Brandfährte (German Edition)
hatte Steenhoff geschmunzelt. «Du schuldest mir übrigens noch ein Bier.»
Frehls sah erstaunt auf.
«Ich hatte mir gerade ein Beck’s bestellt, als du mit den Jungs an der Schlachte ankamst und mich verhaftet hast.»
«Wenn wir den Fall hier lösen, dann gebe ich für alle ein Bier an der Schlachte aus», versprach Frehls. Steenhoff klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. «Die zweite Runde geht dann auf mich.»
Rüttger ließ alle Gardinen aufgezogen. Der hell erleuchtete Bungalow war abends gleich von mehreren Stellen gut einsehbar. In einer Ecke des Wohnzimmers, die die Bewohner durch einen Mauervorsprung vor neugierigen Blicken schützte, saß Navideh und rieb sich müde die Augen.
«Also, ich verstehe nicht, wie du so öffentlich leben kannst», wandte sie sich an Rüttger.
«Meine Frau hat abends auch immer die Vorhänge zugezogen», erklärte Rüttger. Seine Stimme klang belegt. «Wir haben gerne zusammen in der Ecke gesessen, in der du jetzt auch sitzt, und uns bis spät nachts unterhalten.»
Zögernd begann er, von Susanne zu erzählen. Nach wenigen Minuten wollte er abbrechen, aber Navideh sah ihn aufmerksam an, sodass er weitersprach. Es war lange nach Mitternacht, als er seufzend aufhörte und sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel schlug, als wolle er sich selber zur Räson bringen.
«So viel habe ich noch nie jemandem über meine Frau erzählt.»
«Tja, selbst so ein Fall hat sein Gutes», sagte Petersen lächelnd. «Im Büro ist ja auch wenig Zeit für Privates.»
Rüttger zögerte.
Die Frage nach Vanessa lag ihm auf der Zunge, aber intuitiv entschied er sich an diesem Abend dagegen. Was ihr Privatleben betraf, hatte sich Petersen seit Wochen völlig verschlossen. Dennoch spürte Rüttger, dass hinter ihrer gleichbleibenden Freundlichkeit eine nur mühsam beherrschte Traurigkeit lauerte. Er nahm sich vor, das Thema bei der nächsten Gelegenheit anzusprechen. Für diesen Abend aber war es genug. Er zog die Vorhänge zu und schaltete das Funksprechgerät an.
»Okay, wir legen uns jetzt beide aufs Ohr. Passt schön auf, dass wir durchschlafen können.«
»Keine Sorge. Wir haben hier eine Riesenkanne Kaffee von der Hausfrau spendiert bekommen«, hörte er die muntere Stimme eines SEK -Beamten im Haus gegenüber.
Beruhigt ging Rüttger in sein Schlafzimmer. Navideh legte sich in das frühere Zimmer seiner Tochter. Nach einer halben Stunde hörte sie sein Schnarchen, das leise durch die Wände drang. Sie selber fand keinen Schlaf.
Sie musste sich eingestehen, dass es nicht nur die Gedanken an Vanessa waren, die sie quälten.
Ihr ganzer Körper stand unter einer nervösen Spannung.
Ich habe Angst, musste sie sich eingestehen. Sie zog ihre Waffe, die noch im Holster steckte, und legte sie neben sich auf den Nachttisch. Als Petersen die Augen schloss, stand das Zimmer plötzlich in Flammen. Sie machte Licht. Der Spuk war vorbei. Verdammt, besaß Rüttger eigentlich irgendwo einen Feuerlöscher? Vergeblich suchte sie den Bungalow danach ab.
»Ist bei euch alles okay, oder warum habt ihr wieder Licht an?«, hörte sie eine besorgte Stimme aus dem Funkgerät.
»Alles okay. Aber morgen müssen wir unbedingt einen Feuerlöscher im Haus deponieren«, antwortete Petersen.
»Du hast recht. Ich werde mich morgen früh gleich darum kümmern«, versprach der SEK -Beamte.
»Und heute Nacht?«
»Nein, ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass wir ihm zufällig mit dem Ding in der Hand über den Weg laufen«, sagte der Beamte bestimmt.
Petersen wurde sofort hellhörig. »Aber ihr observiert ihn doch und wisst jederzeit, wo er ist!«
»Ganz so dicht können wir nicht an ihn ran. Wir dürfen uns keinen Fehler leisten, sonst ist er alarmiert.«
Navideh nahm sich vor, diesen Punkt gleich am nächsten Morgen mit Tewes zu besprechen. Sie hatte nicht gezögert, sich zur Verfügung zu stellen, als das Kommissariat eine Lebensgefährtin für Rüttger als Köder für Richard Mohle suchte. Aber wie selbstverständlich war sie davon ausgegangen, dass der Mann unter ständiger Kontrolle stand.
Die Nacht blieb ruhig. Auch am nächsten Tag ließ Mohle sich nicht im Stadtteil Horn blicken. Stattdessen erfuhr Petersen von Steenhoff, dass Mohle seine Arbeit wiederaufgenommen hatte.
Bei einigen Mitarbeitern der Sonderkommission breiteten sich Zweifel aus, ob sie auf die richtige Taktik gesetzt hatten.
Doch Tewes hielt an der Entscheidung fest. Auch Steenhoff hatte seinen Kollegen Mut
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