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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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drückte ihre Vorderpfoten abwechselnd in den rauen Stoff und begann dabei so behaglich zu schnurren wie ein hungriges Kätzchen, das an den Zitzen seiner Mutter trinkt. Chiaras welke Hand näherte sich dem seidigen Rücken und begann ihn zärtlich zu streicheln.
    »Ein wenig ist sie unser aller Kind«, sagte Suor Regula
mit einem entschuldigenden Lachen. »Natürlich sind Katzen im Kloster eigentlich nicht vorgesehen. Aber hat nicht Francesco immer wieder bedingungslose Liebe zu allen Kreaturen der Schöpfung gepredigt?«
    Sein Name brachte Leben in Chiaras bleiches Gesicht. Mit einem Mal öffneten sich ihre Lider, und sie stammelte ein paar gebrochene Worte.
    »Ich soll dich zu der Toten bringen«, sagte Suor Regula. »Genauso wie du es gewünscht hast. Doch nicht alle Wünsche gehen in Erfüllung. Und falls doch, dann manchmal ganz anders als gedacht. Das will Madre Chiara dir sagen.«
    Leo war schon an der Tür. Bloß nicht noch länger hier ausharren müssen! Doch draußen wäre er beinahe in drei Nonnen hineingerannt, die offenbar eifrig gelauscht hatten, denn ihre Gesichter glühten vor Verlegenheit, als sie ihn sahen.
    »Suor Beatrice«, hörte er Regula hinter sich murmeln. »Chiaras jüngste Schwester. Suor Amata, unsere jüngste Mitschwester. Und Suor Benedetta, die einmal Madre Chiaras Nachfolgerin werden soll.«
    »Gehen wir!«, sagte Leo und schritt beherzt den Gang entlang. Keine der Nonnen hinderte ihn daran, die Stufen hinunter zum Kellerverlies zu nehmen, vielmehr flatterten sie wie ein kleiner Taubenschwarm wortlos hinter ihm her.
    Doch als er die Tür geöffnet hatte, starrte er ins Nichts: keine Bahre, kein Tuch und erst recht keine Leiche.
    »Wo ist sie?« Seine Stimme zitterte vor unterdrücktem Zorn. »Wohin habt ihr Magdalena gebracht?«
    »Du warst leider zu schnell.« Suor Regula schien jedes einzelne Wort zu genießen. »Sonst hätten wir dir schon gesagt, dass wir sie …«
    » Wo ist sie?«, donnerte Leo. »Rede!«

    »Komm!« Jetzt klang sie beinahe kokett wie ein junges Mädchen, drehte sich abrupt um, und die anderen drei Nonnen folgten ihr auf dem Fuß die Treppe hinauf.
    Im hellen Sonnenlicht blieb sie plötzlich stehen. Um sie herum die steinernen Stationen des Kreuzgangs, in dessen Mitte es grünte und blühte.
    »Wir konnten sie nicht auf dem Friedhof begraben«, sagte Regula schulterzuckend. »Das wirst du sicherlich verstehen. Weil wir doch nicht wussten, wie sie …« Ihre Arme beschrieben einen unfertigen Kreis. Dann tippte ihr nackter Fuß leicht auf frisch aufgeworfenes Erdreich direkt neben einem Brunnen. »Aber sie hat die Blumen und die Vögel doch so sehr geliebt. Hier, bei ihnen, kann sie nun für immer in Frieden ruhen.«
    »Hier habt ihr Magdalena eingescharrt?« Leos Stimme bebte. »Ohne Kreuz? Oder Segnung?«
    Suor Benedetta heftete ihre eisblauen Augen auf ihn und sagte ein paar ruhige Worte.
    »Sie kann deine Aufregung durchaus verstehen«, übersetzte Regula beflissen. »Und doch ist es vor allem unsere Gemeinschaft, die mit diesem herben Verlust fertigwerden muss. Gegen ein schlichtes Holzkreuz wird später wohl nichts sprechen. Es sei denn …« Sie verstummte.
    Was versuchten sie mit aller Macht vor ihm zu verbergen? Leo spürte, wie sein Zorn verpuffte und Resignation Platz machte. Was würde er gegen sie schon ausrichten können? San Damiano erschien ihm mehr denn je als ein geschlossener Kubus. Und er war nichts als ein lästiger Eindringling, der überall gegen Hindernisse prallte. Wenn sie es wirklich darauf anlegten, würde er nichts erfahren – niemals.
    » Ich möchte gehen.« Brüsk wandte er sich zum Ausgang. »Aber ihr werdet von mir hören. Schon sehr bald.«

    Die Graue, wie aus dem Nichts aufgetaucht, strich um seine Beine, als wollte sie ihn versöhnlicher stimmen. Das einzige weibliche Wesen, das sich hier für ihn und seine Belange zu interessieren schien!
    Plötzlich wollte Leo nur noch weg. Er war schon fast an der Pforte angelangt, als er plötzlich ein heiseres Flüstern hörte, das von überall und nirgendwo zu kommen schien: »La Grigia era la bambina di Magdalena. L’unica! Lei sa tutto.«
    Die Graue war Magdalenas Kind. Ihr einziges! Sie weiß alles. Was, beim gütigen Gott, hatte das schon wieder zu bedeuten?
    Ihm war vor lauter innerer Anspannung nicht aufgefallen, dass er auf einmal jedes Wort verstanden hatte.
    »Vai alle carceri. Là troverai la verità« , raunte die unsichtbare Stimme weiter.
    Carceri – was in aller Welt

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