Brandfährte (German Edition)
richten.» Ira schnaubte.
Steenhoffs Einwurf, dass es schließlich sein Vorschlag gewesen war, um dem Nachbarschaftsstreit die Spitze zu nehmen, überhörte Ira und kündigte an, sie werde ihre Freundin Katrin am Wochenende besuchen.
«Bei uns im Garten müssten übrigens auch einige Bäume beschnitten werden. Das kannst du dir dann ja anschließend vornehmen. Bislang hattest du dafür ja keine Zeit», sagte Ira bissig. Den Rest des Abends verbrachten sie in getrennten Zimmern des Hauses. Steenhoff sah ein, dass es ein Fehler gewesen war, seine Hilfe spontan anzubieten. Aber Martina Benke hatte mit ihrem Bandscheibenvorfall und den gehässigen Nachbarn so hilflos gewirkt. Er ging ins Wohnzimmer, um sich bei seiner Frau zu entschuldigen. Doch Ira war schon zu Bett gegangen und hatte das Licht ausgemacht.
Am nächsten Morgen joggte sie bereits, als Steenhoff aufstand, und war auch noch nicht zurück, als er zur Arbeit fahren wollte. Steenhoff hinterließ auf dem Küchentisch einen Zettel für sie und setzte sich bedrückt ins Auto. Er nahm sich vor, bis zum Mittag bei Ira anzurufen.
Die alte Frau in dem Kiosk erwartete ihn schon und hatte drei Zeitungen für ihn bereitgelegt.
«Sie werden überall namentlich erwähnt, Herr Steenhoff», sagte sie lächelnd zur Begrüßung. Er nahm den Packen Papier mit und fuhr ins Präsidium. Noch bevor er sich einen Kaffee kochte, überflog er die drei Artikel. Zufrieden stellte er fest, dass die Journalisten detailliert auf die Fragen der Polizei eingegangen waren. Aber in zwei Beiträgen schimmerte durch, dass die Reporter Maike Ahlers zutrauten, zu Lebzeiten ein Geheimnis gehütet zu haben. Den Autoren war die zurückgezogene Lebensweise der jungen, alleinstehenden Frau suspekt, und sie deuteten sie als Indiz dafür, dass sie möglicherweise etwas vor anderen verstecken wollte. Der Begriff des heimlichen Liebhabers fiel nicht, aber Steenhoff las ihn zwischen den Zeilen.
Er schüttelte verärgert den Kopf. Die Tatsache, dass die Kripo bislang so wenig über die letzten drei Monate des Opfers in Erfahrung bringen konnte, hatte die Phantasie der Reporter offenbar beflügelt. Er fragte sich nicht zum ersten Mal, wie er in einer Pressekonferenz derartig abwegige Interpretationen verhindern könne. Zumindest Andrea Voss hatte sich diesmal streng an die Fakten gehalten, die Fragen der Polizei übersichtlich in einem Extrakasten aufgeführt und auch das Bild von Maike Ahlers veröffentlicht. Er schnitt die Artikel aus und heftete sie für die Akte ab. Dann ging er in die Besprechung.
Berger und Schneider kündigten an, ihren Kollegen am folgenden Tag ihr Dossier über unterschiedliche Stalkingtypen, Opferkonstellationen und Verhalten der Täter an die Hand geben zu können. «Es werden wohl knapp 70 Seiten.»
Steenhoff sah entsetzt hoch. «Ich wollte keine Diplomarbeit, sondern einen Überblick».
«Das ist ein komplexes Thema, Frank», sagte Berger entschuldigend.
«Ja, dasselbe habe ich gestern auch schon gehört», räumte Steenhoff ein und berichtete von seinem Treffen mit der Leiterin der Selbsthilfegruppe. Berger und Schneider hörten gespannt zu und nickten an manchen Stellen. Anscheinend deckten sich ihre Ergebnisse an vielen Stellen mit den Erfahrungen von Petra Melchers.
Steenhoff bat seine Kollegen vom Kriminaldauerdienst, deren Telefonnummer in den Presseaufrufen stets genannt wurde, Zeugen direkt an ihn und Petersen durchzustellen.
Eine halbe Stunde später telefonierten Petersen und er ohne Unterbrechung. Als er einmal hochsah, drehte Petersen den Daumen ihrer Hand nach unten und rollte entnervt mit den Augen. Steenhoff, der sich auf sein eigenes Gespräch konzentrierte, hörte nur, wie sie mehrfach versuchte, das Telefonat höflich zu beenden.
Schließlich sagte Petersen geschäftig: «Entschuldigen Sie bitte, aber die Kollegen bringen hier gerade einen Handtaschendieb herein. Ich muss jetzt leider zur Vernehmung.» Ohne die Antwort abzuwarten, legte sie schnell den Hörer auf.
Steenhoff sah sie fragend an. Dann widmete er sich wieder seiner Gesprächspartnerin. Ein paar Minuten später klingelte es erneut bei Petersen.
Auch Steenhoff suchte inzwischen nach einem passenden Ausstieg aus dem Gespräch. Schon kurz nach der Begrüßung hatte die Anruferin angefangen zu weinen. Dennoch bemühte sie sich, Steenhoff chronologisch in ihre Leidensgeschichte einzuführen. Da die Frau felsenfest überzeugt war, dass ihr Täter auch Maike Ahlers auf dem Gewissen
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