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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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steckte ihn wieder in eine Tasche, sah zu, wie der Bettler den Inhalt des Topfs in einen Geldbeutel leerte, den er bestens versteckt unter der um seinen mageren Leib gewickelten Sammlung von Lumpen trug. »Ich bin neu in der Stadt.«
    »Is mir klar, hab' dat Art von Flötenspielen noch nie gehört. Willst'n Platz?«
    »Muß man dafür bezahlen, darum kämpfen oder würfeln oder was?«
    Heiser lachte der Bettler. Zunächst gab er keine Antwort, sondern rief einem Matysser, der ihm eine ganze Handvoll Kupfermünzen in den Topf geworfen hatte, einen Segenswunsch zu. »Bezahlen«, sagte er danach, »bezahlen, bei ihm.« Sein Daumen wies ruckartig in die Richtung der Zitadelle, die wie ein riesiges, weißes Verhängnis über die Stadt aufragte. »Er mag kein Blut nich aufm Straßenpflaster.«
    »Hmm. Hab' momentan leere Taschen.«
    »Ein, zwei Leut gibt's, die wo ihren Platz für die halben Einnahmen vermieten.«
    »Dafür ist es heute zu spät. Ich denke schon an Essen und 'n Bett. Braucht hier irgend jemand 'n starken Rücken und geschickte Hände?«
    »Mit dat hat Hirin seit mittags Schluß.«
    Daniel schmatzte mit den Lippen, rümpfte die Nase. »Sieht aus, als hätte ich seit heute mittag kein Glück mehr.« Er überlegte für einige Augenblicke. »Sind hier Pfandleiher? Ich hab' 'n paar Sachen, die könnt' ich versetzen, ohne daß es mich juckt.« Er kratzte sich die Bartstoppeln. »Juckt.«
    »Geh zu Grausha Kuronee im Rakellviertel. Dat is 'ne häßliche olle Hex.« Er lachte auf. »Sag ihr nich, dat ich dat gesagt hab'. Aber sie bescheißt dich nich.« Er hustete und spie in einen ekelhaften kleinen Krug, den er eigens für diesen Zweck aus der Tasche holte; anschließend verstöpselte er ihn wieder und steckte ihn ein. Daniel Akamarino konnte nur mit Mühe verhindern, daß ihm der Mund offenhing. Settsimaksimin hatte das Land mit Gewißheit in festem Griff; aber jetzt begann Daniel zu verstehen, wieso in dieser Stadt solche Sauberkeit herrschte. Und warum Kori so redete, wie sie es tat. »Ich mach' dir 'nen Vorschlag«, sagte der Bettler. »Spiel noch wat. Wir teilen uns die Einnahmen, und ich pfeif dir 'n Bengel her, dat dich zu der ollen Kuronee bringt.«
    »Abgemacht.« Daniel holte nochmals den Recorder heraus, setzte sich zurecht und begann eine der muntersten Melodien zu spielen, die er kannte.
    Daniel Akamarino warf dem Jungen eine von der Handvoll Münzen zu, die er sich verdient hatte, sah ihm kurz nach, während er fortlief, drehte sich dann um und betrachtete die Pfandleihe von außen. Es handelte sich um ein schäbiges, schmales Haus ohne Fenster, die Tür befand sich zurückversetzt im Gemäuer, und an einer Stange überm Eingang baumelte ein uraltes Schild. Bis auf einige wenige vom Sonnenschein gebleichte Farbflecken war der ganze Anstrich von dem verwitterten Rechteck abgeblättert, aber die Darstellung war tief ins Holz geschnitzt worden und ließ sich mit etwas Mühe noch erkennen: Sie zeigte ein Schleppnetz mit drei Fischen darin. Daniel tastete einige seiner Taschen ab, furchte die Stirn und schlenderte erst einmal weiter.
    Nachdem er durch mehrere Straßen gewandert war, kam er zu einer kleinen Grünanlage: dort wimmelte es von Kindern. Er spazierte mitten durch den Trubel, den sie mit ihrem Spielen veranstalteten, und suchte sich abseits eine ruhigere Stelle unter einer jungen Weide. Er streifte die Freizeitweste ab, nahm im Gras Platz und machte sich daran, die Reißverschlußtaschen zu durchsuchen. Die Freizeitweste war aus Leder heverdeescher Nachtechsen gefertigt worden; je länger dieses Material in Gebrauch war, um so besser sah es aus, und zudem galt es für alle, die so eine Weste trugen, als Ehrensache, sie niemals zu reinigen, deswegen hatte Daniel normalerweise kaum einen Anlaß zum Umdrehen der Taschen, außer er suchte etwas, das er dringend brauchte, und mußte alles durchkramen, was sich in ihnen befand — vielfach ohne erkennbaren Grund —, um es zu finden. Er entdeckte jede Menge Fussel und zahlreiche kleine Gegenstände, die keinerlei Tauschwert besaßen und nur das Suchen verlängerten. Er drehte sie zwischen den Fingern hin und her, wie er da im Gras hockte, und lächelte bei den Erinnerungen, die sie weckten. Allzu eindrucksvoll war die Sammlung am Ende nicht, die er aus den Taschen zu Tage förderte, aber zu guter Letzt sah er zwei vielversprechende Möglichkeiten. Die eine bestand aus einer hexagonalen Medaille aus weichem Gold; auf die eine Seite war ein Monster

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