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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Buchstaben re , den Leo unter Magdalenas Bett gefunden hatte, hatte der Eremit nur einen gleichgültigen Blick. Die Kugel mit den Einkerbungen jedoch zauberte ein Flackern in seine Augen. Als Leo als Letztes den Pergamentstreifen dazulegte, den der tote Sebastiano in der Hand gehalten hatte, war Stefano unter seinem schütteren Bart aschfahl geworden.
    »Hast du etwas davon schon einmal gesehen?«, fragte Leo.
    Abermals Kopfschütteln, doch es kam so zögerlich und unentschlossen, dass die Lüge beinahe mit Händen zu greifen war.
    »Ich lebe hier seit Jahren allein«, murmelte Stefano, »abseits der Welt, wie auch meine frommen Brüder Andrea, der Santa Maria della Foresta hütet, Lorenzo, der Wächter von Poggio Bustone, sowie Sebastiano von Fonte Colombo …«
    »Bruder Sebastiano ist tot«, unterbrach ihn Leo. »Begraben unter einer Steinlawine. Noch im Tod hielt er dieses
Pergament umklammert. Einen Satz konnten wir entziffern, doch der größte Teil scheint leider zu fehlen.« Er begann, so schnell zu sprechen, dass Stella mit der Übersetzung kaum nachkam. » Ich werde ihr die Mutter sein, die ich allen Schwestern bin, und nichts wird ihr fehlen . Was hat das alles zu bedeuten? Kannst du mir weiterhelfen?«
    Stefano schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    »Weißt du etwas darüber, Bruder Stefano?«, drängte Leo, der den Eremiten nicht mehr aus den Augen ließ. »Hast du diesen Satz schon einmal gehört? Dann musst du es mir sagen!«
    Padre Stefano starrte ihn fassungslos an, hob die Achseln, ließ sie wieder fallen. Dann drehte er sich um und wollte eiligst davon.
    Leo bekam ihn gerade noch am Ärmel zu fassen.
    »Sag ihm, Stella, dass ich das Kloster durchsuchen werde! «, sagte er eindringlich. »Jeden einzelnen Winkel. Je williger er mir dabei behilflich ist, desto schneller wird er mich wieder los. Ich spüre, dass er etwas Wichtiges verbirgt. Und ich werde herausbekommen, was es ist – sag ihm das!«
    Stella tat, wie verlangt. Offenbar dachte der Eremit, dass auch Stella bei der Durchsuchung mit dabei sein würde.
    »No, no!« , rief er und spreizte seine Finger in ihre Richtung, sodass sie wie Teufelskrallen aussahen. »Nessuna donna può entrare in questo monastero!«
    In Stella begann es zu kochen, aber es gelang ihr, die aufsteigende Wut nicht zu zeigen. Gerade hatte Leo die Frauen verteidigt. Würde er es ihretwegen noch einmal tun? Leider schien er nicht die Absicht zu haben.
    »Sie wird keinen Fuß über diese Schwelle setzen, wenn du es nicht willst«, sagte er, vermied dabei allerdings, Stella in die Augen zu schauen. »Lass uns anfangen!« Er steckte
seine Schätze zurück in den Beutel und verbarg ihn wieder unter seiner Kutte. »Ich will nicht noch mehr kostbare Zeit vergeuden.«

    Natürlich ließ der Schlaf Leo abermals im Stich, und eigentlich hatte er es auch nicht anders erwartet. Seine schmerzenden Gliedmaßen erinnerten ihn daran, wie oft er auf die Knie gegangen war, um auch die hinterste Ecke zu durchstöbern, wie viele Treppen er genommen, wie eifrig er sich gereckt und gestreckt hatte, um ja nichts zu übersehen.
    Wonach hatte er eigentlich gesucht? Er wusste es selbst nicht. Nur das unablässige Prickeln in seinem Nacken, das mal stärker, mal schwächer geworden war, hatte ihn bestärkt, auf der richtigen Spur zu sein. Allerdings war es ihm zunehmend schwerer gefallen, je weiter er nach innen gelangt war, denn das Kloster Greccio befand sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Überall Schmutz und Tierkot, Spinnweben und Rattenspuren. Die Wände waren im unteren Drittel mit einem widerlichen Belag überzogen, der von zu viel Feuchtigkeit in den Wintermonaten herrühren mochte und jetzt im Sommer hässliche grünliche Giftblasen warf. Die winzigen Zellen, in die Stefano ihn nur widerwillig geführt hatte, rochen nach Verlassenheit und wirkten so heruntergekommen, dass man sich kaum vorstellen konnte, wie sie jemals lebendige Wesen beherbergt haben sollten.
    In der Küche, die so niedrig war, dass Leo kaum aufrecht darin stehen konnte, schien der allgemeine Verfall sich noch zu steigern. Die spärlichen Gefäße starrten vor Dreck, in einem Topf entdeckte er eine dicke Schimmelschicht, sodass er froh war, bislang nur Brot und Käse kredenzt
bekommen zu haben. Der Fund von reichlich Bilsenkrautsamen in einem kleinen Steingefäß, das Padre Sebastiano nicht mehr rechtzeitig verschwinden lassen konnte, verstärkte Leos Unbehagen. Vertrieb der Alte sich das

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