Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
und ich nach Hause kamen, war meine Morgeneuphorie völlig verpufft. Ich brachte den Hund zu Mr. Contreras zurück und wehrte ein zweites Sperrfeuer von Fragen mit Hinweisen auf Arbeitsüberlastung ab. Auf halbem Weg hinauf fiel mir die Wäsche wieder ein, und ich stapfte in den Keller zurück, um sie in den Trockner umzuladen.
Die Waschmaschine war noch beim letzten Schleudergang. Ich stützte die Ellenbogen auf das vibrierende Gehäuse und versuchte, einen Plan für den Tag zu machen. Ich brauchte einen neuen Führerschein. Was eine Bustour bis hinaus nach Elston bedeutete – im Grunde hätte ich schon gestern abend nicht ohne Führerschein fahren dürfen. Danach – ich fragte mich, ob es der Mühe wert war, Elena wegen meiner Verluste zur Rede zu stellen. Wenn sie Bescheid darüber wußte, würde sie es nicht zugeben; beim Gedanken an ihre gezierten Ausflüchte wurde mir sowieso übel. Falls es Cerise gewesen war, die mich bestohlen hatte – sie zu finden, verspürte ich nicht den geringsten Wunsch, selbst wenn ich gewußt hätte, wo ich suchen mußte.
Wenn ich mich mit diesen beiden nicht wieder einlassen wollte, konnte mich nichts davon abhalten, mich meinen zahlenden – und wartenden – Klienten zuzuwenden. Ich wiederholte etliche strenge Befehle an mich, nach oben zu gehen, mich anzuziehen und zum Loop zu fahren, aber irgend etwas hielt mich wie angewurzelt vor der Waschmaschine fest.
Der Rhythmus des Schleudergangs war beruhigend. Mein Kopf entspannte sich, während ich die Schalter anstarrte. Die nagenden Fragen, die von Cerises und Elenas dringenden Bedürfnissen verdrängt worden waren, trieben wieder an die Oberfläche meines Gehirns.
Rosalyn. Warum hatte sie auf Boots’ Party ihre Zeit mit mir vergeudet? Tausend Leute, die sie begrüßen mußte – darunter jede Menge Leute mit jeder Menge Knete. Und da wollte sie ausgerechnet von mir wissen, daß ich auf ihrer Seite stehe?
Ich hätte das gern geglaubt. Aber ich konnte es einfach nicht. Sie wußte, ich hatte für sie gespendet; das hätte als Garantie bei jemandem, der ihr nicht übertrieben nahestand, reichen müssen. Trotz der Lobhudeleien von ihr und Marissa war meine öffentliche Unterstützung nicht besonders nützlich für sie. Ich war schon lange nicht mehr politisch aktiv gewesen. In Finanzkreisen ist mein Name besser bekannt, aber in der County-Politik hat er kein Gewicht. Wenn bekannt wurde, daß ich Roz unterstützte – oder irgendeinen anderen Kandidaten –, mochte das einige Leute, die mich aus meiner Zeit als Pflichtverteidigerin kannten, ebenso dazu bringen, gegen sie zu stimmen.
Nein, es gab nur eine Möglichkeit: Sie dachte, ich wüßte etwas, das ihr schaden könnte. Sie hatte irgendein Geheimnis, und ihr Vetter fürchtete, ich könne darüber Bescheid wissen. Erst nachdem er auf mich gezeigt hatte, war sie zurückgekommen und hatte mich um das Gespräch an der Schaukel gebeten. Sie hatte mit mir sprechen wollen, um das Terrain zu sondieren.
»Spielt keine Rolle, Vic«, sagte ich laut. »Sie hat also ein Geheimnis. Wer hat keins? Es geht dich nichts an.«
Ächzend packte ich die schwere nasse Wäsche aus der Waschmaschine in den Trockner. Ich warf die Tür zu und starrte die Knöpfe düster an. Das Problem war, daß es mich, seit Roz sich mir gegenüber so seltsam benommen hatte, doch etwas anging. Falls sie und Marissa mich zum Sündenbock machen wollten – ich brach den Gedanken mitten im Satz ab und ging zur Treppe. Ich war halb oben, als mir einfiel, daß ich den Trockner nicht eingeschaltet hatte. Ich stapfte noch einmal in den Keller und setzte ihn in Gang.
Ich zog meine neueste Jeans an, damit ich auf die Leute bei der Führerscheinstelle einen respektablen Eindruck machte. Dazu eine rosa Bluse, damit ich auf dem Foto anständig aussah.
Während der langwierigen Busfahrt zur Elston Avenue und während ich wartete, bis die Beamten, die ihrem Arbeitstempo nach kurz vor der Leichenstarre standen, Antragsteller abfertigten, spielte ich mit verschiedenen Methoden, einen Anhaltspunkt für Rosalyns Lage zu finden. Mein erster Gedanke war gewesen, zum Daley Center zu fahren, um herauszufinden, ob sie verklagt wurde. Aber wäre das der Fall, hätten die Zeitungen die Geschichte gebracht – wenn jemand für ein Staatsamt kandidiert, überprüfen auf Sensationen versessene Reporter als erstes, ob etwas gegen den Kandidaten vorliegt.
Ich schrak hoch, als die Reihe an mich kam. Ich füllte die Formulare aus, legte meine
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