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Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck

Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck

Titel: Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Touristen dieses Tages heraufzuholen. Ja, die konnten lachen!
    Mitten in einer Kurve begegnete ich Franz mit seinen Maultieren.
    „Sehe ich richtig! Fängst du jetzt etwa an, in den Bergen zu übernachten, Bernadette? Und wo ist dein Verlobter?“
    „Ach, der liegt ganz oben in den Bergen und filmt Steinböcke.“ „Damals hätte er mit seiner Kamera dabeisein sollen, als wir dich auf Brunos Rücken hinunterverfrachteten“, meinte Franz. „Das wäre eine schöne Aufnahme geworden! Na, mach’s gut, ich muß hinauf!“ Ich ging, in tiefe Gedanken versunken, weiter. Franz hatte mir einen Gedanken eingegeben. Wenn wir den ganzen Unglücksfall von damals rekonstruierten - wir könnten Tony mitnehmen, er könnte meinen Fuß verbinden, und dann müßte Franz Bruno festhalten, während Tony mich hinaufhob - und dann die Bilder von Bruno, wie er die steilsten Hänge hinabtrottete, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel und ich auf Brunos Rücken - wäre nicht das eine gute Einlage in einem Alpenfilm?

Ein Brief aus Frankfurt
    „Ja“, sagte Mutti lächelnd. „Ich habe ehrlich gesagt keine Übung darin, Schwiegersöhnen zu begegnen; ich weiß daher nicht richtig, wie man so etwas macht. Ich glaube, man sagt von Anfang an du, nicht wahr?“
    „Ja, wenn man den Schwiegersohn anerkennt“, antwortete Asbjörn lachend. „Ich möchte hinzufügen, daß alle im Haus sofort du zu mir sagten - ich bin sogar mit Grand’mere per ,tu’!“
    „Damit wäre die Sache erledigt“, sagte meine Mutter.
    „Nun sollte ich dich in die Arme nehmen, Asbjörn, aber du bist mir um ein paar Nummern zu groß!“
    „Wir können es umgekehrt machen“, schlug Asbjörn vor, schlang seine Arme um Mutti und hob sie in die Luft, als wäre sie eine Puppe.
    „Mein Problem ist viel schwieriger“, erklärte er, als er sie wieder auf den Boden gestellt hatte. „Wie in aller Welt soll ich dich nennen? Ich kann doch nicht zu etwas so Kleinem und Zartem Schwiegermutter sagen!“
    „Nenn mich doch Ester“, meinte Mutti.
    „Das tue ich, bis mir was Besseres einfällt!“ Ich stand dabei und lächelte glücklich. Gibt es etwas Schöneres, als wenn zwei Menschen, die man liebt, zusammenkommen und sich verstehen? Und dies war ein voller Erfolg.
    „Nur eins wundert mich, Mutti“, sagte ich, als wir uns bald darauf zum Abendessen an den Tisch setzten, „du schienst nicht die Spur erstaunt, daß ich mich sozusagen Hals über Kopf mit Asbjörn verlobt habe!“
    „Sie war es ja auch nicht!“ schmunzelte Onkel Thomas. „Sie hat nur eine Träne der Rührung weggewischt und dann die denkwürdigen Worte gesprochen: ,Ich wußte doch gleich, daß das so ausgehen würde!’“
    „Hast du denn einen sechsten Sinn, Mutti?“ fragte ich.
    „Nein“, antwortete meine Mutter. „Aber ich habe dein Gesicht gesehen an dem Tag, nachdem du bei Frau Grather gewesen warst und einen Anorak für ihren Neffen genäht hattest.“
    „Mein Gesicht? Na und?“
    „Nichts weiter. Eine Mutter kann in dem Gesicht ihrer Tochter ziemlich viel lesen.“
    „Und was hast du gelesen?“
    „Daß du, kurz gesagt, bis über beide Ohren verliebt warst. Und dein Gesicht hat sich seitdem nicht sehr verändert“, fügte sie hinzu.
    Im Chalet Cosima ging es nun noch lebhafter und lustiger zu als jemals zuvor. Da saßen wir, eine große, bunt zusammengewürfelte Familie aus sieben Mitgliedern, unterhielten uns und amüsierten uns köstlich - und das, obwohl uns nicht eine einzige Sprache gemeinsam war! Alle konnten zwar mit allen reden, nur nicht gleichzeitig! Mutti redete norwegisch nach rechts und italienisch nach links, Asbjörn wechselte zwischen Norwegisch, Deutsch und Französisch hin und her - kurz gesagt, es ging bei uns sehr lebhaft und munter zu. Daß Asbjörn in der allgemeinen Begeisterung auf norwegisch sagte „Grand’mere, es schmeckt märchenhaft“, das machte schon gar nichts mehr aus, denn diese Worte hätte sie verstanden, und hätte er sie auf eskimoisch gesagt.
    „Erzählt mir jetzt nur noch eins, ihr beiden“, fragte Mutti, als wir beim Kaffee saßen. „Wann habt ihr eigentlich vor zu heiraten?“
    „So bald wie möglich, wenn du mir die Erlaubnis dazu gibst“, antwortete ich.
    „Erlaubnis?“ wiederholte Mutti und sah wie ein lebendiges Fragezeichen aus.
    „Seit wann hast du eigentlich damit angefangen, mich um Erlaubnis zu fragen?“
    „Heute“, sagte ich. „Ich bin doch nicht volljährig.“
    „Du bist noch nicht volljährig!“ lachte Mutti.

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