch etwas war ihm aufgefallen. »Warum ist eigentlich so viel Verkehr? Als wir vorgestern oder wann das war, um dieselben Stunden draußen waren, war alles menschenleer.«
Sie sah ihn über die Schulter an, als spreche sie mit einem Kind. »Das war ein Feiertag.«
»Aha. Und was für einer?«
»Geburtstag des Khans.«
Ihr Ton gefiel ihm nicht. Natürlich wusste das hierzulande jedes Kind. Er eben nicht!
»Des alten Khans«, setzte sie im Stil einer
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