Brann 02 - Blaue Magie
aber da schwang die Tür einwärts, bevor ihre Fingerknöchel das Holz erneut berühren konnten. In dem schmalen, dunklen Rechteck zwischen Tür und Türpfosten ließ sich ein hellhaariger, zierlich gebauter Junge mit seltsam schimmernden Augen sehen.
»Brann«, sagte Kori leise. Sie griff unter ihr Haar und zog sich einen Riemen über den Kopf, an dem ein Dreieck aus Bronze baumelte; sie zeigte es dem Jungen. »Ich bin's, die um diese Zusammenkunft gebeten hat.«
Die Tür wurde weiter geöffnet. Hinter dem Jungen näherte sich eine dunkle Gestalt. »Tritt ein!« Eine Frauenstimme von tiefem, herzlichem Klang, eine Altstimme.
»Erst zeigt mir die andere Hälfte«, flüsterte Kori.
Ein Auflachen. Eine Hand kam aus der Düsternis zum Vorschein, im Handteller lag ein bronzenes Dreieck. Kori griff danach, untersuchte es, drehte es zwischen den Fingern, fuhr mit dem Daumen über den Rand, verbarg zuletzt beide Metallstücke unter ihrer Bluse. »Würdest du mich bitte einlassen?« wandte sie sich an den Jungen.
Er machte ein unzufriedenes Gesicht. »Und was ist mit ihm?«
»Er hat auch damit zu tun.«
»Jaril, laß sie ein. Ahzurdan ist beunruhigt wegen der Schutzzauber.« Mit einem gedämpften Laut des Ärgers trat der Junge beiseite. Daniel folgte Kori hinein. Ein schlaksiges, blondes Mädchen stellte gerade eine alte Lampe auf ein Regal überm Kopfende eines wackligen, schäbigen Betts. Die Lampe war soeben erst entzündet worden, Rauch quoll aus dem Abzug, ein Streifen von kohlschwarzem Ruß verdunkelte den unteren Teil der Wölbung. Die Fensterläden waren geschlossen, und es roch in dem Zimmer, in dem sich jetzt eine Anzahl von Personen aufhielt, stark nach ranzigem Lampenöl und altem Schweiß. Eine recht große Frau mit kurzem, lockigem, weißem Haar, das nach hinten gekämmt war, damit es ungehindert wachsen konnte, setzte sich aufs Fußende des Betts. Der Junge namens Jaril hockte sich neben ihr auf die verwühlte Steppdecke; das Mädchen, offensichtlich seine Schwester, kauerte sich zu ihm. An der Wand lehnte mit verschränkten Armen ein hochgewachsener Mann in einem langen, schwarzen Gewand, und betrachtete ohne Unterschied jeden mit finsterer Miene. Er erwiderte Daniels Blick. Gegenseitiger Haß stand zwischen ihnen. Daniel Akamarino, der lockere, lässige Mensch, der jedem Streit aus dem Weg ging, starrte den Mann an, hätte ihm am liebsten die Fresse eingetreten, ihn zu gern zu Klump gehauen. Die Frau lächelte. Brann war sie von Kori genannt worden. »Wie ihr seht, ist es hier nicht allzu behaglich. Setzt euch oder bleibt stehen, wie's euch beliebt. Da ist noch ein Stuhl, aber dem linken Hinterbein ist nicht zu trauen, also rate ich zur Vorsicht.« Als Kori Anstalten zum Sprechen machte, hob sie die Hand. »Warte noch einen Augenblick. Ahzurdan, die Wehrzauber.«
Widerwillig wandte Ahzurdan den Blick von Daniel Akamarino und nickte. Seine Hände vollführten offenbar irgendwie festgelegte, sorgfältig einzuhaltende Bewegungen; seine Lippen raunten lautlos rhythmische Worte. »Sie sind erneuert und an ihrem Platz«, sagte er gleich darauf halblaut.
»Irgendwelche Störungen?«
»Feststellen kann ich keine. Doch du weißt, ich kann nicht sicher sein. Wir befinden uns hier in seinem Machtbereich, und er ist stark, Brann, hundertmal stärker, als er's war, solange ich bei ihm weilte.«
»Er hat einen Talisman«, sagte Kori. »Einen Stein, den er um den Hals gehängt trägt.«
Ahzurdan tat einen Schritt auf sie zu. »Welchen? Welchen Talisman?«
»Weiß ich nicht. Haben sie Namen?«
»Ob sie ...« Ahzurdan straffte sich, schloß die Lider. »Ja, Kind, sie haben gewisse Namen, und es wäre sehr, sehr wichtig, den Namen des Talismans zu wissen, den er trägt.«
»Ich werde Tre fragen, ob er ihn herausfinden kann. Mag sein, der Angekettete Gott kann's ihm verraten. Er hat uns schon in dieser und jener Beziehung geholfen, so wie auch mit Daniel, den ihr hier seht; er steht mit dem, was vorgeht, irgendwie im Zusammenhang. Seid ihr wach, weil ihr geahnt habt, daß ich mich einen Tag früher einfinde?«
Brann drehte den Kopf. »Ahzurdan?«
»Es gab ein Anzeichen. Ich hab's erwähnt.« Seine dunkelblauen Augen richteten sich auf Daniel, huschten seitwärts. »Hingegen nichts in bezug auf ihn.« Er sprach leise und gedehnt, als bereitete es ihm Widerwillen, diese Bemerkung zu machen.
»Verstehe. Junge Frau, dein Name ist Kori Pijolß?« Als Kori nickte, wandte sich Brann an Daniel. »Und
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