Brandung des Herzens
überall sein, sogar hier in Amerika.«
Caleb hob die Augenbrauen und betrachtete wieder die Karte. Er knurrte. »Dein Bruder hat viel Geschick im Kartenzeichnen.« Er runzelte die Stirn. »Aber ein Detail hat er ausgelassen. Wo zum Teufel ist das Basislager?«
»Es ist nicht verzeichnet, soweit ich es sehen kann.« Willow holte tief Luft. »Ich glaube, Matt war so vorsichtig, weil er Gold gefunden hat.«
»Das nehme ich doch an. Irgendein verdammter Idiot findet gewöhnlich welches.«
Willow starrte ihn an, unfähig zu glauben, wie gleichgültig Calebs Stimme klang. »Hast du etwas gegen die Goldsuche?«
Er zuckte die Achseln. »Ich würde lieber Vieh züchten. Wenn die Zeiten hart werden, kann man es immer noch essen. Gold kann man nicht essen.«
»Man kann es benutzen, um Nahrung damit zu kaufen«, gab Willow spitz zurück.
»Sicher. Falls du nicht von hinten abgeknallt wirst von irgendeinem Revolverhelden, der sich ausrechnet, daß es leichter ist, deine Ausbeute an sich zu raffen, statt selbst seinen Claim abzustecken.« Kalte topasfarbene Augen bohrten sich in Willows. »Ich habe genügend Goldsuchercamps gesehen. Sie haben den Gestank der Hölle an sich. Nichts als Gier und Mord und Huren.«
»Matthew ist nicht so. Er ist genauso anständig und rechtschaffen wie du.«
Caleb erwiderte nichts, aber sein Mund preßte sich zu einer schmalen Linie zusammen bei der Vorstellung, mit dem Mann verglichen zu werden, der Rebecca verführt und im Stich gelassen hatte. Er starrte düster auf die Landkarte. An einem Punkt, tief im Herzen der San-Juan-Berge, waren fünf exakt gezeichnete Dreiecke angeordnet, um verschiedene Berggipfel zu markieren. Trotz der Tatsache, daß es in dem Gebiet noch viele andere Gipfel gab, waren keine weiteren Dreiecke zu sehen.
Quer über die Landkarte stand geschrieben: Zünde ein Feuer an, und ich werde kommen. Darunter befand sich eine Zeile in Spanisch. Caleb übersetzte sie in Gedanken. Drei Punkte, zwei Hälften, eine Anhäufung.
Willow trat einen Schritt näher und sah, daß Caleb die Schrift betrachtete.
»Das war noch etwas, woraus ich nicht schlau werden konnte«, sagte sie. »Warum hat Matt die Zeile in Spanisch geschrieben?«
»Kannst du Spanisch?«
»Nein.«
»Vielleicht ist das der Grund«, erwiderte Caleb rundweg.
Er schaute sich wieder die Dreiecke an. Willow folgte seinem nachdenklichen Blick.
»Wo sollen wir denn das Feuer anzünden?« fragte sie nach einer Weile. »Jedes dieser Dreiecke könnte Matts Lager sein.«
»Das eine ist genauso nutzlos wie das andere. Das hier sind Berggipfel, keine Lager. Wir könnten fünf Jahre lang suchen und würden dennoch nichts anderes als wildes Land vorfin-
den.«
»Du brauchst nicht so erfreut zu klingen«, murmelte Willow mißmutig. »Warum willst du Matt nicht finden?«
Caleb schaute sie einen Moment fast böse an, bevor er sprach. »Es ist ein wildes, hartes Land. Laß mich dich zu Wolfe Lonetree zurückbringen. Er wird dich und die Araber beschützen, während ich nach deinem Bruder suche.«
»Wenn ich dich nicht begleite, wirst du niemals auch nur in Matts Nähe kommen. Wenn er nicht gefunden werden will, dann hättest du noch eher die Chance, Mondschein auf Wasser einzufangen, als ihn aufzuspüren.«
Caleb unterdrückte einen Fluch. Genauso war es gewesen, hinter Reno herzujagen - als versuchte man, Mondschein auf Wasser einzufangen.
Aber damals wußte ich auch nicht, wo sich der Hundesohn versteckte. Jetzt weiß ich es.
Willow musterte stirnrunzelnd die Karte. »Ich verstehe nicht, warum Matt nicht bessere Hinweise gegeben hat. Er ist kein nachlässiger Mensch. Er war derjenige, der mir beibrachte, wie man seinen Weg anhand der Sterne findet, wie man die Sternbilder liest und Linien zieht und die Winkel an den Schnittpunkten berechnet.« Sie kaute unschlüssig auf ihrer Unterlippe. »Ich kann mir das nur so vorstellen: Wenn wir auf einem der fünf Gipfel ein Feuer anzünden, wird Matt uns sehen können. Du kennst das Land. Du kannst eine Stelle finden, die weithin sichtbar ist, und dort werden wir ein Feuer entfachen und...«
»...und fünf Minuten später wird jemand unsere törichten Hirne mit Kugeln durchsieben«, unterbrach Caleb sie barsch. “Niemand zündet ein Signalfeuer in diesem Land an, es sei denn, er legt es darauf an, daß sein Skalp angelüftet wird. Dein Bruder weiß das ebenfalls, sonst wäre er schon lange tot.« »Aber warum hat er es dann geschrieben?«
»Es ist eine Falle.«
»Das
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