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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Aber für ihn war sie die Antwort auf alles Suchen und Warten. Und jetzt war sie tot.
    Er strich sich eine imaginäre Haarsträhne aus der Stirn. Eigentlich war alles so, wie es sein sollte. Polizei und Feuerwehr gingen von einem Unfall aus. Niemand vermutete, dass Maike Ahlers Opfer eines Verbrechens geworden war. Ihre Leiche war mit Sicherheit verkohlt. Zumindest nahm er das an, denn der Reporter schrieb, dass die Wohnung stark zerstört wurde. Da er in den nächsten Tagen keine weitere Meldung über den Zimmerbrand las, folgerte er daraus, dass es keine neuen Erkenntnisse gab. Vermutlich hatten sie den Fall routinemäßig bearbeitet und längst abgehakt. Auch die anderen Zeitungen, die er aufmerksam las, gingen mit keiner Zeile mehr auf das Feuer ein. Dennoch wachte er manchmal nachts auf. Wie hatte es der Reporter formuliert?
«Nach den bisherigen Ermittlungen …»
Was hatte das zu bedeuten? War sich die Polizei doch nicht sicher? Hatten die Brandermittler Zweifel an ihrer ursprünglichen Einschätzung?
    Er fing an, die Meldungen, die stets unter dem in Klammern gesetzten Kürzel (avo) verfasst waren, genau zu studieren. Der Mann schien überwiegend über Brände, Unfälle und Gerichtsverhandlungen zu schreiben. Bei einer längeren Meldung über eine Messerstecherei im Bahnhofsviertel benutzte er dieselbe Formulierung «nach den bisherigen Ermittlungen der Polizei». Auch in einer Notiz über einen Verkehrsunfall im Ostertor fand er den Satz wieder. Bei zwei Raubüberfällen und einem Sexualdelikt in Gröpelingen suchte er vergeblich nach der Formulierung. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Schließlich entschloss er sich, beim
Weser Kurier
anzurufen.
     
    Die Sekretärin der Lokalredaktion wirkte irritiert, als er nach dem Namen und der Durchwahlnummer des Redakteurs fragte, der unter dem Kürzel (avo) veröffentlichte. Dann musste sie plötzlich lachen. «Das ist kein Mann, sondern eine Frau», klärte sie ihn auf. «Die Kollegin heißt Andrea Voss. Sie ist unsere Polizeiredakteurin.»
    Sie gab ihm ihre Durchwahlnummer. Er probierte es mehrmals, bis die Redakteurin endlich an ihrem Platz war.
    «Andrea Voss.»
    Die Stimme klang hell, aber bestimmt.
    «Guten Tag. Mein Name ist Christian Dölver. Spreche ich mit der Redakteurin, die unter dem Kürzel (avo) im
Weser Kurier
veröffentlicht?»
    Er gab seiner Frage einen weichen, freundlichen Ton. Dennoch spürte er, dass die Frau am anderen Ende sofort auf der Hut war. «Ja», antwortete sie mit einer leichten Verzögerung. «Womit kann ich Ihnen helfen?»
    Er hatte sich die Sätze zuvor genau zurechtgelegt und in Gedanken die unterschiedlichen Antworten der Frau durchgespielt. Jetzt kam der Part des Jammerns.
    «Ach, wissen Sie, hier war doch das schreckliche Feuer in der Nachbarschaft. Sie haben am Montag darüber berichtet. Es ist …» Er brach ab und rang nach Worten. Andrea Voss schwieg.
    Seine Stimme klang brüchig. «Es ist, es war … die junge Frau, die an dem Morgen in der Wohnung verbrannt ist, war eine gute Bekannte von mir …» Er beendete den Satz nicht und wartete.
    «Das tut mir sehr leid», sagte die Reporterin erwartungsgemäß. Er konnte nicht einschätzen, ob es reine Routine im Umgang mit Angehörigen von Opfern war, oder ob sie tatsächlich so etwas wie Mitgefühl verspürte.
    «Danke. Wissen Sie, ich würde Sie damit nicht belästigen, aber ich frage mich Tag und Nacht, wie das passieren konnte. Frau Ahlers war so eine umsichtige, nette Frau. Wir haben uns in einem Kurs kennengelernt. Wir malen beide gerne und haben zusammen Ausstellungen besucht.»
    Er stockte einen Moment und fuhr dann bedrückt fort: «Ich kann es einfach nicht fassen, wie das passieren konnte.»
    «Sie war Raucherin und ist mit einer Zigarette im Bett eingeschlafen», antwortete Andrea Voss nüchtern. «Solche Missgeschicke passieren leider immer wieder.»
    «Aber ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sie eine Frau war, die im Bett geraucht hat.»
    Wie erwartet nahm die Reporterin den hingeworfenen Brocken sofort auf. Allerdings überraschte ihn ihre Direktheit.
    «Sind Sie nun ein Bekannter oder der Lebensgefährte des Opfers?»
    «Nein.» Er tat entrüstet. «Wo denken Sie hin? Wir waren nur befreundet und teilten die Begeisterung für die alten Worpsweder.» Der letzte Satz war ihm rausgerutscht. Ärger stieg in ihm auf.
    «Nun, in dem Fall können Sie doch auch nicht ausschließen, dass Ihre Bekannte im Bett geraucht hat», sagte Andrea Voss. Sie klang

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