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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverly Connor
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Haar.
    »Was geht hier eigentlich vor?«, fragte Diane.
    »Juliet hat ein paar wertvolle Meerestierschalen gestohlen. Ich versuche sie gerade zurückzubekommen.« Sie streckte das Kinn vor, was wohl ihre Tatkraft und Entschlossenheit betonen sollte.
    »Was fehlt denn?«, fragte Diane.
    Whitney lehnte sich zurück und schien ihre Selbstsicherheit mehr und mehr zurückzugewinnen. »Ein zwanzig Zentimeter langer
Conus gloriamaris
im Wert von viertausend Dollar und acht
Cypraea aurantium
, von denen jede dreihundert Dollar kostet.« Dabei zählte sie die fehlenden Gegenstände mit den Fingern ab, als ob sie dadurch den Verlust noch betonen wollte. »Und eine Riesenwellhornschnecke im Wert von zweihundertfünfzig Dollar. Alles in allem ein Wert von über sechstausend Dollar.«
    »Haben Sie schon unsere Sicherheitsabteilung informiert?«
    »Nein, ich versuche, alles, was in meinem Verantwortungsbereich passiert, selbst zu regeln«, sagte sie.
    »Haben Sie beobachtet, wie Dr. Price sie an sich genommen hat?«, fragte Diane weiter.
    »Nein, aber sie kommt als Einzige in Frage. Letzte Woche lagen sie noch hier im Sicherheitsgewölbe. Ich habe sie selbst dort gesehen. Sie ist fast immer hier und hat auch Zutritt zu diesem Tresorraum.«
    »Sie haben also versucht, sie einzuschüchtern. Haben Sie nicht gesehen, wie verängstigt sie war?«
    »Klar habe ich das bemerkt. Ich versuchte ja gerade, ihr ein Geständnis zu entlocken. Sie sollten das zu schätzen wissen.«
    »Dies ist kein Verhörzimmer, und Dr. Price ist auch nicht irgendeine Kriminelle, die Sie auf der Straße aufgelesen haben. Sie ist eine Mitarbeiterin dieses Museums, und niemand, der hier arbeitet, darf auf diese Weise bedrängt werden. Ich hoffe, dass das jetzt klar ist.«
    »Mein Führungsstil …«, begann Whitney.
    »Ist so nicht akzeptabel«, unterbrach sie Diane.
    Whitney schaute über die Schulter auf die offene Tür, als ob sie sehen wollte, ob Juliet Price mithörte. Diane sah, dass diese immer noch dort saß, wo sie sie zurückgelassen hatte, und ihre verschränkten Arme vor den Bauch presste. Diane war sich sicher, dass sie jedes einzelne Wort gehört hatte. Offensichtlich hatte sie das Gespräch aber noch nicht beruhigt. Juliet war eine der wenigen Mitarbeiter, mit denen sie noch nicht im Restaurant gegessen hatte – hauptsächlich, weil Juliet immer wieder Gründe gefunden hatte, einer entsprechenden Einladung auszuweichen.
    Diane erinnerte sich noch gut an ihr Einstellungsgespräch. Sie trug damals ein konservatives Tweedkostüm und hatte ihre hellblonden Haare hinten hochgesteckt. Das war einer der wenigen Fälle gewesen, wo sie ihr Gesicht gesehen hatte. Ihr strohblondes Haar, ihre helle Haut und ihre himmelblauen Augen machten sie fast zu einer ätherischen Erscheinung, ja, sie wirkte fast wie ein Engel. Wenn sie es darauf anlegen würde, könnte sie sich wohl vor Verehrern kaum retten. Stattdessen machte sie sich normalerweise fast unsichtbar. Meist legte sie es darauf an, immer in Deckung zu bleiben.
    Diane und Kendel hätten sie wegen ihrer extremen Schüchternheit beinahe nicht eingestellt. Am Ende hatten ihre exzellenten Kenntnisse über das maritime Tierleben und speziell über Mollusken den Ausschlag gegeben. Mit ihrem Doktor in Meeresbiologie hätte sie eigentlich die Kuratorlaufbahn einschlagen müssen. Stattdessen zog sie es vor, Muschelschalen zu katalogisieren und Lehrmaterial für Schulen zusammenzustellen, beides Arbeiten, die man ganz allein erledigen konnte. Das Museum hatte also mit ihrer Einstellung ein gutes Geschäft gemacht.
    Bis jetzt hatte es auch nur ein einziges seltsames Ereignis gegeben. Für Juliets ersten Arbeitstag hatte Andie einen Geschenkkorb zusammengestellt, wie sie es für alle neuen Mitarbeiter machte. Andie erstellte dabei jedes Mal regelrechte Kompositionen, deren Thema das Fachgebiet des Museumsneulings war, in Juliets Fall wählte sie Ozeane und Muscheln. Sie hatte also den Korb mit tropischen Früchten, muschelförmigen Schokoladenplätzchen, Austerndosen und farbigen Muschelschalen gefüllt und in dessen Zentrum inmitten von grünem Zelluloidgras und künstlichen Pflanzen, die wie Seetang aussahen, eine Puppe der kleinen Meerjungfrau Arielle aus dem Disney-Film plaziert. Es war ein wunderschöner Korb. Andie hatte ihn kurz vor Juliets Eintreffen auf deren Schreibtisch gestellt. Allerdings erzielte dieses Geschenk nicht die gewünschte Wirkung. Als Juliet es erblickte, schrie sie laut auf und wäre fast

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