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unerreichbarer Höhe.
Hier sitzen sie fest.
Yael umrundet eine Pfütze. Ein schwarzer Spiegel, ein geheimes Tor. Hagen stellt sich vor, hineinzutreten und verschluckt zu werden, um in einer anderen Welt wieder zum Vorschein zu kommen. Ein noch dunklerer Nebenraum saugt seinen Blick in sich hinein, Stufen, verschüttet, führen in ungewisse Tiefe. Sie steigen hinab. Es dauert einige Sekunden, bis sich Hagens Augen ans Zwielicht gewöhnt haben. Er sieht eine Grube klaffen, umstanden von Halogenlampen auf Ständern, um die Szenerie zu beleuchten, wenn hier gearbeitet wird.
Geht bis an den Rand.
Drei Meter, schätzt er. Eher mehr. Kisten voller Tonscherben schälen sich aus der Dunkelheit, buddeln hier Archäologen? Als einzige Verbindung zum Grund dient eine Leiter. Ein hölzerner Laufsteg führt über die Grube hinweg zur rückwärtigen Wand.
Und dort –
Ist eine Tür.
Cox sieht zu, wie Perlman auf die Beamten einredet, Gesten der Besänftigung vollführt.
Plötzlich steht sie alleine da.
Niemand, der etwas von ihr will.
Sie dreht sich um und betritt das Gebäude. Eine Flucht, licht und leer. Gerüste, Verstrebungen, metallene Stiegen, die ins Obergeschoss führen. In einer Ecke stapeln sich Zementsäcke. Allenfalls Ratten würden dahinter Platz finden.
Augenscheinlich ist niemand hier.
Vielleicht oben?
Sie zögert.
Ihr Blick fällt auf den Durchbruch zu den hinteren Räumen.
Yael huscht über den Steg. Zerrt an der Tür, roh zusammengehauene Bohlen, prompt jagt sie sich einen Splitter in den Daumen. Oh, Mist, das tut weh. Zu weh, um den Schmerzenslaut zu unterdrücken, der in die tropfnasse Stille entweicht –
(Ruhig. Cool bleiben.)
Schafft es, die Tür aufzustemmen, verräterisch schürfen die Bohlen über den Boden.
Frische Luft strömt herein.
Na also. Eine Passage erstreckt sich da, niedrig, schnurgerade und lang. Weit hinten fällt Tageslicht auf eiserne, ins Mauerwerk getriebene Sprossen. Ein Geheimgang wie aus dem Bilderbuch.
Sie dreht sich zu Hagen um, reckt den Daumen. Sieht ihn kaum. Die Dunkelheit lässt ihn mit dem Keller verschmelzen.
Dafür zeichnet sich die Silhouette auf der Treppe umso klarer ab.
Cox steigt die Stufen hinab.
Die Frau auf der anderen Seite des Raumes starrt wie paralysiert zu ihr herüber. Sie sollte Perlman rufen, stattdessen hebt sie beide Hände, einem spontanen Impuls folgend, die Frau zu beruhigen, und zeigt ihre leeren Handflächen.
»Schon ganz gut«, sagt eine Männerstimme hinter ihr.
Scheiße.
»Höher mit den Händen.«
Gehorcht. Mann, was ist sie doch für eine dämliche Kuh! Plemplem, Shana? Keine Waffe im Anschlag, Raum nicht gesichert – nur blutige Anfänger machen solche Fehler.
»Ich sage das jetzt nur ein einziges Mal, und auch nur, damit Sie hinterher nicht behaupten können, ich hätte sie nicht gewarnt.« Er flüstert, Sätze wie Windstöße. »Wenn Sie hier irgendwas versuchen, werde ich schießen. Ich werde Sie vielleicht nicht er schießen, aber es wird verflucht wehtun, und mindestens werden Sie danach eine Weile nicht gehen können. Nicken Sie, wenn Sie das verstanden haben.«
Cox neigt den Kopf.
»Headset runter. Wegwerfen.«
Sie war schon in besseren Verhandlungslagen, also folgt sie auch dieser Anordnung. Zerrt an dem Kabel, reißt es unter der Motorradmontur heraus und lässt alles zu Boden fallen.
»Waffe rausholen. Fallen lassen.«
Die Beretta schlittert über den Stein.
»Tom Hagen«, sagt sie. »Lernen wir uns endlich mal kennen.«
»Schscht. Sind Sie allein?«
»Draußen –«
»Ich weiß, wer draußen ist.«
»Ja. Ich bin allein.«
»Wie heißen Sie?«
»Shoshana Cox. Agentin des Schin Bet.«
»Ah.« Kurze Pause. »Da lag ich ja gar nicht so verkehrt mit meiner Vermutung. Waren das Ihre Leute, die meinen Freund und mich in Jerusalem überfallen haben?«
»Nein. Wir sind die Guten.«
»Bullshit!« Eine Welle unterdrückten Zorns erreicht sie. »Ihr habt ihn gefoltert und getötet, zwei Mädchen ermordet –«
»Das waren nicht wir.« Wie eine Idiotin steht sie hier, warum bloß hat sie niemanden mitgenommen? »Sie wurden abgehört, Sie blöder Schussel. Wir jagen Sie, stimmt, wir können Sie ja schlecht mit Staatsgeheimnissen rumlaufen lassen, aber ich schwöre, wir haben weder ihrem Freund noch den Mädchen etwas angetan.«
»Wer dann?«
»Die anderen.«
»Welche anderen?«
»Die Sie damit aufgeschreckt haben, Sie hätten Beweise für einen Anschlag auf Scharon.« Fast muss sie lachen.
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