Brann 02 - Blaue Magie
mitschwänge.
»Pa oora delthi na hes heylio po lin lego iman phro nyma men ne ne moi galanas Tre Tre Trago men.«
Während er das sang, bewegte er die Hände in seltsamen angsteinflößenden Gebärden; irgend etwas an diesen Gesten erschreckte Kori, erweckte jedoch gleichermaßen ihr stärkstes Interesse. Sie spürte, wie die Zauberkraft Settsimaksimins sie durchströmte, und sie merkte, daß sie davon in einen Bann gezogen wurde. Sie schwelgte geradezu in den Eindrücken der Magie (doch sobald ihr letzteres auffiel, hatte sie ein schlechtes Gewissen und schämte sich) — sie ähnelten dem Erlebnis, sich bei einem Gewitter im Freien aufzuhalten, wenn Windstöße an ihren Haaren und der Kleidung zerrten, Donner bis in ihr Blut rollte, Blitze vor ihren Augen den Himmel spalteten.
Sie keuchte und sprang auf, wagte aber nicht, die im Fußboden gezogenen Begrenzungen zu überschreiten. In dem anderen kleinen Pentakel war auf einmal Tre, er lag zusammengekrümmt auf der Seite, schlief offenbar fest, eine Faust an den Mund gedrückt. »Was hast du mit ihm vor?« schrie sie. »Was willst du tun?«
Settsimaksimin seufzte, der Talisman, der sich mit dem Heben und Senken seines Brustkorbs hob und senkte, glitzerte. »Ich habe dafür gesorgt, daß sein Gott ihn nicht erreichen kann«, sagte er; der Nachhall seines Beschwörungsgesangs verlieh seinen schlichten Worten halb den Klang eines Singsangs. »Würde ich ihn töten, Kind, nähme einfach ein anderer seinen Platz ein, und danach wieder und immer wieder ein anderer, und ich müßte jeden von ihnen umbringen. Was also wäre der Sinn? Er wird nur schlafen, schlafen, schlafen ...« Er wandte Kori den Kopf zu und lächelte sie an. »... bis du kommst, kleine Kori, bis du kommst und deine Berührung ihn weckt, nur du allein bist dazu imstande.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Warte. Sieh zu.« Er straffte sich, schloß kurz die Augen, um seine Geisteskräfte von neuem voll auf seine magische Tätigkeit zu richten, und fing dann an, eine neue Beschwörung zu singen. »Me le o i deth o i me le ous e tha na tous hir ron to ron do me pe loomay loomay domatone ido on tes hay day thone.« Diesmal vollführte er mit den Händen zunächst Bewegungen, als ob er etwas einwickelte. Rund um Tres Körper entstand ein Schimmern, verfestigte sich zu einem halb durchsichtigen Kristall; der Kristall hüllte Tre ein wie Bernstein eine Fliege. Anschließend machte Settsimaksimin andere Gesten, sehr schwungvolle, verschlungene Gebärden, und zum Schluß schlug er die Hände aneinander, daß es laut klatschte. Der Kristall verschwand mitsamt Tre. »Er ist bei seinem Gott«, sagte Settsimaksimin. »Jedenfalls in gewisser Weise.« Er erhob sich, lehnte sich gegen den seltsamen Stuhl und sah dermaßen müde aus, als müßte er gleich tot umfallen. »Er befindet sich in der Höhle des Angeketteten Gottes. Falls du jemals wieder dort hingelangst, Kori, brauchst du nur den Kristall anzufassen. Er wird zerschmelzen, und der Knabe wird erwachen. Doch niemand außer dir vermag diese Wirkung auszuüben. Niemand, ob Gott oder Mensch. Nur du. Hast du mich verstanden?«
»Nein. Ich meine, ja, ich habe verstanden, was zu tun ist. Aber weshalb hast du das getan?«
Er streckte die Arme hoch über den Kopf empor, reckte sich, stöhnte vor sich hin, während er die Muskeln dehnte. »Als Ansporn, Kori.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Ich will aus all diesem Verhängnis etwas retten. Für mich selbst gibt's keine Rettung. Cheonea? Ich kann nur hoffen, daß die Saat, die ich gesät habe, inzwischen genügend tief Wurzeln geschlagen hat, um zu überdauern, wenn meine Hand sie nicht länger behütet. Du hast meinen Untergang bewirkt, Kori. Wäre ich das Ungeheuer, für das du mich hältst, ich würde dich auf der Stelle töten und deine Seele in die fürchterlichsten Höllen senden, die mir zugänglich sind. Statt dessen ...« Er lachte auf, doch das Lachen bezeugte keinerlei Heiterkeit. »Statt dessen werde ich für deine Ausbildung zahlen.« Er setzte sich erneut in den Stuhl und betätigte an dessen Seite einen Hebel, so daß die Rücklehne nach hinten kippte und die Fußstütze sich nach vorn schob; danach saß er noch immer ziemlich aufrecht, doch nicht mehr in so erhabener Haltung wie zuvor.
Noch einmal dröhnte seine Stimme, sang er eine Beschwörung; seine Stimme schallte laut, klang wundervoll lebendig, man bemerkte in ihren Tönen nichts von der Erschöpfung, die ihm vorhin anzusehen
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