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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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verpfeifen, so sieht die Sache aus. Glaub ja nicht, dass sie dir dankbar dafür sein werden.
    »Sie hätten nicht herkommen sollen«, sagte er, nachdem sie einige unangenehme Minuten geschwiegen hatten. »Ihnen muss doch klar gewesen sein, dass man Sie hier nicht haben will.«
    Thiel zuckte mit den Schultern. Natürlich hatte er keinen freundlichen Empfang erwartet. Hatte sich auf abweisende Blicke und finsteres Schweigen eingestellt, aber doch gehofft, das werde sich legen, wenn man sich nur lange genug aus dem Weg ging.
    Wie es aussah, hatte er sich gründlich geirrt.
    Von den anderen Illusionen, die er mit sich herumschleppte, ganz zu schweigen.
    Er hob den Kopf und sah Pieplow an.
    »Es war kein Zufall, dass Sie mich gefunden haben, oder?«
    »Nein, kein Zufall.«
    »Sondern?«
    »Es hat jemand angerufen, der wusste, dass Sie da draußen waren.«
    »Wer?«
    »Keine Ahnung. Er hat seinen Namen nicht genannt.«
    »Immerhin«, sagte Thiel. »Wenigstens einer, dem nicht egal ist, ob ich verrecke.«
    »Mit mir sind es dann schon zwei, denen das nicht egal ist«, erwiderte Pieplow. »Wenn vielleicht auch aus anderen Gründen.«
    »Verstehe. Obwohl Sie nicht der erste Bulle wären, der bei so was die Füße stillhält, bis sich die Sache von allein erledigt.«
    »Ich«, sagte Pieplow sehr betont, »ich bin schließlich kein Mörder.« Er stand auf und griff nach seiner Jacke. Es wurde Zeit, dass er hier rauskam.
    »Dann wären wir schon wieder zwei«, sagte Thiel. »Ich nämlich auch nicht.« Sein Blick war so herausfordernd, wie er mit einem nur halb funktionsfähigen Auge sein konnte.
    Irgendetwas ließ ihn glauben, dass von den nächsten Minuten viel abhing.
    Pieplow hielt in der Bewegung inne, mit der er seinen Arm in den Jackenärmel stecken wollte. »Na klar, Sie sind ein Justizopfer, und ich bin Polizeipräsident.«
Er schob die Hand in den Ärmel, zog die Jacke zurecht und machte den Reißverschluss zu.
    »Und wenn’s so wäre?«
    Dann hättest du unschuldig im Knast gesessen und ich wäre immer noch, wer ich bin, dachte Pieplow.
    Von wegen Polizeipräsident.
    »Hören Sie auf, Thiel. Mich interessiert nicht, ob Sie schuldig sind oder nicht. Ich will nur, dass Sie heil von dieser Insel runterkommen. Nicht mehr und nicht weniger.«
    »Das«, sagte Thiel und grinste schief, »unterscheidet Sie schon mal von den anderen.« Er stützte sich auf dem Tisch ab, um aufzustehen.
    »Bleiben Sie sitzen«, sagte Pieplow. »Aus meiner eigenen Wohnung werde ich wohl noch allein rausfinden.«
     
    Es war Viertel vor eins. Marie hatte das Licht an der Treppe brennen lassen. Auf Strumpfsocken schlich Pieplow nach oben und stand eine Weile neben dem Bett. Sie lag auf dem Bauch, das Gesicht seiner Bettseite zugewandt, den Arm ausgestreckt auf der leeren Fläche zwischen seiner Decke und dem Kopfkissen. Unter ihren Lidern wurden die Augen unruhig, als spürte sie seinen Blick. Behutsam strich er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn.
    Er machte sich im Wohnzimmer ein provisorisches Bett und legte, für den Fall der Fälle, das Diensttelefon neben sich auf den Tisch. Dann starrte er, die Hände
unter dem Kopf verschränkt, an die Zimmerdecke und versuchte an gar nichts zu denken. Was erwartungsgemäß gründlich misslang.
    Wer hatte Thiel verprügelt? Das herauszufinden dürfte nicht sonderlich schwer sein. Zum Beispiel, indem man abends im Godewind ein Bier trank und an der Theke ein paar Fäuste in Augenschein nahm. Kampfspurenfeststellung sozusagen. Und dann?
    Verwarnen, zur Vernunft mahnen, etwas in dieser Art. Oder doch besser, wie Thiel es ausdrückte, die Füße stillhalten, bis sich die Sache von selbst erledigte?
    Seine linke Hand war eingeschlafen. Pieplow zog sie unter dem Kopf vor. Er legte den Unterarm auf die Stirn, hinter der seine Gedanken in eine andere Richtung schwammen wie Fische gegen den Strom.
    Unschuldig. Das sagten sie alle. Oder fast alle. Bei der Verhaftung, vor Gericht, nach der Verurteilung. Wenn es danach ging, waren die Knäste voll mit bedauernswerten Justizopfern.
    Obwohl … Ganz auszuschließen war es nicht, dass die Dame mit den verbundenen Augen sich irrte. Dass die Waage sich zur falschen Seite neigte. Dann allerdings war Thiel nicht nur um fünfzehn Jahre seines Lebens gebracht worden. Wie es aussah, sollte ihm ein neues auch nicht gelingen. Zumindest nicht hier.
    Außerdem … Falls Thiel nicht der Mörder gewesen sein sollte, wer dann?
    Hatte es überhaupt jemals Zweifel an seiner

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