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nur:
»Träumt weiter.«
Es wurde ein Albtraum. Die wenigsten Siedler befürworteten das Großwildjägergetue, doch der Schock über den Hass, der ihnen seitens der Palästinenser entgegenschlug, saß tief. Für die Kahns bedeutete der Aufstand fast das Ende. Zwei Jahre hatte es gedauert, bis das Amaryllisgeschäft Gewinn abwarf. Sie hatten Arbeiter eingestellt, ihre Schulden beglichen, ein zweites und drittes Treibhaus gebaut, und als die Sache endlich ins Rollen kam, passierte die Sache in Dschabalia –
Und ihre Angestellten blieben zu Hause.
Dabei wären die meisten gern weiterhin gekommen, doch sie wurden zerrieben zwischen der PLO alias Fatah alias PA und der Hamas, die in ihrem Kampf gegen Kollaboration eine geradezu infernalische Besessenheit an den Tag legte. Was darin Ausdruck fand, dass Hamas-Führer zum Streik aufriefen und Ladenbesitzern, die trotzdem öffneten, drohten, ihre Geschäfte abzufackeln und ihnen die Kehlen durchzuschneiden, woraufhin die PLO verkündete, alle Geschäfte abfackeln zu wollen, die schlossen, mit gleichen Nebenwirkungen für ihre Betreiber. Je mehr die Hamas an Einfluss gewann und die Intifada zum Vehikel ihres Machtkampfs degenerierte, desto mehr empfahl es sich, um jeden Israeli einen kilometerweiten Bogen zu machen, also mussten die Kahns sehen, wie sie zurechtkamen. Miriam half nach Kräften, Yael war noch zu klein und von Anastasia keine Unterstützung zu erwarten, sah man davon ab, dass ihr bloßer Anblick genügt hätte, Phoebe zur Axt greifen zu lassen.
Genau zwei Menschen machte sie für Uris Tod verantwortlich.
Erstens Anastasia.
Und zehnmal mehr noch –
Ariel Scharon.
Jahre hatte sie gebraucht, um halbwegs mit dem Verlust leben zu können, und als die dunkelsten Wolken gerade aufbrachen, trieb die Intifada sie und Jehuda fast in den Ruin. Nur dank der beispiellosen Solidarität in Elei Sinai schafften sie es über die Krise hinweg, die Verhältnisse normalisierten sich, die Palästinenser erschienen wieder zur Arbeit. Vielleicht hätten sie spätestens jetzt auf Juden oder asiatische Gastarbeiter umsteigen sollen, doch die Zurückgekehrten hatten in den Wirren des Aufstands mehr verloren als gewonnen, Opfer, die durchweg traurige Geschichten zu erzählen hatten.
Wie hätten die Kahns anders gekonnt, als sie wieder einzustellen?
»Ich hab dir prophezeit, dass dir das Gleiche noch mal blühen kann«, sagt Ilias ungerührt. »Du hättest auf mich hören sollen.«
»Warum bist du überhaupt noch hier?«
Der alte Palästinenser lacht.
»Weil du halt diese dumme, aber gottgefällige Einstellung hast.«
»Gar keine Angst?«
»Vor denen?« Ilias schaut in Richtung Gaza-Stadt und spuckt aus. »Die haben keine Macht über mich.«
Weil er keine Familie hat, mit der sie ihn erpressen können. Ilias wohnt allein. Seine Frau ist gestorben, sein ältester Sohn lebt in Nablus, seine Töchter sind in Ägypten verheiratet.
Seine Familie sind die Kahns.
Als er damals zu ihnen kam, hatte er nichts, und sie halfen ihm auf die Beine. Dafür hielt er ihnen während der Intifada die Treue. Ein Palästinenser, ein Freund. Warum nicht? So wie Schalom Kahn einst mit Tufik as-Azuri befreundet war, dem Tabakhändler aus Tel Aviv. Gemeinsam tranken sie Kaffee im Bistro eines pensionierten englischen Offiziers, drei, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, doch sie fanden Vergnügen aneinander. Über alle Differenzen hinweg einte sie vieles.
Zum Schluss eine Bombe.
»Du glaubst also, es gibt eine neue Intifada?«
»Inschallah.« Ilias spreizt vielsagend die Finger. »Ich hörte, ein paar Hamas-Leute hätten sich mit Barghuti getroffen.«
Marwan Barghuti, neuer Hoffnungsträger der Fatah und enger Vertrauter Arafats. Als erklärter Feind der Korruption zugleich Arafats ärgster Rivale, dessen Geheimdienste eine mafiöse Bereicherungsstruktur aufgebaut haben. Allgemein ist bekannt, dass Barghuti den vollständigen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten und den Abbau sämtlicher Siedlungen fordert.
Weniger klar ist, wie weit er dafür gehen würde.
»Ziemlich weit. Er soll die Hamas ermuntert haben, einen neuen Aufstand zu starten.«
»Versteh ich nicht.«
»Was gibt’s daran nicht zu verstehen?«
»Warum lässt sich die Fatah mit der Hamas ein?«
Als stärkste Fraktion der PLO dominiert die Fatah die PA , die Palästinensische Autonomiebehörde. Arafat selbst hat die Hamas zerschlagen und ihre Führer eingebuchtet, ein Signal an Israel, seht her, wir
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