Brandfährte (German Edition)
suchte nach einer bestimmten Stelle.
«Maike Ahlers und ihr Vermieter trafen sich irgendwann im Oktober zufällig im Treppenhaus. Zu dem Zeitpunkt stand die Wohnung im dritten Stock schon länger leer. Der Vermieter wollte eigentlich eine alleinstehende Frau als Mieterin haben. Doch Anfang Oktober hatte sich ein angeblich guter Bekannter von Maike Ahlers bei ihm gemeldet und Interesse an der Wohnung bekundet.» Wieder blätterte Petersen in ihrem Block, um die richtige Stelle zu finden.
«Ach ja. Hier steht’s. Er konnte sich deswegen so gut daran erinnern, weil der Interessent auf die Auskunft, dass die Wohnung bereits so gut wie vergeben sei, sehr ungewöhnlich reagierte.»
Die Kollegen schauten Petersen erwartungsvoll an.
«Der Mann sagte, er sei so verliebt in die Lage des Hauses und in die Wohnung, dass er auch bereit sei, mehr Miete zu zahlen. Er sprach von hundert Euro mehr monatlich.»
«Und da hat der Vermieter nicht zugeschlagen?», wunderte sich Wessel.
«Ja, das hat mich auch erstaunt. Aber der Vermieter erklärte mir, dass er Geschäftsmann sei. Er wisse genau, dass weder die Lage des Hauses noch die Wohnung etwas Besonderes darstellten. Dass jemand dennoch eine stark überhöhte Miete habe zahlen wollen, sei ihm merkwürdig vorgekommen. Er gab also vor, noch mit seiner Frau reden zu wollen, und versprach, den Mann in den darauffolgenden Tagen zurückzurufen. Tatsächlich aber hat er Maike Ahlers auf den Interessenten angesprochen.»
«Und, wie hat sie reagiert?», fragten Berger und Schneider wie aus einem Munde.
«Der Vermieter sagte, sie habe schockiert gewirkt», berichtete Petersen. «Im Laufe des Telefonats hat er sich dann noch einmal korrigiert. Schockiert sei nicht das richtige Wort. Er erinnerte sich, dass sie geradezu in Panik gewesen sei und gesagt habe, wenn dieser Mann einziehe, würde sie ihre Wohnung sofort kündigen.»
«Hat sie gesagt, warum?», wollte Wessel wissen.
Steenhoff bemerkte, dass sich seine Kollegen dieselben Fragen stellten wie er.
«Ja. Sie bezeichnete ihn als Verrückten, der sie seit Monaten auf Schritt und Tritt verfolge und ihr überall auflauere. Sie brachte auch ihre zerstochenen Autoreifen mit ihm in Verbindung.»
«Konnte der Hauseigentümer irgendetwas dazu sagen, ob unser Opfer ihn in dem Gespräch als Exfreund, als einen Patienten aus der Orthopädiepraxis oder einen früheren Bekannten bezeichnet hat?», fragte Steenhoff. Doch Petersen verneinte.
«Der Vermieter erinnerte sich nur daran, dass die ganze Sache Maike Ahlers sehr unangenehm war.»
«Früher haben wir ‹Liebeswahn› zu solch einem Phänomen gesagt. Heute heißt das auf Neudeutsch ‹Stalking›», mischte sich Rüttger das erste Mal ein. Niemand widersprach.
Dann fuhr Petersen fort zu erzählen. Der Hauseigentümer hatte dem Wohnungsinteressenten nach dem Gespräch mit Maike Ahlers sofort abgesagt und war auch hart geblieben, als dieser anbot, noch mehr Miete als besprochen zu zahlen. Als der Mann daraufhin ausfallend wurde, beendete er das Gespräch.
«Und Telefonnummer, Adresse, Name?», fragte Berger. Seine Stimme klang gereizt.
Petersen schüttelte bedauernd den Kopf. «Er hat den Zettel mit der Nummer in den Müll geworfen und kann sich partout nicht an den Namen erinnern.»
«Ein norddeutscher Familienname, ein französisch oder polnisch klingender Name, er muss sich doch an irgendetwas erinnern können», ereiferte sich nun auch Wessel.
Petersen verneinte.
«Er wusste nur noch, dass der Interessent reines Hochdeutsch sprach und angab, in Bremen zu arbeiten.»
«Mist!» Wütend warf Wessel seinen Stift auf den Tisch.
«Wir werden ihn vorladen. Vielleicht fällt ihm noch etwas ein, wenn er hier bei uns sitzt», sagte Steenhoff. «Möglicherweise finden wir ja auch auf der Festplatte von Maike Ahlers’ PC einen Hinweis auf den Typen», fügte er hinzu. «Das Ding ist durch die Hitze in der Wohnung zwar reichlich deformiert, aber ich habe die Kollegen von der Kriminaltechnik gebeten, aus dem Kasten herauszuholen, was geht.»
Anschließend berichteten Wessel und Schneider von der Vernehmung des Arztes.
Der Orthopäde hatte im Gegensatz zu seinen Angestellten ein gutes Verhältnis zu Maike Ahlers. Wie sie hatte auch ihr Chef in früheren Jahren viele Winkel der Erde bereist. Die Wände der Wartezimmer und die Behandlungsräume waren mit gerahmten Landschaftsfotos aus Afrika und Australien dekoriert.
«Als Maike beim Vorstellungsgespräch auf einem der Bilder
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