Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Brandung des Herzens

Titel: Brandung des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
Vom Netzwerk:
eine großartige Idee«, erwiderte er sarkastisch. »Wenn ich jetzt die Kristallkugel einer Wahrsagerin hätte, wüßte ich hundertprozentig, was zu tun ist. Aber die habe ich nun mal nicht, also werde ich ein Stückchen weiter südlich reiten und herausfinden, ob jemand weiß, wie die Pässe zwischen hier und dort beschaffen sind.«
    Caleb wandte sich ab. »Lassen Sie das Feuer ausgehen. Ich habe Ishmael ein Stück weiter voraus in der Schlucht angepflockt und die Stuten ein Stück hinter uns. Falls Sie hören, daß die Pferde durch irgend etwas unruhig werden, schnappen Sie sich das Gewehr und verschwinden Sie ins nächste Gebüsch. Ich werde mich bemerkbar machen, bevor ich ins Lager zurückkomme.«
    »Und woher werde ich wissen, daß Sie es sind?«
    Als Caleb sich wieder zu ihr umwandte, glitt seine rechte Hand zu seiner rückwärtigen Hosentasche und dann zu seinem Mund. Die Bewegung erfolgte mit einer raschen Präzision, die Willow bei einem so großen Mann nicht erwartet hätte. Ein ge-dämpfter, schwermütiger Akkord, so unheimlich wie das Heulen eines Wolfes, erfüllte plötzlich die Nacht. Die kleine Mundharmonika verschwand mit derselben Geschwindigkeit, mit der Caleb sie hervorgeholt hatte.
    Bevor Willow etwas sagen konnte, hatte die undurchdringliche Finsternis Caleb verschluckt. Willow hörte die Hufschläge zweier Pferde in der Schlucht verhallen, dann nur noch Stille.
    Nach ein paar Minuten setzten wieder die normalen Geräusche der Nacht ein - ein leises Rascheln und Trippeln hier und da, untermalt von Grillengezirpe. Das Knistern des Feuers schien plötzlich zu laut, die Flammen viel zu hell. Behutsam zog Willow Zweige aus dem Feuer. Die Flammen wurden kleiner und kleiner und verlöschten schließlich ganz, bis auf winzige glühende Zungen, die über Holzkohle glitten. Bald darauf verlöschten auch sie zu rötlicher Glut in der Asche.
    Willow rollte sich auf der Plane zusammen, die Schrotflinte direkt neben sich, den Kopf gegen den Damensattel gelehnt. Obwohl es ihr widerstrebte, in ihrer Wachsamkeit nachzulassen, schlief sie augenblicklich ein, zu erschöpft, um noch länger gegen die Bedürfnisse ihres Körpers anzukämpfen.

5. Kapitel
    Caleb war äußerst vorsichtig und wachsam, als er sein Pferd kurz vor Morgengrauen durch die sturmgepeitschte Landschaft trieb. Er wußte, in der Nähe befand sich eine Siedlung, und es bestand die Gefahr, auf Männer zu treffen. Daß bei diesem Wetter irgend jemand draußen herumstreifen würde, war zwar relativ unwahrscheinlich, er konnte es sich jedoch nicht leisten, ein Risiko einzugehen. Er hatte nicht die Absicht, den ganzen Weg bis zur nächsten Siedlung zu reiten, aber er mußte Wolfes Haus erreichen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
    Ein Glück, daß Wolfe nicht der gesellige Typ ist, sagte Caleb sich im stillen, während er an einem kleinen Wasserlauf entlangritt, der zu dem Blockhaus führte. Da brauche ich mir wenigstens keine Sorgen zu machen, daß er allzu redselige Gäste haben könnte.
    Im Fenster des Blockhauses schimmerte kein Licht. Am Korral und bei den Nebengebäuden war keine Menschenseele zu sehen.
    »Suchen Sie jemanden?«
    Die Stimme klang kalt und abgehackt und ertönte hinter Calebs Rücken.
    »Hallo, Wolfe«, sagte Caleb. Er wandte sich langsam im Sattel um und hielt seine Hände vor dem Körper, so daß der andere sie im zunehmenden Licht der Morgendämmerung deutlich sehen konnte. »Freundlich wie immer, wie ich sehe.«
    Ein leises Knacken war zu hören, als ein gespannter Gewehrhahn gesichert wurde.
    »Hallo, Cal. Konnte nicht genau erkennen, wer es war - du, Reno oder irgendein anderer Riese von einem weißen Mann.«
    Caleb grinste. »Hätte auch ein Indianer sein können.«
    »Verdammt unwahrscheinlich. Indianer haben mehr Verstand, als in einer Nacht wie dieser spazierenzureiten.« Im Sprechen kam Wolfe aus dem Schutz einer großen Pyramidenpappel hervor. Er bewegte sich mit dem geschmeidigen, lautlosen Schritt eines Mannes, der daran gewöhnt ist, in der Wildnis zu überleben. »Steig ab und bleib ein paar Tage hier, amigo. Deuce könnte eine Ruhepause vertragen, nach seinem Aussehen zu urteilen. Trey ebenfalls.«
    »Ich könnte weiß Gott auch eine gebrauchen. Kann aber trotzdem nicht bleiben.«
    Schweigend musterte Wolfe Caleb mit Augen, so dunkel wie Obsidian. Im hellen Sonnenlicht waren Wolfes Augen indigoblau und verrieten das Erbe seines englischen Vaters. Bei Nacht jedoch sah er ganz wie der Sohn seiner Mutter aus, einer

Weitere Kostenlose Bücher