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schließlich jeder, dass eine Besiedelung der äußeren Saturnringe mehr Aussicht auf Erfolg hat, als dass je eine Software dem Kauderwelsch der Bürokratie gewachsen sein wird, doch unterm Strich ergibt das meiste durchaus Sinn.
Offenbar hat er authentische Dokumente vor Augen.
Oder zumindest etwas, das so aussieht, denn immer noch besteht die Möglichkeit, dass er einer Riesenfälschung aufsitzt. Andererseits, wozu hätte Silberman einen derartigen Aufwand betreiben sollen? Fast alles spricht dafür, dass er Weinsteins verschollene Downloads verwaltet und verhökert hat, also können sie davon ausgehen, jetzt im Besitz interner Daten des Schin Bet zu sein – was ja erst mal großartig klingt.
Nur dass es Hagens Laune kaum bessert.
Bis jetzt nämlich hat die Sichtung weder Erhellendes noch gar Brisantes zutage gefördert. Eher künden die Dokumente von miefiger Kleinarbeit, ödem Agentenalltag. Höhepunktlos reiht sich Bericht an Bericht, Direktive an Direktive. Selbst wo es um gezielte Tötungen geht, wird man den Eindruck nicht los, als habe das Ganze schon in tausend Zeitungen gestanden, und die Observierungsprotokolle sind schlicht ermüdend.
Alles, was er da liest, scheint ihm besorgniserregend banal.
Vor allem ist es besorgniserregend wenig.
Was hast du denn erwartet?, denkt er.
Einen zweiten Bradley Manning?
Eine Cybergalaxie, sodass man Wochen bräuchte, um das Material zu sichten und auszuwerten? Staatsgeheimnisse en gros, zu sortieren in die Kategorien brisant, äußerst brisant und pures TNT ?
Klar, davon träumen sie im Moment alle. Der ganze investigative Journalismus geht am Stock, aufgeschreckt von einem charismatischen Buhmann namens Julian Assange. Was sollen klassische Berichterstatter ausrichten gegen die alles nivellierende Veröffentlichungswut von Wikileaks und Co.? Digitaler Geheimnisverrat ist in Mode, Assange surft auf einem Ozean aus Daten, anonyme Schleusen sorgen für steten Zufluss. Alleine Manning, dieser unglückliche kleine Soldat Schwejk in seiner irakischen Diaspora, dem angesichts der Konfliktbewältigungspolitik seiner Regierung die Galle hochkam, konnte mühelos das SPIRN et seines Oberkommandos anzapfen und Daten in solchen Mengen runterladen, dass Heerscharen politischer Reporter kaum zu ihrer Ermittlung in der Lage gewesen wären. Darum macht die Branche nun eine mittlere Krise durch, und die emsig wühlenden Frontleute mit ihren überschaubaren Budgets wünschen insgeheim nichts mehr, als dass jemand kommt und ihnen so eine feine CD in die Hand drückt, vollgepackt mit Texten, Fotos und Videos, Top Secret oder besser noch Secret-Noforn , »Nicht an Ausländer weitergeben« – ein Selbstbedienungsladen, aus dem man sich für den nächsten Leitartikel nur das Passende rauspicken muss.
Von solcher Ergiebigkeit sind Silbermans CD s weit entfernt.
Esther Weinstein, so viel ist sicher, war alles andere als Miss Manning.
Hagen klappt den Laptop zu.
Kann ja noch kommen, der große Knüller. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er vielleicht ein Fünftel der Daten gesichtet. Dass zwei CD s voller geheimdienstlicher Informationen ohne jeden Nachrichtenwert sein sollen, ist eigentlich unmöglich.
»Und wenn er längst oben ist?«
Dann müsste er vor uns hier angekommen sein, denkt Hagen. Was er locker hätte schaffen können. Seine Wohnung ist dunkel, aber wer sagt, dass er nicht bei ausgeschalteter Beleuchtung abwartet, bis wir endlich genug haben und abziehen?
»Wir könnten die Tür aufbrechen.«
Björklund sieht ihn an. Seine Augäpfel schimmern im Dunkeln.
» Ganz sicher brechen wir nicht die Tür auf.«
»Wir müssen ja nichts anrühren.«
»Das ist Hausfriedensbruch.«
»Wenn er da ist, soll er die Kohle rausrücken, und falls nicht, haben wir ihm halt das Schloss demoliert. Du lieber Himmel! Sein dämliches Türschloss.«
»Es bleibt Hausfriedensbruch.«
»Und wie nennt man das, was er mit mir gemacht hat?«
Björklund schweigt.
»Glaubst du im Ernst, ich schieße 25 000 Dollar in den Wind, die mir nicht mal gehören? Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Zur Polizei gehen? Ach, wissen Sie, wir wollten da vorhin ein paar geheime Dokumente des Schin Bet einkaufen und in Deutschland publik machen, und jetzt haben wir ein kleines Problem – so in der Art?«
»Du könntest sagen, es war ein Scheinankauf.«
»Und das glauben die mir dann?«
Keine Antwort.
»Aber okay.« Hagen spreizt die Finger. »Ist ja egal, was sie glauben, die werden sich den Typen
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