Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
und im Sonnenschein zu hungern begannen. »Mag sein«, sang Yaril, »sie holt uns heim, wenn wir für ihre hiesigen Zwecke nicht mehr gebraucht werden.«
    »Nein...« Die Verneinung glich einem gedehnten Seufzer, geprägt von einer Stimmung, die nicht ganz Verzweiflung war; immerhin hatte diese Welt ihre Vorzüge, und das gleiche galt für ihre Gefährtenschaft mit Brann.
    »Sobald alles vorüber ist, könnten wir mit ihr reden«, sang Yaril. »Brann ebenso. Wenn Slya uns heimholt, kann sie Brann zurückverwandeln.«
    »Brann ist für Slya ein Blatt, das sich bräunt und zur Erde sinkt«, sang Jaril, »es wird nicht verachtet, aber es ist ausgeschlossen, daß es jemals in seinen zuvorigen Zustand zurückkehrt. Warum sollte sich Slya, nachdem sie die Bewohner Arth Slyas befreit und Rache geübt hat, derlei Mühe machen? Ich glaube, die Hohen sind in allen Wirklichkeiten gleich, sie benutzen die Niedrigen und lassen sie fallen, benutzen nur und lassen dann fallen, diesen ebenso wie jenen, alles zu Gunsten dessen, was sie als das höhere Wohl bewerten, und damit meinen sie ihr Wohl. Arme Brann.«
    »Wir sind genauso arm dran.«
    »Stimmt.«
    Zwei kleine Lichtflecken, sehr jung für ihresgleichen, so daß noch ein Großteil des langen langwierigen Lernens, dessen ihre Art sich befleißigte, vor ihnen lag, stiegen durch die Dachziegel — als triebe Zorn sie empor — in die Luft hinauf, verwandelten sich in zwei einander ähnliche Eulen und flogen zurück zu Brann, sich darüber im Ungewissen, was sie ihr berichten sollten oder würden, hofften mit jedem Kleinstteilchen ihrer unvorstellbaren Körper, daß sie schlief und von den geringfügigen Freuden träumte, die sie dem Wirrwarr ihres Daseins abzuringen vermochte. Sie wußten nicht, was sie tun sollten, wie die Arth Slyaner befreit werden könnten, ohne daß Leute, die ihre Freunde waren, dadurch Schaden erlitten, was sie Brann antworten sollten, falls sie sie um Rat fragte.
    Sie schwebten durchs offene Fenster in Branns Zimmer, verwandelten sich in ihre Kindsgestalt, schlichen auf Zehenspitzen zum Bett. Brann schlief fest, unter den Lidern bewegten sich die Augäpfel, ein andeutungsweises Lächeln umzuckte die Lippen. Yaril blickte Jaril an; er nickte, und sie zogen sich beide in eine Ecke zurück, sanken dort in die Starre, die bei ihnen die Stelle des Schlafs einnahm.
    Jassi steckte den Kopf zur Tür herein, klopfte an die Wand. Taguiloa schaute von der Glitzerkugel auf, die er gerade putzte.
    »Da ist wer für dich.« Jassi zwinkerte ihm zu. »Ein fieser Bonzenknecht mit Maratulliks Brandzeichen. O Mann, des Kaisers Linke Hand darf er sich nennen. Sieht aus, als hättest du 'ne richtige Glückssträhne.«
    Vorsichtig setzte Taguiloa die Kugel in ihr Samtpolster, stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Die Bonzen wurden, nachdem ihm die Auftrittserlaubnis erteilt worden war, erstaunlich früh aufmerksam; er hatte damit gerechnet, daß etliche Tage verstrichen, ehe die Temueng seine Anwesenheit zur Kenntnis nahmen, falls sie es überhaupt taten. Am Fenster blieb er stehen, blickte hinunter in den Hof, ohne irgend etwas zu sehen. Ich bin nicht vorbereitet ... Er schnippte mit Daumen und Zeigefinger, wandte sich um. »Habe ich auch. Hm-hmmm.« Er lächelte Jassi an. »Sag dem Fiesling, ich hätte zu tun, aber wenn er warten möchte, käme ich gleich runter. Falls er bleibt, reich ihm 'n Becher vom besten Wein, damit er sich nicht allzusehr ärgert.«
    »Damit könntest du gehörig auf die Nase fallen, Taga.« Unsicher musterte Jassi ihn, allerdings mit mehr Achtung als vorher. »Bist du deiner Sache so sicher?«
    »Jassi, Liebling meines Herzens und anderer Körperteile, ich bin's nicht, nein, wahrhaftig nicht, aber wenn du einen Temueng jedesmal kratzt, sobald's ihn juckt, werden von deinen Fingern bald bloß noch Stümpfe übrig sein. Also geh und erledige, was ich dir aufgetragen habe.« Er rümpfte die Nase. »Sollte er sofort gehen, sag mir Bescheid.«
    Jassi zuckte mit den Schultern und ging.
    Taguiloa klammerte die Hände ums Fenstersims, verkniff die Augen, holte tief Luft. Jetzt stand er vor dem Erfolg oder dem Scheitern. Er besaß so gut wie Jassi darüber Klarheit, daß er viel wagte. Wenn der Sklave sofort umkehrte, war die Aussicht gering, daß er — oder jemand seines Schlages — sich noch einmal einfand. Ein Wagnis. Taguiloa berührte seine linke Schulter. Tungjii, du hast es in der Hand, hab auf uns ein Auge.
    Er stieß sich vom Fensterbrett ab,

Weitere Kostenlose Bücher