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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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ganze Zeit beansprucht. Es war jetzt drei Wochen her, daß er in der Stadt gewesen war. Wann er wohl wiederkam?
    Eines Nachmittags fuhr ich nach Grünerlökken hinaus. Nach einigem Suchen und Fragen fand ich glücklich das Haus wieder, in dem Lisbeth wohnte.
    Georg öffnete. Ich bekam einen Schreck, als ich ihn erblickte. Er sah sehr schlecht aus. Er war noch magerer geworden, und seine Augen lagen noch tiefer in ihren Höhlen und hatten einen fiebrigen Glanz.
    „Ja, was sehe ich….“ sagte Georg. Auf seinen Wangen brannten zwei rote Flecken. „Bitte, Steffi, tritt näher! Aber du mußt entschuldigen – es sieht hier ziemlich unordentlich aus – ich bin in der letzten Zeit nicht recht beieinander gewesen – “
    „Aber, Georg!“ sagte ich. „Deshalb brauchst du dich doch nicht zu entschuldigen! Die Hauptsache ist: wie geht es dir? Bist du bei einem Arzt gewesen?“
    „Was sollte ich bei einem Arzt? Das geht schon wieder vorüber. Ich bin nur… etwas erkältet und frühlingsmüde. Es ist nicht der Rede wert. Komm nur herein, Steffi!“
    Er öffnete die Tür zu einer kleinen Stube. Die Möbel waren abgenützt und armselig. Die Vorhänge bedurften einer Erneuerung. Das Fenster stand offen. Es war glühend heiß draußen, und es atmete sich schwer.
    Georg blickte auf eine Tür.
    „Komm mal herein, Lisbeth. Wir haben Besuch bekommen.“
    Gleich darauf kam sie herein, die kleine Lisbeth. Sie trug wieder die alte Matrosenbluse und hatte statt einer Schürze ein Küchenhandtuch vorgebunden.
    Ihr ganzes Gesicht strahlte, als sie mich sah.
    „Wie schön, Steffi, daß du gekommen bist! Wir glaubten schon fast, du hättest uns vergessen.“
    Was für ein schlechtes Gewissen ich hatte! Es ließ sich nicht leugnen: auf eine Art hatte ich sie tatsächlich vergessen. Gewiß hatte ich mir hin und wieder wegen meiner Treulosigkeit Selbstvorwürfe gemacht, anfangs hatte ich mich auch wirklich nach einem Wiedersehen mit Lisbeth gesehnt; aber nach einiger Zeit hatte ich nur noch leichte Gewissensbisse gespürt, wenn ich an sie dachte.
    Als sie jetzt aber vor mir stand, ihre wundervollen braunen Augen auf mich gerichtet, das Handtuch als Schürze vorgebunden, das süße bleiche Gesicht von dem wirren, halblangen Haar umrahmt – da überkam mich wieder genau das gleiche Gefühl wie an jenem Tage, als ich sie zum ersten Male sah. Ich hätte selber nicht sagen können, was es eigentlich war, aber ich fühlte einen unwiderstehlichen Drang, mich Lisbeths anzuzunehmen, sie zu hegen und zu pflegen, ihr Geschenke zu machen, ihr Freude zu bereiten. Später habe ich begriffen, daß es der ganz normale Mutterinstinkt war, der in jeder Frau schlummert und der nun gewaltsam aus mir hervorbrach.
    Kleine, kleine Lisbeth!
    Ich brachte mein Anliegen vor. Ob Lisbeth mit mir am nächsten Tage einen Ausflug im Auto machen wolle? Ob ich sie den ganzen Tag für mich haben dürfe?
    Lisbeths Augen wurden noch größer.
    „Im Auto fahren – den ganzen Tag – und nur mit dir?“
    „Ja. Nur du und ich.“
    „Und der Chauffeur“, sagte Lisbeth.
    „Nein. Kein Chauffeur“, erklärte ich. „Nur du und ich. Ich fahre selber, weißt du?“
    Lisbeth war sprachlos. Ihre Augen glänzten wie zwei Sterne.
    Plötzlich schien der Glanz gleichsam zu verlöschen.
    „Aber um sechs; muß ich zu Hause sein, Steffi. Vater ist nicht ganz wohl, und ich muß ihm helfen.“
    Georg streckte die Hand aus, als wollte er ihr über das Haar streichen. Aber im letzten Augenblick schien er sich zu besinnen und zog die Hand wieder zurück.
    „Nein, weißt du was, Lisbeth? Ich denke, ich werde morgen im Gasthaus essen. Dann brauchen wir nicht abzuwaschen. Ich gehe nach dem Essen gleich heim und lege mich ins Bett. Wenn du dann nach Hause kommst, erzählst du mir alles, was du erlebt hast. Wird das nicht fein?“
    Nach kurzem Besinnen ging Lisbeth auf diesen Vorschlag ein. Dann begaben wir uns alle drei nach unten, um das Auto zu besichtigen. Ich lud Georg und Lisbeth zu einer kleinen Probefahrt ein.
    Als wir eine halbe Stunde später wieder oben versammelt waren, sagte Lisbeth: „Jetzt muß ich aber schnell abwaschen!“ Damit verschwand sie durch die Tür, die, wie ich richtig vermutete, in die Küche führte.
    „Lisbeth ist so unglaublich tüchtig“, sagte Georg. „Sie besorgt jetzt jeden Tag das Abwaschen ganz allein.“
    Ich betrachtete Georg nachdenklich. Er war ohne Zweifel kränker, als er es eingestehen wollte. Was mochte ihm wohl fehlen? Und konnte er es

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