Brann 02 - Blaue Magie
seinem Tempo anpaßte. »Du bist ja vielleicht ein verrücktes Hühnchen.« Böse musterte er sie. »Was treibst du den eigentlich hier so spät?«
»Ich muß mich mit jemandem treffen.« Kori legte das Köpfchen schief und lächelte ihm flüchtig zu. »Nicht mit dir, Daniel. Jemand anderem.«
»Hmm. Konntest du dir keinen besseren Zeitpunkt aussuchen, um dich mit deinem Freund, oder wem auch immer, zu treffen?«
»Ha!« Koris Ausruf war voller Verachtung. »Nichts da! Wenn der Tag kommt, werde ich jemanden im Owlyner Tal heiraten. Hier geht's um jemand anderes. Ich möchte noch nicht darüber sprechen.«
»Alles mächtig geheimnisvoll, wie?«
»Komm mit. Tre sagt, du bist irgendwie in die ganze Sache verwickelt, deswegen bist du hier, sagt er. Deshalb solltest du lieber wissen, was vor sich geht, und warum.«
»Ich sag' dir eins, Kori, ich laß dich sowieso jetzt nirgends allein hingehen. Trotzdem, ich glaube, du solltest in dein Quartier zurückkehren und mit dem Treffen bis morgen warten.«
»Kann ich nicht.«
»Hmm. Tja, dann wollen wir mal.«
Die Spelunke mit dem Namen >Zur Blauen Seejungfer< stand fast am Ende des Hafenkais, ein verschachtelter Bau, der wie eine locker zusammengerollte Schlange auf der Kuppe einer kleinen Erhebung saß. Um diese späte Zeit war das Haus nahezu völlig dunkel, aber über der Tür zur Schwemme brannte noch eine Fackel in ihrem Halter, ein Flecken roten Lichtscheins inmitten des dichten Nebels. Daniel Akamarino senkte eine Hand auf Koris Schulter. »Warte draußen«, flüsterte er ihr zu.
»Nein.« Koris Stimme klang leise, aber sie antwortete mit Nachdruck. »Das wäre zu gefährlich.«
»Bis jetzt hast du dir darum ja wohl keine Sorgen gemacht. Hör zu, in diese Höhle nehme ich dich auf keinen Fall mit hinein.«
»Es sind keine Betrunkenen, die mir Sorge bereiten, es ist er.«
»Ach so.« Daniel überlegte einen Moment lang. »Dreht's sich dabei um Politik?«
»Was?«
»Hmm.« Daniel trat um einen Schritt zurück und musterte Koris Erscheinung. »Was sind das für Klamotten, die du da anhast?«
»Ich konnte doch nicht in den Kleidern weggehen, die ich aus dem Owlyner Tal mitgebracht habe.« Ungehaltenheit machte Koris Tonfall barsch. »Diese Sachen habe ich mir von einem Mädchen in der Tempelherberge geliehen.« Sie grinste kurz. »Allerdings weiß es davon nichts.«
»Mensch, Mensch ...« In Daniels Stimme schwang Unbehagen mit. »Nachdem an dir herumgezerrt worden ist, siehst du aus wie 'ne minderjährige Nutte. Ich weiß nicht, ob's mir gefällt, als alter Bock zu gelten, der auf junges Gemüse scharf ist.« Als sie kicherte, tippte er sie mit dem Zeigefinger auf die Nase. »Jetzt reicht's, Frechdachs. Erklär mir, wie hier die Spielregeln sind. Lassen die Gastwirte Männer Straßenmädchen mit auf ihre Zimmer nehmen?«
»Woher soll ich so was wissen? Ich habe gesehen, daß Männer Mädchen mit hineinnehmen, aber was sie dann drinnen treiben ...« Kori zuckte mit den Schultern.
Im Kamin an der anderen Seite der Stube umlohten ein paar fingerlange Flammenzüngchen träge einen Stapel Reisig; an einem Deckenbalken hingen drei Lampen, die Dochte waren weit herabgebrannt. An mehreren der verstreut aufgestellten Tische saßen Männer und unterhielten sich halblaut; sie blickten auf und gleich wieder fort, während Daniel, sobald sie eingetreten waren, Kori durchs Zwielicht in die düstere Ecke führte. Ein schlampiges Mädchen, kaum älter als Kori, kam zu ihnen, das Gesicht grell bemalt, aber die Schminke war verschmiert oder ausgetrocknet und rissig geworden, und darunter war es müde und abgestumpft. Daniel bestellte zwei Bier, kramte drei Kupfermünzen hervor. Das Mädchen strich sie in eine Tasche seiner dreckigen Schürze und entfernte sich mit schleppenden Schritten.
»So. Und wo steckt nun deine Bekanntschaft?«
»Wahrscheinlich schläft sie schon. Tre sagt, sie ist hier, aber ich bin 'n Tag früher als angekündigt da. Ich dachte mir, ich könnte mich nach ihrem Zimmer erkundigen.« Einige Augenblicke lang überlegte Kori. »Vielleicht ist es klüger, wenn du's tust. Du mußt nach einer Frau mit weißen Haaren und zwei Kindern fragen.«
»Kennst du ihren Namen?«
»Ja, aber ich weiß nicht, ob sie ihren wahren Namen genannt hat.«
»Hmm. Verstehe. Kori ...«
»Nein. Sprich jetzt nicht davon.«
Die Kellnerin schlurfte wieder herüber und brachte zwei Krüge dunklen Biers, die sie auf den Tisch knallte. Daniel suchte noch eine Kupfermünze
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