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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Doppelhaushälfte in Hastedt ausgezogen. Sie behauptete, das Haus sei ihr allein zu groß. Doch Steenhoff vermutete, dass sie keine Kraft und keine Lust mehr hatte, ihre zänkischen Nachbarn aus der anderen Haushälfte zu ertragen. Das Doppelhaus hatte ursprünglich einen gemeinsamen großen Garten, den die Vorbesitzer für den Gemüseanbau nutzten. Während die rechte Hälfte des Hauses von den Eltern bewohnt wurde, waren auf der linken der erwachsene Sohn des Paares und seine junge Familie eingezogen. Nach einigen Jahren erhielt der junge Mann ein Jobangebot in Frankfurt. Nicht nur seine Frau und die zwei Kinder zogen nach, sondern schließlich auch seine Eltern. Die Familie bot das Doppelhaus zum Verkauf an.
    Links zogen Else, ihr Mann Willi und später auch ihr Neffe Frank ein, rechts das kinderlose Ehepaar Horst und Helene Geldmann. Vom ersten Tag an herrschte Unfrieden.
    Else hatte kurz vor ihrem Einzug einen Käsekuchen gebacken, und Willi hatte eine Flasche Korn als Begrüßungstrunk eingesteckt. Dann waren sie eines Sonntagmorgens auf dem Fahrrad von Walle nach Hastedt gefahren, um sich den neuen Nachbarn vorzustellen. Da Geldmanns zu dem Zeitpunkt noch kein Telefon besaßen, hatten Else und Willi ihren Besuch nicht ankündigen können. Doch Else hatte elf Uhr als idealen Zeitpunkt für einen spontanen Besuch angesehen. «Der Gottesdienst ist vorbei, und das Mittagessen wird noch nicht gekocht.»
    Spätestens um zwölf wollten sie wieder gehen, um die Hausfrau nicht in Bedrängnis zu bringen. Doch sie hatten nicht damit gerechnet, dass sie erst gar nicht bei ihren neuen Nachbarn hereingebeten wurden.
    Helene Geldmann war allein zu Hause, als Else auf den Klingelknopf an der Hauswand drückte. Kurz darauf ging die Tür eine Handbreit auf und blieb mit einem leisen Knirschen an einer eisernen Kette hängen. Misstrauisch linste Helene durch den schmalen Ausschnitt.
    «Ja, bitte?», sagte eine hohe Stimme.
    Else hatte die Anekdote von ihrer ersten Begegnung mit den Geldmanns zum großen Vergnügen der Freunde und Verwandten immer wieder auf Familienfesten zum Besten gegeben. Obwohl Steenhoff zu dem Zeitpunkt noch bei seiner Mutter lebte, war er nach einigen Jahren schließlich überzeugt, an dem alles entscheidenden Sonntagmorgen in den 60 er Jahren selbst dabei gewesen zu sein.
    «Wir wollten uns nur mal kurz bei Ihnen vorstellen», setzte Else an jenem Morgen liebenswürdig an. «Das hier ist mein Mann Willi, und ich bin Elisabeth …»
    Weiter kam sie nicht.
    «Wie oft habe ich Ihren Leuten das schon gesagt. Lasst mich endlich mit eurem Mist in Ruhe und bekehrt andere Leute», sagte die Frau mit keifender Stimme. «Ich will von euch Zeugen Jehovas nichts wissen.»
    Bevor Else etwas erwidern konnte, warf die Frau die Haustür geräuschvoll zu und verschwand im Inneren des Hauses.
    Unsicher sah Else ihren Mann an. «Soll ich noch mal klingeln?» Die Entscheidung wurde ihnen von Horst Geldmann abgenommen, der gerade wieder nach Hause kam. Er trug einen blauen Trainingsanzug mit einem weißen Längsstreifen und hatte Turnschuhe an. In der rechten Hand hielt er eine blauweiße Sporttasche aus Kunstleder, in der linken die Autoschlüssel.
    «Was fällt Ihnen ein, Ihre Räder einfach an unseren Zaun zu ketten?», herrschte der Mann sie böse an. Erst jetzt bemerkte Else, dass der Zaun exakt bis zur Mitte des Hauses in einem frischen Giftgrün gestrichen war. Mürrisch untersuchte Horst Geldmann die eisernen Streben, an denen Willi das Zahlenschloss seines Herrenrades befestigt hatte, und wurde prompt fündig.
    «Ich habe den Zaun gerade letzte Woche gestrichen, und jetzt sind schon zwei Kratzer dran», stellte er erbost fest.
    «Wir sind die neuen Nachbarn und wollten uns bei Ihnen vorstellen», unternahm Else einen neuen Versuch.
    Die Nachricht schien Geldmann nicht zu beeindrucken. «Dann stellen Sie doch Ihre Räder bei sich ab», herrschte der Mann sie an.
    «Eigentlich wollten wir mit Ihnen zur Begrüßung einen Korn trinken», meldete sich nun auch Willi gutmütig zu Wort. Abschätzig musterte Geldmann das Paar. «Danke. Aber ich trinke grundsätzlich keinen Alkohol.»
    «Horst, lass dich doch mit denen auf kein Gespräch ein», rief seine Frau aus dem geöffneten Fenster im ersten Stock. Sie glaubte immer noch, Else und Willi wollten ihrem Mann einen Wachtturm samt neuem Glauben aufschwatzen. «Machen Sie endlich, dass Sie verschwinden.» Die hohe Stimme aus dem ersten Stock überschlug sich fast.
    Das war

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