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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Eindruck verursachte, sich weder ganz im einen zu befinden, noch im anderen. Sie kamen an Läden und Schmieden, kleinen Kapellen und Wartekammern vorbei; wenn sie sich in Wohnbereiche vorwagten, hielt man sie auf, führte sie, nachdem sie erklärten, sie hätten sich verirrt, jedoch lediglich zurück zu den Geschäften und sonstigen öffentlichen Einrichtungen. Die Pyramide hatte ein dermaßen ausgedehntes Innenleben, daß sie während der drei Stunden, in denen sie sich darin umschauten, von allem nur einen geringfügigen Bruchteil sehen konnten. Indem der Tag verging, trübten sich die Lichtverhältnisse in der Sihbaraburj, Schatten breiteten sich aus, die Inhaber der Läden bemühten sich eifriger, Käufern noch einige Münzen zu entlocken, die Amortisdiener brachten in den Großen Anbetungssälen die Zeremonien zum Abschluß.
    Vor einer Räumlichkeit, in der es kaum mehr als Schatten zu geben schien, verharrten Brann und Jaril; aus den gläsernen Gestellen, die an den Wänden vom Fußboden bis unter die Decke reichten, glänzte schwacher Schimmer von Gold, Silber und Edelsteinen.
    Gleich hinterm offenen Türbogen saß ein Amortisdiener an einem Tisch, auf dem man eine Schriftrolle, mehrere Schreibstifte sowie neben seinem Ellbogen ein Tintenfaß sah. Als Brann eintrat, hob er die mit Kajal geschminkten Augen und lächelte gerade so deutlich, daß sich die Zipfel seines dünnen Schnauzbarts ein klein wenig anhoben. »Ja, Khatra?«
    »Darf ich fragen, frommer Diener Amortis', was dies für eine Kammer ist?« Brann vollführte mit der Hand eine kleine Kreisbewegung, deutete auf die Gegenstände auf den Glasgestellen.
    »Darin werden Geschenke aufbewahrt, Khatra. Schöne Geschenke zu Ehren der Göttin, die die Schönheit selbst ist.«
    »Ist's erlaubt, sie sich näher anzusehen?«
    »Freilich, Khatra. Aber es ist kurz vor der Abendstunde, drum wär's klüger, morgen wiederzukommen.« Kaum hatte er das letzte Wort gesprochen, ertönte ein Gong, ein dunkles Dröhnen erklang, das bis in Mark und Bein hallte. Der Amortisdiener stand auf. »Abendstunde, Khatra. Du mußt gehen.«
    Brann neigte den Kopf, wandte sich ab und ging.
     
    4 Ruhelos latschte Jaril in der engen Jurte umher, während Brann die Speisen aus dem Korb packte, die sie drüben auf der großen Insel in dem Langhaus erworben hatte, wo man Nahrungsmittel an die Pilger verkaufte. »Ich kehre noch in dieser Nacht dorthin zurück,«, sagte er plötzlich. »Er muß in einem dieser Geschenk-Ausstellungsräume sein, meinst du nicht auch, Brombeer?«
    »Er muß nicht, Jay, aber wahrscheinlich hast du recht.« Brann zog sich den dreibeinigen Schemel heran und setzte sich, um etwas zu essen. Am liebsten hätte sie Jaril ins Gesicht gesagt, daß er ein Narr sei, wenn er derartig waghalsig vorzugehen gedachte, doch sie wußte, er würde ohnehin nicht auf sie hören, und sie wollte ihn nicht reizen und womöglich dadurch zu noch größerer Unvorsichtigkeit verleiten. »Wie willst du hingelangen?«
    »Auf Flügeln, dann vier Füßen. Ich werde auf der Hut sein, Brombeer. Ich fliege spät los, und wenn ich ihn finde, werde ich ihn nicht anrühren. Einverstanden?«
    »Danke, Jay.«
    »Ich habe nachgedacht...« Jaril hockte sich aufs Strohlager, streckte sich aus, schaute Brann beim Essen zu. »Wir brauchen etwas, um ihn darin zu verstecken, Brombeer. Um ihn vor ihr zu verbergen.«
    »Ist mir klar. Aber ich weiß keine Möglichkeit. Ich befürchte, wir werden uns den Weg nach Waragapur freikämpfen und darauf vertrauen müssen, daß Tak Wackerrcarr sie von seiner Friedensstätte fernhält.«
    »Es mag sein, daß 's sich nicht vermeiden läßt, doch habe ich mir etwas überlegt. Ich kann in meinem stofflichen Leib eine Tasche erzeugen und den Talisman darin von aller Umgebung abschirmen.«
    »Sogar gegen die Göttin?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Das wäre 'ne Hilfe. Wir haben hier sieben Tage Aufenthalt, Jay. Ich bin der Ansicht, wir sollten uns auch weiter wie echte Pilger verhalten und zur gleichen Zeit wie jene abreisen, die mit uns eingetroffen sind. Kannst du noch so lange warten? Falls du das Ding diese Nacht findest, mußt du dich noch sechs Tage lang in Geduld fassen.«
    »Ich bin dazu imstande, sobald ich weiß, wie's weitergeht. Ich hab's dir schon einmal versichert, und 's ist wahr. Die Ungewißheit ist's, die mein Gemüt belastet, Brombeer. Doch ich bin der Meinung, es ist nicht nötig, daß wir uns den Talisman erst in der letzten Nacht vor der Abreise greifen.

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