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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Sollte sie merken, daß er fort ist, wird sie die Abreisenden aufs strengste sieben.«
    »Das gleiche wird sie mit denen tun, die bleiben, dessen darfst du sicher sein.«
    »Tja ...« Jaril wälzte sich auf den Rücken, starrte die Spinnweben unter der Decke der Behausung an. »Tun wir's, bricht das Unheil über uns herein, lassen wir's, kommt's geradeso. Vielleicht sollten wir einfach 'ne Münze werfen und dem alten Tungjii die Entscheidung überlassen. Kopf: Wir holen ihn so bald wie möglich. Zahl: Erst in der letzten Nacht.«
    »Warum nicht? Sofort?«
    »Nein. Warte, bis ich das Ding gefunden habe, Brombeer. Bis ich Bescheid weiß.«
     
    5 Brann kauerte auf dem Strohlager, hatte eine Decke um sich geschlungen, verscheuchte mit einem aus Schilf geflochtenen Wedel Stechmücken aus dem Gesicht und von den Armen; der Wunde Mond war gesunken, aber das Glitzern der Sterne, die hart und hell wie Diamanten am weiten, klaren Nachthimmel über der Einöde standen, erhellte ein wenig die Dunkelheit. Es schauderte Brann, sie zog sich die Decke enger um die Schultern; die Luft hier im Hochmoor war kühl und klamm; an den Stützpfosten und Schilfbündeln der Jurte hingen Dunstschwaden, Nebel wehte durch die Fensterlöcher herein, verflüchtigte sich in der Wärme des Torffeuerchens in der Feuerstelle aus Lehm. Draußen hatten die großen, orangeroten Grashüpfer, die die Moorland-Bewohner Jaspars nannten, schon ihr Gezirpe begonnen, das sie stets vor Sonnenaufgang anstimmten, und ein schläfriger Mashimurgh flötete die ersten Töne seines Morgengesangs. Es ging fast kein Wind; die Ruhe war unheimlich, furchterregend, es schien, als warteten das Moor, der Heilige Felsen und selbst die Luft gemeinsam mit Brann darauf, daß etwas geschah, als ob etwas Schreckliches bevorstünde. Was für ein Verhängnis, dachte Brann, sollte Jay jetzt zurückkehren und gestehen, er hat das Ding nicht gefunden. Ich weiß nicht, wie ich noch eine Nacht des Abwartens durchstehen soll. Slya! Wie es mir zuwider ist, mich so hilflos zu fühlen. Ich müßte dort auf Suche sein, nicht mein Kleiner, mein Zögling. Sie dachte über sich selbst nach, lachte schließlich über sich: Sie war unruhig wegen Jarils Ausbleiben, doch am stärksten verdroß es sie, daß ihre Anwesenheit keine Bedeutung hatte, sie gab für ihn eigentlich nur Ballast ab. Sich damit abzufinden, jemandem eine Last zu sein, fiel ihr weit schwerer, als sie es sich vorgestellt hätte.
    Durch ein Fensterloch kam eine große Ohreule hereingeschwirrt, flatterte mit den Schwingen und ließ sich auf dem Fußboden nieder. Kaum hatten ihre Krallen die Schilfmatte berührt, verwandelte sich die Eule in Jaril. Er warf sich auf das eigene Strohlager und grinste Brann zu.
    »Also?« Brann musterte ihn finsteren Blicks. »Hast du ihn gefunden oder nicht?«
    »Ich habe ihn entdeckt.«
    »Unter den Geschenken?«
    »Nein, in dieser Hinsicht habe ich mich geirrt. Er ist in einer Abstellkammer, so 'ner Art von Kämmerchen, wie man sie benutzt, um beschädigte Sachen oder wertloses Zeug aufzubewahren.«
    »Ein Großer Talisman liegt in einer Rumpelkammer?«
    »Allem Anschein nach ja, Brombeer. Alles ist voller Staub, schadhafter Kram ist dort angesammelt, billiger Plunder, solcher Krempel, wie deine Freunde unter den Seefahrern sie in den Häfen den Huren zu kaufen pflegten. Zudem zusammengerollte Matten, völlig verschlissen, verwetzte Polster, aus denen die Füllung quillt. Und der alte Frosch liegt auf 'm Wandbrett und ist selbst dermaßen verstaubt, daß er aussieht, als wäre er mitten in dem Ramsch regelrecht zu Hause. Vielleicht ist er dort schon seit dem Bau der Sihbaraburj.« Jaril schlug die Beine übereinander, kratzte sich mit dem Daumen wiederholt am Fußknöchel. »Seltsam. Eigentlich hätte ich gar keinen Blick in diese Räumlichkeit getan, aber ein Amortisdiener kam in den Korridor, durch den ich mich schlich, und ich dachte mir, es sei besser, mich nicht erspähen zu lassen. Da war eine Tür, jedoch verschlossen, deshalb durchquerte ich sie in nichtstofflicher Gestalt, und während ich wartete, schaute ich mich ein wenig um. Ich hatte mich in eine Lichtkugel umgewandelt, um keine Fußabdrücke oder andere Spuren für den Fall zu hinterlassen, daß jemand nach dem rechten sah. Wenig fehlte, und ich hätte mich vor Freude zur Sonne aufgebläht, als ich das Ding auf einem Wandbrett erblickte, in 'n Winkel geschoben und — wie erwähnt — völlig mit Staub bedeckt. Aber ich konnte mich

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