Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
Vom Netzwerk:
anscheinend auch bei ihm der ganze Körper wie lahmgelegt war. Doch sie wollte auf gar keinen Fall angefasst werden und blieb stocksteif stehen. Sie trug einen Schutzanzug um ihre Gefühle. Im Hintergrund sah sie Esther durch den Raum schweben. Sie richtete sich ausschließlich an Frank, als sie mit steriler Krankenschwesterstimme anfing aufzuzählen: »Drei geprellte Rippen und am Oberkörper Verbrennungen zweiten Grades. An einer Stelle sogar dritten Grades, wird eine Narbe geben, ist aber zum Glück in der Nähe der Achsel. Er hat jetzt Morphium bekommen, er schläft.«
    »Muss er hierbleiben?«
    »Ein paar Tage, sie wollen ihn unter Beobachtung behalten, um innere Verletzungen auszuschließen. Außerdem kann eine Infektion auftreten.« Über wen sprechen wir überhaupt? Sie hörte sich selbst, hörte die Krankenschwester, den Arzt, ekelte sich vor all diesen gackernden Mündern. Es ging um ihr Kind. »Er hat Fieber«, bemerkte sie wütend, »und Schmerzen …« Sie wiederholte das Wort, Schmerzen, Schmerzen, Schmerzen. Schnappende Lippen wie ein Fisch. Frank ergriff ihren Arm. »Dagegen hilft das Morphium«, sagte er, »und was willst du jetzt tun?« Freundliche Hände legten sich um ihre nackten Arme. »Wie geht es dir?« Ein starkes Verlangen, sich in seine Arme fallen zu lassen und über den Rücken streichen zu lassen. Sich vom Kraterrand hineingleiten zu lassen. Sie riss sich los und flickte die Löcher in ihrem Schutzanzug. Wischte sich die Tränen aus den Augen. »Ich kann heute Nacht hier schlafen.«
    Er reichte ihr ein Taschentuch, zögernd, mit entschuldigendem Blick, es war blutbefleckt. »Können wir etwas für dich tun?« Sie schüttelte den Kopf und zog die Nase hoch. »Dann schlage ich vor, dass wir hier in der Nähe unser Zelt aufschlagen und morgen früh zurückkommen.«
    Marjorie hob den Kopf. »Wo ist Ada?« Nicht, dass sie das wirklich interessierte, aber dadurch konnte sie etwas Zeit gewinnen. Ada war nach draußen gegangen, um ein bisschen Luft zu schnappen. Es hatte sie sehr mitgenommen, aber sie würde wohl gleich zurückkommen. Dann würden sie zum Lake Rotorua fahren, wo sie die Nacht über bleiben würden. Er strich ihr über die Wange. Wieder das unbezähmbare Verlangen. »Wir sind in der Nähe, und morgen sehen wir uns wieder.« Kriechendes Gas, das lauernd auf sein Opfer wartet. Sie gab ihm sein Taschentuch zurück. »Nein«, sagte sie, »das braucht ihr nicht. Fahrt nur nach Hause …«, die Lüge ging ihr leicht von den Lippen und fühlte sich vertraut an, »… Hans kommt hierher, ich habe gerade mit ihm telefoniert, er hat sich sofort auf den Weg gemacht.«
    Frank sah sie prüfend an. »War er schon zurück vom Angeln?«
    »Ja, der Ausflug war eine Pleite … das Wetter war furchtbar, sie sind nur im Nebel herumgelaufen.«
    Es war ihr egal, dass er ihr nicht glaubte. Mit trägen Bewegungen faltete er das Taschentuch zusammen und steckte es in die Hosentasche, als müsste er nachdenken. »Marjorie«, sagte er, »würde es dir nicht helfen, wenn wir morgen früh wiederkommen?«
    »Nein«, antwortete sie, »mir wäre es lieber, ihr fahrt direkt zurück.«
    Er konnte einen wirklich durchdringend ansehen. Schnell zog sie den Reißverschluss des Schutzanzugs ganz zu. Esther stellte sich zu ihnen. Obwohl es Marjorie gelang, sie keines Blickes zu würdigen, schob sich doch das schmutzige Apfelgrün in ihre Augenwinkel.
    »Aber denkst du nicht …« Er strich zögernd mit der Hand über die Stoppeln auf seinem geschwollenen Kiefer. »Wir sind alle etwas durcheinander … ist es nicht besser, wenn du weißt, dass wir in der Nähe sind?«
    Kriechendes Gas, das in Spalten und Höhlen lauert.
    »Nein.«
    Frank hob kurz die Arme, ließ sie dann aber sogleich wieder sinken, dass sie schlaff an seinem Körper herabhingen – eine Geste, die sie gut von ihm kannte. Seine Augen verdunkelten sich. Doch diskret, wie er war, trat er mit seinen Worten höflich den geforderten Schritt zur Seite.
    Er zog seine Jacke an und reichte Esther ihre. Seine Bewegungen wirkten irgendwie unscharf. Wir alle sind von giftigem Gas angefressen worden, dachte sie. Wir sind hohl geworden, bald treiben wir wie Nebelschwaden auseinander. Vom Wind angetrieben. Ada schwebt bereits dort draußen umher. Gut möglich, dass sie sich im Nebel aufgelöst hat.
    Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss, doch seine Lippen berührten ihre Wange kaum. Einen Schutzanzug kann man nicht küssen.
    »Dürfen wir Bobby noch kurz

Weitere Kostenlose Bücher